Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Wilhelm: Sieben und siebzig Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten. Dessau, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite
Juni.

Ich trag' ein Kleid von weichen Rosenherzen,
Ich schlaf' in einem Bett' von Rosenduft,
Bis mich der rosenrothe Morgen ruft,
Ein Stündlein in den Knospen zu verscherzen.
Der Mittag liebt ein herzlicheres Herzen,
Dringt heiß bis in des Kelches tiefste Kluft:
Da fliegt manch Rosenblättchen durch die Luft,
Und seufzt von Minnelust und Minneschmerzen.
Der Abend kommt, den Blumen Trost zu geben,
Die matt und blaß in seinem Thau sich baden,
Bis allen ihren Zorn sie ausgekühlt.
Behagt dir, Freund, dies rothe Rosenleben,
So sei von mir auf morgen eingeladen,
Denn alle Tage wird solch Spiel gespielt.

8
Juni.

Ich trag' ein Kleid von weichen Roſenherzen,
Ich ſchlaf' in einem Bett' von Roſenduft,
Bis mich der roſenrothe Morgen ruft,
Ein Stuͤndlein in den Knospen zu verſcherzen.
Der Mittag liebt ein herzlicheres Herzen,
Dringt heiß bis in des Kelches tiefſte Kluft:
Da fliegt manch Roſenblaͤttchen durch die Luft,
Und ſeufzt von Minneluſt und Minneſchmerzen.
Der Abend kommt, den Blumen Troſt zu geben,
Die matt und blaß in ſeinem Thau ſich baden,
Bis allen ihren Zorn ſie ausgekuͤhlt.
Behagt dir, Freund, dies rothe Roſenleben,
So ſei von mir auf morgen eingeladen,
Denn alle Tage wird ſolch Spiel geſpielt.

8
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0125" n="113"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b #g">Juni.</hi><lb/>
          </head>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">I</hi>ch trag' ein Kleid von weichen Ro&#x017F;enherzen,</l><lb/>
              <l>Ich &#x017F;chlaf' in einem Bett' von Ro&#x017F;enduft,</l><lb/>
              <l>Bis mich der ro&#x017F;enrothe Morgen ruft,</l><lb/>
              <l>Ein Stu&#x0364;ndlein in den Knospen zu ver&#x017F;cherzen.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="2">
              <l>Der Mittag liebt ein herzlicheres Herzen,</l><lb/>
              <l>Dringt heiß bis in des Kelches tief&#x017F;te Kluft:</l><lb/>
              <l>Da fliegt manch Ro&#x017F;enbla&#x0364;ttchen durch die Luft,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;eufzt von Minnelu&#x017F;t und Minne&#x017F;chmerzen.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="3">
              <l>Der Abend kommt, den Blumen Tro&#x017F;t zu geben,</l><lb/>
              <l>Die matt und blaß in &#x017F;einem Thau &#x017F;ich baden,</l><lb/>
              <l>Bis allen ihren Zorn &#x017F;ie ausgeku&#x0364;hlt.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="4">
              <l>Behagt dir, Freund, dies rothe Ro&#x017F;enleben,</l><lb/>
              <l>So &#x017F;ei von mir auf morgen eingeladen,</l><lb/>
              <l>Denn alle Tage wird &#x017F;olch Spiel ge&#x017F;pielt.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <fw place="bottom" type="sig">8<lb/></fw>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[113/0125] Juni. Ich trag' ein Kleid von weichen Roſenherzen, Ich ſchlaf' in einem Bett' von Roſenduft, Bis mich der roſenrothe Morgen ruft, Ein Stuͤndlein in den Knospen zu verſcherzen. Der Mittag liebt ein herzlicheres Herzen, Dringt heiß bis in des Kelches tiefſte Kluft: Da fliegt manch Roſenblaͤttchen durch die Luft, Und ſeufzt von Minneluſt und Minneſchmerzen. Der Abend kommt, den Blumen Troſt zu geben, Die matt und blaß in ſeinem Thau ſich baden, Bis allen ihren Zorn ſie ausgekuͤhlt. Behagt dir, Freund, dies rothe Roſenleben, So ſei von mir auf morgen eingeladen, Denn alle Tage wird ſolch Spiel geſpielt. 8

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_waldhornist_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_waldhornist_1821/125
Zitationshilfe: Müller, Wilhelm: Sieben und siebzig Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten. Dessau, 1821, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_waldhornist_1821/125>, abgerufen am 23.11.2024.