Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 3. Chemnitz, 1884.

Bild:
<< vorherige Seite
Die sieben Siegel.

(Oder: das Ja- und Amen-Lied.)

1.

Wenn ich ein Wahrsager bin und voll jenes
wahrsagerischen Geistes, der auf hohem Joche zwischen
zwei Meeren wandelt, --

zwischen Vergangenem und Zukünftigem als
schwere Wolke wandelt, -- schwülen Niederungen
feind und Allem, was müde ist und nicht sterben,
noch leben kann:

zum Blitze bereit im dunklen Busen und zum er¬
lösenden Lichtstrahle, schwanger von Blitzen, die Ja!
sagen, Ja! lachen, zu wahrsagerischen Blitzstrahlen: --

-- selig aber ist der also Schwangere! Und
wahrlich, lange muss als schweres Wetter am Berge
hängen, wer einst das Licht der Zukunft zünden soll! --

oh wie sollte ich nicht nach der Ewigkeit
brünstig sein und nach dem hochzeitlichen Ring der
Ringe, -- dem Ring der Wiederkunft!

Nie noch fand ich das Weib, von dem ich Kinder
mochte, es sei denn dieses Weib, das ich liebe: denn
ich liebe dich, oh Ewigkeit!

Denn ich liebe dich, oh Ewigkeit!


Die sieben Siegel.

(Oder: das Ja- und Amen-Lied.)

1.

Wenn ich ein Wahrsager bin und voll jenes
wahrsagerischen Geistes, der auf hohem Joche zwischen
zwei Meeren wandelt, —

zwischen Vergangenem und Zukünftigem als
schwere Wolke wandelt, — schwülen Niederungen
feind und Allem, was müde ist und nicht sterben,
noch leben kann:

zum Blitze bereit im dunklen Busen und zum er¬
lösenden Lichtstrahle, schwanger von Blitzen, die Ja!
sagen, Ja! lachen, zu wahrsagerischen Blitzstrahlen: —

— selig aber ist der also Schwangere! Und
wahrlich, lange muss als schweres Wetter am Berge
hängen, wer einst das Licht der Zukunft zünden soll! —

oh wie sollte ich nicht nach der Ewigkeit
brünstig sein und nach dem hochzeitlichen Ring der
Ringe, — dem Ring der Wiederkunft!

Nie noch fand ich das Weib, von dem ich Kinder
mochte, es sei denn dieses Weib, das ich liebe: denn
ich liebe dich, oh Ewigkeit!

Denn ich liebe dich, oh Ewigkeit!


<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0122" n="112"/>
      <div n="1">
        <head>Die sieben Siegel.<lb/></head>
        <p rendition="#c">(Oder: das Ja- und Amen-Lied.)</p><lb/>
        <div n="2">
          <head>1.<lb/></head>
          <p>Wenn ich ein Wahrsager bin und voll jenes<lb/>
wahrsagerischen Geistes, der auf hohem Joche zwischen<lb/>
zwei Meeren wandelt, &#x2014;</p><lb/>
          <p>zwischen Vergangenem und Zukünftigem als<lb/>
schwere Wolke wandelt, &#x2014; schwülen Niederungen<lb/>
feind und Allem, was müde ist und nicht sterben,<lb/>
noch leben kann:</p><lb/>
          <p>zum Blitze bereit im dunklen Busen und zum er¬<lb/>
lösenden Lichtstrahle, schwanger von Blitzen, die Ja!<lb/>
sagen, Ja! lachen, zu wahrsagerischen Blitzstrahlen: &#x2014;</p><lb/>
          <p>&#x2014; selig aber ist der also Schwangere! Und<lb/>
wahrlich, lange muss als schweres Wetter am Berge<lb/>
hängen, wer einst das Licht der Zukunft zünden soll! &#x2014;</p><lb/>
          <p>oh wie sollte ich nicht nach der Ewigkeit<lb/>
brünstig sein und nach dem hochzeitlichen Ring der<lb/>
Ringe, &#x2014; dem Ring der Wiederkunft!</p><lb/>
          <p>Nie noch fand ich das Weib, von dem ich Kinder<lb/>
mochte, es sei denn dieses Weib, das ich liebe: denn<lb/>
ich liebe dich, oh Ewigkeit!</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Denn ich liebe dich</hi>, <hi rendition="#g">oh Ewigkeit</hi>!</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[112/0122] Die sieben Siegel. (Oder: das Ja- und Amen-Lied.) 1. Wenn ich ein Wahrsager bin und voll jenes wahrsagerischen Geistes, der auf hohem Joche zwischen zwei Meeren wandelt, — zwischen Vergangenem und Zukünftigem als schwere Wolke wandelt, — schwülen Niederungen feind und Allem, was müde ist und nicht sterben, noch leben kann: zum Blitze bereit im dunklen Busen und zum er¬ lösenden Lichtstrahle, schwanger von Blitzen, die Ja! sagen, Ja! lachen, zu wahrsagerischen Blitzstrahlen: — — selig aber ist der also Schwangere! Und wahrlich, lange muss als schweres Wetter am Berge hängen, wer einst das Licht der Zukunft zünden soll! — oh wie sollte ich nicht nach der Ewigkeit brünstig sein und nach dem hochzeitlichen Ring der Ringe, — dem Ring der Wiederkunft! Nie noch fand ich das Weib, von dem ich Kinder mochte, es sei denn dieses Weib, das ich liebe: denn ich liebe dich, oh Ewigkeit! Denn ich liebe dich, oh Ewigkeit!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra03_1884
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra03_1884/122
Zitationshilfe: Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 3. Chemnitz, 1884, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra03_1884/122>, abgerufen am 17.11.2024.