Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. [Erster Theil.] Eisenach, 1760.

Bild:
<< vorherige Seite
XXXIII. Brief.
Fräulein Amalia an das Fräulein v. W.

Wo soll ich anfangen, Ihren Brief zu beantworten? Soll ich mich wegen eines ungegründeten Verdachts vertheidigen, und wegen Ihres garstigen Argwohns auf Sie schmälen? das werde ich nicht thun. Ihr Gemüthe ist nicht in der Verfassung, daß es jetzo Verweise annehmen kann. Ich muß Ihnen aber doch meine Empfindlichkeit darüber bezeigen, daß Sie mich für eine Meineidige halten und mir den strafbaren Eigennutz zutrauen, daß ich das Glück meiner Freundinn auf das Spiel setzen könnte, um eine gute Tante dadurch zu gewinnen. Warten Sie, warten Sie, das kann Ihnen nicht so hingehen. Ihr gekränktes Gemüthe schützet Sie dieses mal für einer kleinen Rache, ich würde sonst in der

XXXIII. Brief.
Fräulein Amalia an das Fräulein v. W.

Wo soll ich anfangen, Ihren Brief zu beantworten? Soll ich mich wegen eines ungegründeten Verdachts vertheidigen, und wegen Ihres garstigen Argwohns auf Sie schmälen? das werde ich nicht thun. Ihr Gemüthe ist nicht in der Verfassung, daß es jetzo Verweise annehmen kann. Ich muß Ihnen aber doch meine Empfindlichkeit darüber bezeigen, daß Sie mich für eine Meineidige halten und mir den strafbaren Eigennutz zutrauen, daß ich das Glück meiner Freundinn auf das Spiel setzen könnte, um eine gute Tante dadurch zu gewinnen. Warten Sie, warten Sie, das kann Ihnen nicht so hingehen. Ihr gekränktes Gemüthe schützet Sie dieses mal für einer kleinen Rache, ich würde sonst in der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0239" n="224"/>
      <div type="letter" n="1">
        <head> <hi rendition="#fr">XXXIII. Brief.</hi><lb/>
        </head>
        <head> <hi rendition="#fr">Fräulein Amalia an das Fräulein v. W.</hi><lb/>
        </head>
        <opener>
          <dateline>Schönthal den 14 Sept.</dateline>
        </opener>
        <p>Wo soll ich anfangen, Ihren Brief zu beantworten? Soll ich mich wegen eines ungegründeten Verdachts vertheidigen, und wegen Ihres garstigen Argwohns auf Sie schmälen? das werde ich nicht thun. Ihr Gemüthe ist nicht in der Verfassung, daß es jetzo Verweise annehmen kann. Ich muß Ihnen aber doch meine Empfindlichkeit darüber bezeigen, daß Sie mich für eine Meineidige halten und mir den strafbaren Eigennutz zutrauen, daß ich das Glück meiner Freundinn auf das Spiel setzen könnte, um eine gute Tante dadurch zu gewinnen. Warten Sie, warten Sie, das kann Ihnen nicht so hingehen. Ihr gekränktes Gemüthe schützet Sie dieses mal für einer kleinen Rache, ich würde sonst in der
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[224/0239] XXXIII. Brief. Fräulein Amalia an das Fräulein v. W. Schönthal den 14 Sept. Wo soll ich anfangen, Ihren Brief zu beantworten? Soll ich mich wegen eines ungegründeten Verdachts vertheidigen, und wegen Ihres garstigen Argwohns auf Sie schmälen? das werde ich nicht thun. Ihr Gemüthe ist nicht in der Verfassung, daß es jetzo Verweise annehmen kann. Ich muß Ihnen aber doch meine Empfindlichkeit darüber bezeigen, daß Sie mich für eine Meineidige halten und mir den strafbaren Eigennutz zutrauen, daß ich das Glück meiner Freundinn auf das Spiel setzen könnte, um eine gute Tante dadurch zu gewinnen. Warten Sie, warten Sie, das kann Ihnen nicht so hingehen. Ihr gekränktes Gemüthe schützet Sie dieses mal für einer kleinen Rache, ich würde sonst in der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Der Seitenumbruch erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Worttrennungen am Zeilenende entfallen.
  • Das lange „s“ („ſ“) wird als normales rundes „s“ wiedergegeben.
  • Auslassungspunkte werden, unabhängig von der Anzahl der Punkte, als „…“ (Sonderzeichen Alt+0133) wiedergegeben.
  • Apostrophe werden durch das Sonderzeichen „’“ (Alt+0146) wiedergegeben (nicht durch die Variante auf der Tastatur).
  • Bindestriche werden durch den normalen Bindestrich „-“ wiedergegeben (nicht durch „=“).
  • Gleichheitszeichen „=“ werden als normale Gedankenstriche (Halbgeviertstriche) „–“ wiedergegeben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison01_1760
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison01_1760/239
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. [Erster Theil.] Eisenach, 1760, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison01_1760/239>, abgerufen am 21.11.2024.