Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 2. Chemnitz, 1883.Von der Erlösung. Als Zarathustra eines Tags über die grosse Siehe, Zarathustra! Auch das Volk lernt von dir Zarathustra aber erwiderte Dem, der da redete, Von der Erlösung. Als Zarathustra eines Tags über die grosse Siehe, Zarathustra! Auch das Volk lernt von dir Zarathustra aber erwiderte Dem, der da redete, <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0095" n="85"/> <div n="1"> <head>Von der Erlösung.<lb/></head> <p>Als Zarathustra eines Tags über die grosse<lb/> Brücke gieng, umringten ihn die Krüppel und Bettler,<lb/> und ein Bucklichter redete also zu ihm:</p><lb/> <p>Siehe, Zarathustra! Auch das Volk lernt von dir<lb/> und gewinnt Glauben an deine Lehre: aber dass es<lb/> ganz dir glauben soll, dazu bedarf es noch Eines — du<lb/> musst erst noch uns Krüppel überreden! Hier hast<lb/> du nun eine schöne Auswahl und wahrlich, eine Ge¬<lb/> legenheit mit mehr als Einem Schopfe! Blinde kannst<lb/> du heilen und Lahme laufen machen; und Dem, der<lb/> zuviel hinter sich hat, könntest du wohl auch ein<lb/> Wenig abnehmen: — das, meine ich, wäre die rechte<lb/> Art, die Krüppel an Zarathustra glauben zu machen!“</p><lb/> <p>Zarathustra aber erwiderte Dem, der da redete,<lb/> also: Wenn man dem Bucklichten seinen Buckel<lb/> nimmt, so nimmt man ihm seinen Geist — also lehrt<lb/> das Volk. Und wenn man dem Blinden seine Augen<lb/> giebt, so sieht er zuviel schlimme Dinge auf Erden:<lb/> also dass er Den verflucht, der ihn heilte. Der aber,<lb/> welcher den Lahmen laufen macht, der thut ihm den<lb/> grössten Schaden an: denn kaum kann er laufen, so<lb/> gehn seine Laster mit ihm durch — also lehrt das<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [85/0095]
Von der Erlösung.
Als Zarathustra eines Tags über die grosse
Brücke gieng, umringten ihn die Krüppel und Bettler,
und ein Bucklichter redete also zu ihm:
Siehe, Zarathustra! Auch das Volk lernt von dir
und gewinnt Glauben an deine Lehre: aber dass es
ganz dir glauben soll, dazu bedarf es noch Eines — du
musst erst noch uns Krüppel überreden! Hier hast
du nun eine schöne Auswahl und wahrlich, eine Ge¬
legenheit mit mehr als Einem Schopfe! Blinde kannst
du heilen und Lahme laufen machen; und Dem, der
zuviel hinter sich hat, könntest du wohl auch ein
Wenig abnehmen: — das, meine ich, wäre die rechte
Art, die Krüppel an Zarathustra glauben zu machen!“
Zarathustra aber erwiderte Dem, der da redete,
also: Wenn man dem Bucklichten seinen Buckel
nimmt, so nimmt man ihm seinen Geist — also lehrt
das Volk. Und wenn man dem Blinden seine Augen
giebt, so sieht er zuviel schlimme Dinge auf Erden:
also dass er Den verflucht, der ihn heilte. Der aber,
welcher den Lahmen laufen macht, der thut ihm den
grössten Schaden an: denn kaum kann er laufen, so
gehn seine Laster mit ihm durch — also lehrt das
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |