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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773.

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rerer Vollkommenheit gebracht hatte. Eine sanfte
Seele, ein mitleidiges Herz, krönte ihre übrige gute
Eigenschaften, und gab ihnen in den Augen ihrer El-
tern noch einen viel größern Werth.

Als diese älteste Tochter schon erwachsen war, wurde
das Haus mit noch einer kleinen Tochter vermehret,
die auch die besten Hofnungen von sich gab, da so-
wohl Wilhelmine als die junge Mariane wetteifer-
ten, der kleinen Charlotte die beste Erziehung zu geben.

Zweyter Abschnitt.

Die häusliche Zufriedenheit hatte auf solche Art in die-
ser Familie viele Jahre ununterbrochen fortge-
dauret. Sebaldus verrichtete seine Amtsgeschäfte in
der Kirche mit frohem Gemüthe eben so wie Wilhel-
mine
in der Küche und in der Milchkammer. Die
willige Unterstützung ihrer nothleidenden und beküm-
merten Nachbaren war ihnen beiden ein gemeinschaft-
liches Geschäft. Wenn diese Geschäfte vorbey waren,
so kehrten sie mit Vergnügen zu ihrer eigenen Gesell-
schaft, und zur Gesellschaft ihrer herzlichgeliebten Kin-
der zurück. Ein vergnügtes Herz war die Würze jeder
ländlichen Mahlzeit, und verschönerte ihre ruhigen
Abendspaziergänge. Das Einförmige in ihrer Le-

bensart



rerer Vollkommenheit gebracht hatte. Eine ſanfte
Seele, ein mitleidiges Herz, kroͤnte ihre uͤbrige gute
Eigenſchaften, und gab ihnen in den Augen ihrer El-
tern noch einen viel groͤßern Werth.

Als dieſe aͤlteſte Tochter ſchon erwachſen war, wurde
das Haus mit noch einer kleinen Tochter vermehret,
die auch die beſten Hofnungen von ſich gab, da ſo-
wohl Wilhelmine als die junge Mariane wetteifer-
ten, der kleinen Charlotte die beſte Erziehung zu geben.

Zweyter Abſchnitt.

Die haͤusliche Zufriedenheit hatte auf ſolche Art in die-
ſer Familie viele Jahre ununterbrochen fortge-
dauret. Sebaldus verrichtete ſeine Amtsgeſchaͤfte in
der Kirche mit frohem Gemuͤthe eben ſo wie Wilhel-
mine
in der Kuͤche und in der Milchkammer. Die
willige Unterſtuͤtzung ihrer nothleidenden und bekuͤm-
merten Nachbaren war ihnen beiden ein gemeinſchaft-
liches Geſchaͤft. Wenn dieſe Geſchaͤfte vorbey waren,
ſo kehrten ſie mit Vergnuͤgen zu ihrer eigenen Geſell-
ſchaft, und zur Geſellſchaft ihrer herzlichgeliebten Kin-
der zuruͤck. Ein vergnuͤgtes Herz war die Wuͤrze jeder
laͤndlichen Mahlzeit, und verſchoͤnerte ihre ruhigen
Abendſpaziergaͤnge. Das Einfoͤrmige in ihrer Le-

bensart
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[18/0038] rerer Vollkommenheit gebracht hatte. Eine ſanfte Seele, ein mitleidiges Herz, kroͤnte ihre uͤbrige gute Eigenſchaften, und gab ihnen in den Augen ihrer El- tern noch einen viel groͤßern Werth. Als dieſe aͤlteſte Tochter ſchon erwachſen war, wurde das Haus mit noch einer kleinen Tochter vermehret, die auch die beſten Hofnungen von ſich gab, da ſo- wohl Wilhelmine als die junge Mariane wetteifer- ten, der kleinen Charlotte die beſte Erziehung zu geben. Zweyter Abſchnitt. Die haͤusliche Zufriedenheit hatte auf ſolche Art in die- ſer Familie viele Jahre ununterbrochen fortge- dauret. Sebaldus verrichtete ſeine Amtsgeſchaͤfte in der Kirche mit frohem Gemuͤthe eben ſo wie Wilhel- mine in der Kuͤche und in der Milchkammer. Die willige Unterſtuͤtzung ihrer nothleidenden und bekuͤm- merten Nachbaren war ihnen beiden ein gemeinſchaft- liches Geſchaͤft. Wenn dieſe Geſchaͤfte vorbey waren, ſo kehrten ſie mit Vergnuͤgen zu ihrer eigenen Geſell- ſchaft, und zur Geſellſchaft ihrer herzlichgeliebten Kin- der zuruͤck. Ein vergnuͤgtes Herz war die Wuͤrze jeder laͤndlichen Mahlzeit, und verſchoͤnerte ihre ruhigen Abendſpaziergaͤnge. Das Einfoͤrmige in ihrer Le- bensart

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/38>, abgerufen am 15.11.2024.