Müller, Wilhelm: Sieben und siebzig Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten. Dessau, 1821.Gebet in der Christnacht. O Liebe, die am Kreuze rang, O Liebe, die den Tod bezwang Für alle Menschenkinder, Gedenk' in dieser sel'gen Nacht, Die dich zu uns herabgebracht, Der Seelen, die dir fehlen! O Liebe, die den Stern gesandt Hinaus in's ferne Morgenland, Die Könige zu rufen; Die laut durch ihres Boten Mund Sich gab den armen Hirten kund, Wie bist du still geworden? Noch eine fromme Hirtin liegt In blinden Schlummer eingewiegt, Und träumt von grünen Bäumen. Singt nicht vor ihrem Fensterlein Ein Engel: Esther, laß mich ein, Der Heiland ist geboren? Gebet in der Chriſtnacht. O Liebe, die am Kreuze rang, O Liebe, die den Tod bezwang Fuͤr alle Menſchenkinder, Gedenk' in dieſer ſel'gen Nacht, Die dich zu uns herabgebracht, Der Seelen, die dir fehlen! O Liebe, die den Stern geſandt Hinaus in's ferne Morgenland, Die Koͤnige zu rufen; Die laut durch ihres Boten Mund Sich gab den armen Hirten kund, Wie biſt du ſtill geworden? Noch eine fromme Hirtin liegt In blinden Schlummer eingewiegt, Und traͤumt von gruͤnen Baͤumen. Singt nicht vor ihrem Fenſterlein Ein Engel: Eſther, laß mich ein, Der Heiland iſt geboren? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0067" n="55"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#g">Gebet in der Chriſtnacht.</hi><lb/> </head> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">O</hi> Liebe, die am Kreuze rang,</l><lb/> <l>O Liebe, die den Tod bezwang</l><lb/> <l>Fuͤr alle Menſchenkinder,</l><lb/> <l>Gedenk' in dieſer ſel'gen Nacht,</l><lb/> <l>Die dich zu uns herabgebracht,</l><lb/> <l>Der Seelen, die dir fehlen!</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>O Liebe, die den Stern geſandt</l><lb/> <l>Hinaus in's ferne Morgenland,</l><lb/> <l>Die Koͤnige zu rufen;</l><lb/> <l>Die laut durch ihres Boten Mund</l><lb/> <l>Sich gab den armen Hirten kund,</l><lb/> <l>Wie biſt du ſtill geworden?</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Noch eine fromme Hirtin liegt</l><lb/> <l>In blinden Schlummer eingewiegt,</l><lb/> <l>Und traͤumt von gruͤnen Baͤumen.</l><lb/> <l>Singt nicht vor ihrem Fenſterlein</l><lb/> <l>Ein Engel: Eſther, laß mich ein,</l><lb/> <l>Der Heiland iſt geboren?</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [55/0067]
Gebet in der Chriſtnacht.
O Liebe, die am Kreuze rang,
O Liebe, die den Tod bezwang
Fuͤr alle Menſchenkinder,
Gedenk' in dieſer ſel'gen Nacht,
Die dich zu uns herabgebracht,
Der Seelen, die dir fehlen!
O Liebe, die den Stern geſandt
Hinaus in's ferne Morgenland,
Die Koͤnige zu rufen;
Die laut durch ihres Boten Mund
Sich gab den armen Hirten kund,
Wie biſt du ſtill geworden?
Noch eine fromme Hirtin liegt
In blinden Schlummer eingewiegt,
Und traͤumt von gruͤnen Baͤumen.
Singt nicht vor ihrem Fenſterlein
Ein Engel: Eſther, laß mich ein,
Der Heiland iſt geboren?
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Zitationshilfe: | Müller, Wilhelm: Sieben und siebzig Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten. Dessau, 1821, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_waldhornist_1821/67>, abgerufen am 23.02.2025. |