Volk werde herrschen dessen Bürger diesen Stier der Diana opfre. In diesem Tempel war die Bundestafel aufgerichtet und erhalten, worauf die verbündeten und zur Theilnahme am Heiligthum berechtigten Völker ver- zeichnet waren.
Servius Tullius Gesetzgebung.
Die Aufnahme Roms in den latinischen Bund, als die erste Stadt unter gleichen, bereitete die mächtige Mo- narchie des letzten Königs: aber diese Größe war vorüber- gehend, und fiel mit den Königen. Daß sie wiedergewon- nen, und, mit blutigen Anstrengungen errungen, der Grundstein des Weltreichs ward, verdankte Rom den Ver- fassungsgesetzen welche die Nachwelt demselben Könige zu- schrieb, und die, wenn sie sich auch vielleicht nicht streng historisch auf ihn beziehen lassen, doch als Fortschritte einer Gesetzgebung die schon unverkennbar Neuerung ist, wenig- stens erst um diese Zeit gesetzt werden müssen. Diese Ge- setze sind die wodurch die plebejischen Tribus errichtet, und die gesammte Nation, getheilt in ihre Gemeinden und die der Curien, in der Gemeinde der Centurien vereinigt ward.
Es ist wahr daß diese Veränderungen nicht freywillig von dem Theil der Nation beschlossen wurden dem nach dem Herkommen und der bestehenden Verfassung die Ent- scheidung über eine Beschränkung seiner Gewalt zukam: es ist wahr daß sie vielmehr gezwungen wurden sich dabey zu beruhigen. Das bezeugt die Sage, und, wie auch sehr edle Menschen in Standessachen blind sind, würde das Gegentheil eine Geisteshöhe bewähren welche ohne
Volk werde herrſchen deſſen Buͤrger dieſen Stier der Diana opfre. In dieſem Tempel war die Bundestafel aufgerichtet und erhalten, worauf die verbuͤndeten und zur Theilnahme am Heiligthum berechtigten Voͤlker ver- zeichnet waren.
Servius Tullius Geſetzgebung.
Die Aufnahme Roms in den latiniſchen Bund, als die erſte Stadt unter gleichen, bereitete die maͤchtige Mo- narchie des letzten Koͤnigs: aber dieſe Groͤße war voruͤber- gehend, und fiel mit den Koͤnigen. Daß ſie wiedergewon- nen, und, mit blutigen Anſtrengungen errungen, der Grundſtein des Weltreichs ward, verdankte Rom den Ver- faſſungsgeſetzen welche die Nachwelt demſelben Koͤnige zu- ſchrieb, und die, wenn ſie ſich auch vielleicht nicht ſtreng hiſtoriſch auf ihn beziehen laſſen, doch als Fortſchritte einer Geſetzgebung die ſchon unverkennbar Neuerung iſt, wenig- ſtens erſt um dieſe Zeit geſetzt werden muͤſſen. Dieſe Ge- ſetze ſind die wodurch die plebejiſchen Tribus errichtet, und die geſammte Nation, getheilt in ihre Gemeinden und die der Curien, in der Gemeinde der Centurien vereinigt ward.
Es iſt wahr daß dieſe Veraͤnderungen nicht freywillig von dem Theil der Nation beſchloſſen wurden dem nach dem Herkommen und der beſtehenden Verfaſſung die Ent- ſcheidung uͤber eine Beſchraͤnkung ſeiner Gewalt zukam: es iſt wahr daß ſie vielmehr gezwungen wurden ſich dabey zu beruhigen. Das bezeugt die Sage, und, wie auch ſehr edle Menſchen in Standesſachen blind ſind, wuͤrde das Gegentheil eine Geiſteshoͤhe bewaͤhren welche ohne
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Volk werde herrſchen deſſen Buͤrger dieſen Stier der
Diana opfre. In dieſem Tempel war die Bundestafel
aufgerichtet und erhalten, worauf die verbuͤndeten und
zur Theilnahme am Heiligthum berechtigten Voͤlker ver-
zeichnet waren.
Servius Tullius Geſetzgebung.
Die Aufnahme Roms in den latiniſchen Bund, als
die erſte Stadt unter gleichen, bereitete die maͤchtige Mo-
narchie des letzten Koͤnigs: aber dieſe Groͤße war voruͤber-
gehend, und fiel mit den Koͤnigen. Daß ſie wiedergewon-
nen, und, mit blutigen Anſtrengungen errungen, der
Grundſtein des Weltreichs ward, verdankte Rom den Ver-
faſſungsgeſetzen welche die Nachwelt demſelben Koͤnige zu-
ſchrieb, und die, wenn ſie ſich auch vielleicht nicht ſtreng
hiſtoriſch auf ihn beziehen laſſen, doch als Fortſchritte einer
Geſetzgebung die ſchon unverkennbar Neuerung iſt, wenig-
ſtens erſt um dieſe Zeit geſetzt werden muͤſſen. Dieſe Ge-
ſetze ſind die wodurch die plebejiſchen Tribus errichtet, und
die geſammte Nation, getheilt in ihre Gemeinden und die
der Curien, in der Gemeinde der Centurien vereinigt ward.
Es iſt wahr daß dieſe Veraͤnderungen nicht freywillig
von dem Theil der Nation beſchloſſen wurden dem nach
dem Herkommen und der beſtehenden Verfaſſung die Ent-
ſcheidung uͤber eine Beſchraͤnkung ſeiner Gewalt zukam:
es iſt wahr daß ſie vielmehr gezwungen wurden ſich dabey
zu beruhigen. Das bezeugt die Sage, und, wie auch
ſehr edle Menſchen in Standesſachen blind ſind, wuͤrde
das Gegentheil eine Geiſteshoͤhe bewaͤhren welche ohne
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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/272>, abgerufen am 03.12.2024.
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