Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Wilhelm: Sieben und siebzig Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten. Dessau, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite
5. Abendreihn.

Guten Abend, lieber Mondenschein!
Wie blickst mir so traulich in's Herz herein?
Nun sprich, und laß dich nicht lange fragen,
Du hast mir gewiß einen Gruß zu sagen,
Einen Gruß von meinem Schatz.
"Wie sollt' ich bringen den Gruß zu dir?
"Du hast ja keinen Schatz bei mir.
"Und was mir da unten die Bursche sagen,
"Und was mir die Frauen und Mädchen klagen,
"Ei, das versteh' ich nicht."
Hast Recht, mein lieber Mondenschein,
Du darfst auch Schätzchens Bote nicht sein,
Denn thätst du zu tief ihr in's Auge sehn,
Du könntest ja nimmermehr untergehn,
Schienst ewig nur für sie.
6
5. Abendreihn.

Guten Abend, lieber Mondenſchein!
Wie blickſt mir ſo traulich in's Herz herein?
Nun ſprich, und laß dich nicht lange fragen,
Du haſt mir gewiß einen Gruß zu ſagen,
Einen Gruß von meinem Schatz.
«Wie ſollt' ich bringen den Gruß zu dir?
«Du haſt ja keinen Schatz bei mir.
«Und was mir da unten die Burſche ſagen,
«Und was mir die Frauen und Maͤdchen klagen,
«Ei, das verſteh' ich nicht.»
Haſt Recht, mein lieber Mondenſchein,
Du darfſt auch Schaͤtzchens Bote nicht ſein,
Denn thaͤtſt du zu tief ihr in's Auge ſehn,
Du koͤnnteſt ja nimmermehr untergehn,
Schienſt ewig nur fuͤr ſie.
6
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0093" n="81"/>
          </div>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">5.</hi> <hi rendition="#b #g">Abendreihn.</hi><lb/>
            </head>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l><hi rendition="#in">G</hi>uten Abend, lieber Monden&#x017F;chein!</l><lb/>
                <l>Wie blick&#x017F;t mir &#x017F;o traulich in's Herz herein?</l><lb/>
                <l>Nun &#x017F;prich, und laß dich nicht lange fragen,</l><lb/>
                <l>Du ha&#x017F;t mir gewiß einen Gruß zu &#x017F;agen,</l><lb/>
                <l>Einen Gruß von meinem Schatz.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="2">
                <l>«Wie &#x017F;ollt' ich bringen den Gruß zu dir?</l><lb/>
                <l>«Du ha&#x017F;t ja keinen Schatz bei mir.</l><lb/>
                <l>«Und was mir da unten die Bur&#x017F;che &#x017F;agen,</l><lb/>
                <l>«Und was mir die Frauen und Ma&#x0364;dchen klagen,</l><lb/>
                <l>«Ei, das ver&#x017F;teh' ich nicht.»</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="3">
                <l>Ha&#x017F;t Recht, mein lieber Monden&#x017F;chein,</l><lb/>
                <l>Du darf&#x017F;t auch Scha&#x0364;tzchens Bote nicht &#x017F;ein,</l><lb/>
                <l>Denn tha&#x0364;t&#x017F;t du zu tief ihr in's Auge &#x017F;ehn,</l><lb/>
                <l>Du ko&#x0364;nnte&#x017F;t ja nimmermehr untergehn,</l><lb/>
                <l>Schien&#x017F;t ewig nur fu&#x0364;r &#x017F;ie.</l><lb/>
              </lg>
              <fw place="bottom" type="sig">6<lb/></fw>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[81/0093] 5. Abendreihn. Guten Abend, lieber Mondenſchein! Wie blickſt mir ſo traulich in's Herz herein? Nun ſprich, und laß dich nicht lange fragen, Du haſt mir gewiß einen Gruß zu ſagen, Einen Gruß von meinem Schatz. «Wie ſollt' ich bringen den Gruß zu dir? «Du haſt ja keinen Schatz bei mir. «Und was mir da unten die Burſche ſagen, «Und was mir die Frauen und Maͤdchen klagen, «Ei, das verſteh' ich nicht.» Haſt Recht, mein lieber Mondenſchein, Du darfſt auch Schaͤtzchens Bote nicht ſein, Denn thaͤtſt du zu tief ihr in's Auge ſehn, Du koͤnnteſt ja nimmermehr untergehn, Schienſt ewig nur fuͤr ſie. 6

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_waldhornist_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_waldhornist_1821/93
Zitationshilfe: Müller, Wilhelm: Sieben und siebzig Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten. Dessau, 1821, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_waldhornist_1821/93>, abgerufen am 22.12.2024.