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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

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ben Hügel. In diesen allzu bestimmten Schran-
ken lagen zugleich nothwendige unübersteigliche
Grenzen für die Ideen. Und so war um das
Leben der Alten selbst eine Mauer gezogen. Alle
Staaten drängten mit mehr oder weniger Erfolg
nach der Unterwerfung, der Subordination
aller übrigen. Ein Welt-Gottesdienst war noch
nicht gefunden, aller Ideen-Dienst war localer,
National-Gottesdienst; also gab es nichts
anderes, als Unterwerfung der Welt unter die
mittelbare oder unmittelbare Herrschaft einer
National-Idee; kein gegenseitiges Verneigen,
kein gegenseitiger Respect der National-Idee vor
der National-Idee, welches alles nur möglich
werden konnte durch eine Welt-Idee, durch
eine Welt-Religion. Die große Lehre von
der Gegenseitigkeit aller Verhältnisse des Lebens
mußte verklärt werden, und das am besten, Rom
gegenüber, dem scheinbaren Triumph des bloßen
Subordinations- und Disciplin-Gesetzes über die
Welt gegenüber. -- In dem Volke, das nach
einander die Knechtschaft der Aegypter, der Baby-
lonier, der Griechen und der Römer gefühlt hatte,
und das dennoch von seinem National-Gotte
nichts anderes erwarten wollte, als weltliche
Weltherrschaft, trat die Welt-Idee, und --
damit sie mit nichts Geringerem, Localerem, und

ben Huͤgel. In dieſen allzu beſtimmten Schran-
ken lagen zugleich nothwendige unuͤberſteigliche
Grenzen fuͤr die Ideen. Und ſo war um das
Leben der Alten ſelbſt eine Mauer gezogen. Alle
Staaten draͤngten mit mehr oder weniger Erfolg
nach der Unterwerfung, der Subordination
aller uͤbrigen. Ein Welt-Gottesdienſt war noch
nicht gefunden, aller Ideen-Dienſt war localer,
National-Gottesdienſt; alſo gab es nichts
anderes, als Unterwerfung der Welt unter die
mittelbare oder unmittelbare Herrſchaft einer
National-Idee; kein gegenſeitiges Verneigen,
kein gegenſeitiger Reſpect der National-Idee vor
der National-Idee, welches alles nur moͤglich
werden konnte durch eine Welt-Idee, durch
eine Welt-Religion. Die große Lehre von
der Gegenſeitigkeit aller Verhaͤltniſſe des Lebens
mußte verklaͤrt werden, und das am beſten, Rom
gegenuͤber, dem ſcheinbaren Triumph des bloßen
Subordinations- und Disciplin-Geſetzes uͤber die
Welt gegenuͤber. — In dem Volke, das nach
einander die Knechtſchaft der Aegypter, der Baby-
lonier, der Griechen und der Roͤmer gefuͤhlt hatte,
und das dennoch von ſeinem National-Gotte
nichts anderes erwarten wollte, als weltliche
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[70/0078] ben Huͤgel. In dieſen allzu beſtimmten Schran- ken lagen zugleich nothwendige unuͤberſteigliche Grenzen fuͤr die Ideen. Und ſo war um das Leben der Alten ſelbſt eine Mauer gezogen. Alle Staaten draͤngten mit mehr oder weniger Erfolg nach der Unterwerfung, der Subordination aller uͤbrigen. Ein Welt-Gottesdienſt war noch nicht gefunden, aller Ideen-Dienſt war localer, National-Gottesdienſt; alſo gab es nichts anderes, als Unterwerfung der Welt unter die mittelbare oder unmittelbare Herrſchaft einer National-Idee; kein gegenſeitiges Verneigen, kein gegenſeitiger Reſpect der National-Idee vor der National-Idee, welches alles nur moͤglich werden konnte durch eine Welt-Idee, durch eine Welt-Religion. Die große Lehre von der Gegenſeitigkeit aller Verhaͤltniſſe des Lebens mußte verklaͤrt werden, und das am beſten, Rom gegenuͤber, dem ſcheinbaren Triumph des bloßen Subordinations- und Disciplin-Geſetzes uͤber die Welt gegenuͤber. — In dem Volke, das nach einander die Knechtſchaft der Aegypter, der Baby- lonier, der Griechen und der Roͤmer gefuͤhlt hatte, und das dennoch von ſeinem National-Gotte nichts anderes erwarten wollte, als weltliche Weltherrſchaft, trat die Welt-Idee, und — damit ſie mit nichts Geringerem, Localerem, und

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/78>, abgerufen am 27.04.2024.