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Natorp, Paul: Sozialpädagogik. Stuttgart, 1899.

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der Herkunft des Begriffs. Wir haben ihn: also, woher haben
wir ihn?

Es ist aber schon etwas damit gewonnen, dass klar wird:
Sinn und Grund des Zweckbegriffs ist nicht, jedenfalls nicht
ursprünglich zu suchen in der Art, wie wir die Natur, sondern
wie wir uns selbst, in wie immer berechtigter Unterscheidung
von der Natur, denken. Das heisst, die Entscheidung muss
darin liegen, dass der Mensch ein Selbstbewusstsein
hat. Selbstbewusste Entwicklung allein vermag sich zu denken
unter der Idee eines Zieles, das sie erreichen solle; wo dagegen
ein Selbstbewusstsein nicht in Frage kommt, also in der Be-
trachtung der materiellen Natur, bloss als materieller, da ist
der Zweckbegriff nur hineingetragen; er lässt sich ausscheiden,
und die rein kausale Betrachtung bleibt zurück.

Alle Zweckbetrachtung in der Natur geht, wie wir sahen,
zurück auf die letzte Voraussetzung eines Strebens der Selbst-
erhaltung. Aber hat Natur überhaupt ein Selbst? Die
Selbstheit, die wir ihr zuschreiben, legen nur wir hinein; und
wir können es nur, weil wir das Bewusstsein eines Selbst
haben. Also brauchten wir gar nicht erst zur Natur zu gehen,
wir konnten bei uns selber bleiben, um den Ursprung der Idee
zu finden.

Damit tritt unsere Untersuchung auf ein ganz neues Feld
über: das der Analyse des Bewusstseins. Doch bedarf
es bei einem so vieldeutigen Begriff genauer Unterscheidungen,
wenn wir uns nicht alsbald von neuem verwickeln wollen.

§ 3.
Idee nicht Begriff der Psychologie.

Im Bewusstsein ist die Idee zu suchen. Am Bewusstsein
aber -- wir verstehen darunter zunächst zeitlich bestimm-
tes
Bewusstsein -- unterscheidet sich zweierlei: das, was
irgendwem bewusst ist, wir nennen es die Erscheinung,
und das Bewusst-sein selbst.

Das erstere lässt sich in allen Fällen so ins Auge fassen,
dass vom Bewusst-sein dabei ganz abstrahiert wird. Das Er-

der Herkunft des Begriffs. Wir haben ihn: also, woher haben
wir ihn?

Es ist aber schon etwas damit gewonnen, dass klar wird:
Sinn und Grund des Zweckbegriffs ist nicht, jedenfalls nicht
ursprünglich zu suchen in der Art, wie wir die Natur, sondern
wie wir uns selbst, in wie immer berechtigter Unterscheidung
von der Natur, denken. Das heisst, die Entscheidung muss
darin liegen, dass der Mensch ein Selbstbewusstsein
hat. Selbstbewusste Entwicklung allein vermag sich zu denken
unter der Idee eines Zieles, das sie erreichen solle; wo dagegen
ein Selbstbewusstsein nicht in Frage kommt, also in der Be-
trachtung der materiellen Natur, bloss als materieller, da ist
der Zweckbegriff nur hineingetragen; er lässt sich ausscheiden,
und die rein kausale Betrachtung bleibt zurück.

Alle Zweckbetrachtung in der Natur geht, wie wir sahen,
zurück auf die letzte Voraussetzung eines Strebens der Selbst-
erhaltung. Aber hat Natur überhaupt ein Selbst? Die
Selbstheit, die wir ihr zuschreiben, legen nur wir hinein; und
wir können es nur, weil wir das Bewusstsein eines Selbst
haben. Also brauchten wir gar nicht erst zur Natur zu gehen,
wir konnten bei uns selber bleiben, um den Ursprung der Idee
zu finden.

Damit tritt unsere Untersuchung auf ein ganz neues Feld
über: das der Analyse des Bewusstseins. Doch bedarf
es bei einem so vieldeutigen Begriff genauer Unterscheidungen,
wenn wir uns nicht alsbald von neuem verwickeln wollen.

§ 3.
Idee nicht Begriff der Psychologie.

Im Bewusstsein ist die Idee zu suchen. Am Bewusstsein
aber — wir verstehen darunter zunächst zeitlich bestimm-
tes
Bewusstsein — unterscheidet sich zweierlei: das, was
irgendwem bewusst ist, wir nennen es die Erscheinung,
und das Bewusst-sein selbst.

Das erstere lässt sich in allen Fällen so ins Auge fassen,
dass vom Bewusst-sein dabei ganz abstrahiert wird. Das Er-

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[10/0026] der Herkunft des Begriffs. Wir haben ihn: also, woher haben wir ihn? Es ist aber schon etwas damit gewonnen, dass klar wird: Sinn und Grund des Zweckbegriffs ist nicht, jedenfalls nicht ursprünglich zu suchen in der Art, wie wir die Natur, sondern wie wir uns selbst, in wie immer berechtigter Unterscheidung von der Natur, denken. Das heisst, die Entscheidung muss darin liegen, dass der Mensch ein Selbstbewusstsein hat. Selbstbewusste Entwicklung allein vermag sich zu denken unter der Idee eines Zieles, das sie erreichen solle; wo dagegen ein Selbstbewusstsein nicht in Frage kommt, also in der Be- trachtung der materiellen Natur, bloss als materieller, da ist der Zweckbegriff nur hineingetragen; er lässt sich ausscheiden, und die rein kausale Betrachtung bleibt zurück. Alle Zweckbetrachtung in der Natur geht, wie wir sahen, zurück auf die letzte Voraussetzung eines Strebens der Selbst- erhaltung. Aber hat Natur überhaupt ein Selbst? Die Selbstheit, die wir ihr zuschreiben, legen nur wir hinein; und wir können es nur, weil wir das Bewusstsein eines Selbst haben. Also brauchten wir gar nicht erst zur Natur zu gehen, wir konnten bei uns selber bleiben, um den Ursprung der Idee zu finden. Damit tritt unsere Untersuchung auf ein ganz neues Feld über: das der Analyse des Bewusstseins. Doch bedarf es bei einem so vieldeutigen Begriff genauer Unterscheidungen, wenn wir uns nicht alsbald von neuem verwickeln wollen. § 3. Idee nicht Begriff der Psychologie. Im Bewusstsein ist die Idee zu suchen. Am Bewusstsein aber — wir verstehen darunter zunächst zeitlich bestimm- tes Bewusstsein — unterscheidet sich zweierlei: das, was irgendwem bewusst ist, wir nennen es die Erscheinung, und das Bewusst-sein selbst. Das erstere lässt sich in allen Fällen so ins Auge fassen, dass vom Bewusst-sein dabei ganz abstrahiert wird. Das Er-

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Zitationshilfe: Natorp, Paul: Sozialpädagogik. Stuttgart, 1899, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/natorp_sozialpaedagogik_1899/26>, abgerufen am 22.12.2024.