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Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. [Bd. 1]. Chemnitz, 1883.

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Von Kind und Ehe.

Ich habe eine Frage für dich allein, mein Bruder:
wie ein Senkblei werfe ich diese Frage in deine Seele,
dass ich wisse, wie tief sie sei.

Du bist jung und wünschest dir Kind und Ehe.
Aber ich frage dich: bist du ein Mensch, der ein Kind
sich wünschen darf?

Bist du der Siegreiche, der Selbstbezwinger, der
Gebieter der Sinne, der Herr deiner Tugenden? Also
frage ich dich.

Oder redet aus deinem Wunsche das Thier und die
Nothdurft? Oder Vereinsamung? Oder Unfriede mit dir?

Ich will, dass dein Sieg und deine Freiheit sich
nach einem Kinde sehne. Lebendige Denkmale sollst
du bauen deinem Siege und deiner Befreiung.

Über dich sollst du hinausbauen. Aber erst musst
du mir selber gebaut sein, rechtwinklig an Leib und
Seele.

Nicht nur fort sollst du dich pflanzen, sondern
hinauf! Dazu helfe dir der Garten der Ehe!

Einen höheren Leib sollst du schaffen, eine erste
Bewegung, ein aus sich rollendes Rad, -- einen
Schaffenden sollst du schaffen.

7 *
Von Kind und Ehe.

Ich habe eine Frage für dich allein, mein Bruder:
wie ein Senkblei werfe ich diese Frage in deine Seele,
dass ich wisse, wie tief sie sei.

Du bist jung und wünschest dir Kind und Ehe.
Aber ich frage dich: bist du ein Mensch, der ein Kind
sich wünschen darf?

Bist du der Siegreiche, der Selbstbezwinger, der
Gebieter der Sinne, der Herr deiner Tugenden? Also
frage ich dich.

Oder redet aus deinem Wunsche das Thier und die
Nothdurft? Oder Vereinsamung? Oder Unfriede mit dir?

Ich will, dass dein Sieg und deine Freiheit sich
nach einem Kinde sehne. Lebendige Denkmale sollst
du bauen deinem Siege und deiner Befreiung.

Über dich sollst du hinausbauen. Aber erst musst
du mir selber gebaut sein, rechtwinklig an Leib und
Seele.

Nicht nur fort sollst du dich pflanzen, sondern
hinauf! Dazu helfe dir der Garten der Ehe!

Einen höheren Leib sollst du schaffen, eine erste
Bewegung, ein aus sich rollendes Rad, — einen
Schaffenden sollst du schaffen.

7 *
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[99/0105] Von Kind und Ehe. Ich habe eine Frage für dich allein, mein Bruder: wie ein Senkblei werfe ich diese Frage in deine Seele, dass ich wisse, wie tief sie sei. Du bist jung und wünschest dir Kind und Ehe. Aber ich frage dich: bist du ein Mensch, der ein Kind sich wünschen darf? Bist du der Siegreiche, der Selbstbezwinger, der Gebieter der Sinne, der Herr deiner Tugenden? Also frage ich dich. Oder redet aus deinem Wunsche das Thier und die Nothdurft? Oder Vereinsamung? Oder Unfriede mit dir? Ich will, dass dein Sieg und deine Freiheit sich nach einem Kinde sehne. Lebendige Denkmale sollst du bauen deinem Siege und deiner Befreiung. Über dich sollst du hinausbauen. Aber erst musst du mir selber gebaut sein, rechtwinklig an Leib und Seele. Nicht nur fort sollst du dich pflanzen, sondern hinauf! Dazu helfe dir der Garten der Ehe! Einen höheren Leib sollst du schaffen, eine erste Bewegung, ein aus sich rollendes Rad, — einen Schaffenden sollst du schaffen. 7 *

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Zitationshilfe: Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. [Bd. 1]. Chemnitz, 1883, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra01_1883/105>, abgerufen am 30.12.2024.