Neumark, Georg: Poetisch- und Musikalisches Lustwäldchen. Hamburg, 1652.Poetisch-und Musikalisches Lust- 1. Ach möcht' ein Jegl icher doch in sich selber gehen/Und in dem Spiegel des Gewissens sich besehen; Vielleichte würd' Er bald Auß seinen eignen Werken/ Wie sein Gemühte sey gestalt/ Mit eigner Schande merken. 2. Solt' Er nur bey sich selbst sein Leben wol erwegen/Und setne Schand' und Ehr' ein wenig überlegen/ So würde mancher Mann/ Des Beßren sich bequemen/ Und dessen/ was Er vor gethan/ Sich innerlichen schämen. 3. Wer seinen Nebensreund mit Schimpf gern' schamrohemachet Der wird gar offtermals mit Schanden außgelachet. Wer andre Leute schmeht/ Hat offtmals über hoffen/ Wies in gemein den Spöttern geht/ Sich selber recht getroffen. 4. Wer/ andre Leute nur zu schimpfen/ sich ergetzet/Wird von der klugen Welt den Affen gleich geschätzet/ Der wil gern allezeit/ Was Er nur siehet/ gekken/ Da Er doch sein' Unhöfligkeit/ Kan selber nicht bedekken. 5. Ein solches Schändemaul hat endlich diesen Frommen/Daß/ wenn ein Ungelük ist über ihn gekommen/ Man ihn darzu verlacht/ Und gönnets ihm von Hertzen/ Daß man sein Klagen wenig acht/ Und seine bittre Schmertzen. 6. Wenn
Poetiſch-und Muſikaliſches Luſt- 1. Ach moͤcht’ ein Jegl icher doch in ſich ſelber gehen/Und in dem Spiegel des Gewiſſens ſich beſehen; Vielleichte wuͤrd’ Er bald Auß ſeinen eignen Werken/ Wie ſein Gemuͤhte ſey geſtalt/ Mit eigner Schande merken. 2. Solt’ Er nur bey ſich ſelbſt ſein Leben wol erwegen/Und ſetne Schand’ und Ehr’ ein wenig uͤberlegen/ So wuͤrde mancher Mann/ Des Beßren ſich bequemen/ Und deſſen/ was Er vor gethan/ Sich innerlichen ſchaͤmen. 3. Wer ſeinen Nebenſreund mit Schimpf gern’ ſchamrohemachet Der wird gar offtermals mit Schanden außgelachet. Wer andre Leute ſchmeht/ Hat offtmals uͤber hoffen/ Wies in gemein den Spoͤttern geht/ Sich ſelber recht getroffen. 4. Wer/ andre Leute nur zu ſchimpfen/ ſich ergetzet/Wird von der klugen Welt den Affen gleich geſchaͤtzet/ Der wil gern allezeit/ Was Er nur ſiehet/ gekken/ Da Er doch ſein’ Unhoͤfligkeit/ Kan ſelber nicht bedekken. 5. Ein ſolches Schaͤndemaul hat endlich dieſen Frommen/Daß/ wenn ein Ungeluͤk iſt uͤber ihn gekommen/ Man ihn darzu verlacht/ Und goͤnnets ihm von Hertzen/ Daß man ſein Klagen wenig acht/ Und ſeine bittre Schmertzen. 6. Wenn
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Poetiſch-und Muſikaliſches Luſt-
1.
Ach moͤcht’ ein Jegl icher doch in ſich ſelber gehen/
Und in dem Spiegel des Gewiſſens ſich beſehen;
Vielleichte wuͤrd’ Er bald
Auß ſeinen eignen Werken/
Wie ſein Gemuͤhte ſey geſtalt/
Mit eigner Schande merken.
2.
Solt’ Er nur bey ſich ſelbſt ſein Leben wol erwegen/
Und ſetne Schand’ und Ehr’ ein wenig uͤberlegen/
So wuͤrde mancher Mann/
Des Beßren ſich bequemen/
Und deſſen/ was Er vor gethan/
Sich innerlichen ſchaͤmen.
3.
Wer ſeinen Nebenſreund mit Schimpf gern’ ſchamrohe
machet
Der wird gar offtermals mit Schanden außgelachet.
Wer andre Leute ſchmeht/
Hat offtmals uͤber hoffen/
Wies in gemein den Spoͤttern geht/
Sich ſelber recht getroffen.
4.
Wer/ andre Leute nur zu ſchimpfen/ ſich ergetzet/
Wird von der klugen Welt den Affen gleich geſchaͤtzet/
Der wil gern allezeit/
Was Er nur ſiehet/ gekken/
Da Er doch ſein’ Unhoͤfligkeit/
Kan ſelber nicht bedekken.
5.
Ein ſolches Schaͤndemaul hat endlich dieſen Frommen/
Daß/ wenn ein Ungeluͤk iſt uͤber ihn gekommen/
Man ihn darzu verlacht/
Und goͤnnets ihm von Hertzen/
Daß man ſein Klagen wenig acht/
Und ſeine bittre Schmertzen.
6. Wenn
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