Alle ursprünglichen Verfassungen der alten Welt, wenn wir etwa die in dem hinteren Asien aus- nehmen, wurden verschlungen von Rom; und den Welteroberern dienet die Arglist zum Muster, womit Rom die unterdrückten Völker den Wahn eines politischen Daseyns und eines nationalen Gottesdienstes fortträumen ließ. -- Wenn das kriegerische Element des bürgerlichen Lebens sich ablös't von dem friedlichen; wenn die Völker, von dem Reitze der Künste, und von der behag- lichen Fülle, welche Handel und Industrie ge- währen, verführt, sich einer gewissen wollüstigen Selbstbeschauung oder Abgötterei mit dem Frie- den hingeben; wenn eine einseitige Verstandes- bildung um sich greift, und die körperliche Kraft gering geachtet wird neben den Vorzügen des Geistes; wenn das Lesen, Schreiben, Lehren
Dreizehnte Vorleſung.
Geiſt der Roͤmiſchen Geſetzgebung.
Alle urſpruͤnglichen Verfaſſungen der alten Welt, wenn wir etwa die in dem hinteren Aſien aus- nehmen, wurden verſchlungen von Rom; und den Welteroberern dienet die Argliſt zum Muſter, womit Rom die unterdruͤckten Voͤlker den Wahn eines politiſchen Daſeyns und eines nationalen Gottesdienſtes forttraͤumen ließ. — Wenn das kriegeriſche Element des buͤrgerlichen Lebens ſich abloͤſ’t von dem friedlichen; wenn die Voͤlker, von dem Reitze der Kuͤnſte, und von der behag- lichen Fuͤlle, welche Handel und Induſtrie ge- waͤhren, verfuͤhrt, ſich einer gewiſſen wolluͤſtigen Selbſtbeſchauung oder Abgoͤtterei mit dem Frie- den hingeben; wenn eine einſeitige Verſtandes- bildung um ſich greift, und die koͤrperliche Kraft gering geachtet wird neben den Vorzuͤgen des Geiſtes; wenn das Leſen, Schreiben, Lehren
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Dreizehnte Vorleſung.
Geiſt der Roͤmiſchen Geſetzgebung.
Alle urſpruͤnglichen Verfaſſungen der alten Welt,
wenn wir etwa die in dem hinteren Aſien aus-
nehmen, wurden verſchlungen von Rom; und
den Welteroberern dienet die Argliſt zum Muſter,
womit Rom die unterdruͤckten Voͤlker den Wahn
eines politiſchen Daſeyns und eines nationalen
Gottesdienſtes forttraͤumen ließ. — Wenn das
kriegeriſche Element des buͤrgerlichen Lebens ſich
abloͤſ’t von dem friedlichen; wenn die Voͤlker,
von dem Reitze der Kuͤnſte, und von der behag-
lichen Fuͤlle, welche Handel und Induſtrie ge-
waͤhren, verfuͤhrt, ſich einer gewiſſen wolluͤſtigen
Selbſtbeſchauung oder Abgoͤtterei mit dem Frie-
den hingeben; wenn eine einſeitige Verſtandes-
bildung um ſich greift, und die koͤrperliche Kraft
gering geachtet wird neben den Vorzuͤgen des
Geiſtes; wenn das Leſen, Schreiben, Lehren
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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/54>, abgerufen am 21.11.2024.
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