Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 4. Leipzig, 1891.Das Lied der Schwermuth. 1. Als Zarathustra diese Reden sprach, stand er nahe "Oh reine Gerüche um mich, rief er aus, oh selige Sagt mir doch, meine Thiere: diese höheren Menschen -- Und Zarathustra sprach nochmals: "ich liebe euch, 2. Kaum aber hatte Zarathustra seine Höhle verlassen, Das Lied der Schwermuth. 1. Als Zarathustra diese Reden sprach, stand er nahe „Oh reine Gerüche um mich, rief er aus, oh selige Sagt mir doch, meine Thiere: diese höheren Menschen — Und Zarathustra sprach nochmals: „ich liebe euch, 2. Kaum aber hatte Zarathustra seine Höhle verlassen, <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0097" n="90"/> <div n="1"> <head>Das Lied der Schwermuth.<lb/></head> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>1.<lb/></head> <p>Als Zarathustra diese Reden sprach, stand er nahe<lb/> dem Eingange seiner Höhle; mit den letzten Worten<lb/> aber entschlüpfte er seinen Gästen und floh für eine<lb/> kurze Weile in's Freie.</p><lb/> <p>„Oh reine Gerüche um mich, rief er aus, oh selige<lb/> Stille um mich! Aber wo sind meine Thiere? Heran,<lb/> heran, mein Adler und meine Schlange!</p><lb/> <p>Sagt mir doch, meine Thiere: diese höheren Menschen<lb/> insgesammt — <hi rendition="#g">riechen</hi> sie vielleicht nicht gut? Oh<lb/> reine Gerüche um mich! Jetzo weiss und fühle ich erst,<lb/> wie ich euch, meine Thiere, liebe.“</p><lb/> <p>— Und Zarathustra sprach nochmals: „ich liebe euch,<lb/> meine Thiere!“ Der Adler aber und die Schlange drängten<lb/> sich an ihn, als er diese Worte sprach, und sahen zu<lb/> ihm hinauf. Solchergestalt waren sie zu drei still bei¬<lb/> sammen und schnüffelten und schlürften mit einander<lb/> die gute Luft. Denn die Luft war hier draussen besser<lb/> als bei den höheren Menschen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> <div n="2"> <head>2.<lb/></head> <p>Kaum aber hatte Zarathustra seine Höhle verlassen,<lb/> da erhob sich der alte Zauberer, sah listig umher und<lb/> sprach. „Er ist hinaus!</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [90/0097]
Das Lied der Schwermuth.
1.
Als Zarathustra diese Reden sprach, stand er nahe
dem Eingange seiner Höhle; mit den letzten Worten
aber entschlüpfte er seinen Gästen und floh für eine
kurze Weile in's Freie.
„Oh reine Gerüche um mich, rief er aus, oh selige
Stille um mich! Aber wo sind meine Thiere? Heran,
heran, mein Adler und meine Schlange!
Sagt mir doch, meine Thiere: diese höheren Menschen
insgesammt — riechen sie vielleicht nicht gut? Oh
reine Gerüche um mich! Jetzo weiss und fühle ich erst,
wie ich euch, meine Thiere, liebe.“
— Und Zarathustra sprach nochmals: „ich liebe euch,
meine Thiere!“ Der Adler aber und die Schlange drängten
sich an ihn, als er diese Worte sprach, und sahen zu
ihm hinauf. Solchergestalt waren sie zu drei still bei¬
sammen und schnüffelten und schlürften mit einander
die gute Luft. Denn die Luft war hier draussen besser
als bei den höheren Menschen.
2.
Kaum aber hatte Zarathustra seine Höhle verlassen,
da erhob sich der alte Zauberer, sah listig umher und
sprach. „Er ist hinaus!
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