Sie wissen, daß ich das Wort "Rechtslehre" in einem umfassenderen Sinne gebrauche, als die Schriftsteller meiner Zeit; daß ich erstlich durch- aus kein andres Recht statuire, als ein solches, welches lebendig ist, d. h. welches sich selbst ga- rantirt, nicht erst an eine auswärtige, mit ihm in keiner Verbindung stehende Macht oder Zwangsgewalt zu appelliren, oder von ihr abzu- hangen braucht; kurz, welches also innerlich Eins ist mit dem Staate, oder mit der Nationalität, oder, da unser Blick durch die Religion auf die ganze Menschheit gerichtet ist, mit der Rechts- Idee, welche die Menschheit verbindet, mit der Religion. Vergebens werden Sie Sich bemü- hen, das Recht anders zu begründen, oder zu deduciren, als auf diese Weise, welche zugleich die
Siebzehnte Vorleſung.
Schluß der Rechtslehre.
Sie wiſſen, daß ich das Wort „Rechtslehre” in einem umfaſſenderen Sinne gebrauche, als die Schriftſteller meiner Zeit; daß ich erſtlich durch- aus kein andres Recht ſtatuire, als ein ſolches, welches lebendig iſt, d. h. welches ſich ſelbſt ga- rantirt, nicht erſt an eine auswaͤrtige, mit ihm in keiner Verbindung ſtehende Macht oder Zwangsgewalt zu appelliren, oder von ihr abzu- hangen braucht; kurz, welches alſo innerlich Eins iſt mit dem Staate, oder mit der Nationalitaͤt, oder, da unſer Blick durch die Religion auf die ganze Menſchheit gerichtet iſt, mit der Rechts- Idee, welche die Menſchheit verbindet, mit der Religion. Vergebens werden Sie Sich bemuͤ- hen, das Recht anders zu begruͤnden, oder zu deduciren, als auf dieſe Weiſe, welche zugleich die
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0163"n="155"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="3"><head><hirendition="#b">Siebzehnte Vorleſung.</hi></head><lb/><argument><p><hirendition="#c"><hirendition="#g">Schluß der Rechtslehre</hi>.</hi></p></argument><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p><hirendition="#in">S</hi>ie wiſſen, daß ich das Wort „<hirendition="#g">Rechtslehre</hi>”<lb/>
in einem umfaſſenderen Sinne gebrauche, als die<lb/>
Schriftſteller meiner Zeit; daß ich erſtlich durch-<lb/>
aus kein andres Recht ſtatuire, als ein ſolches,<lb/>
welches lebendig iſt, d. h. welches ſich ſelbſt ga-<lb/>
rantirt, nicht erſt an eine auswaͤrtige, mit<lb/>
ihm in keiner Verbindung ſtehende Macht oder<lb/>
Zwangsgewalt zu appelliren, oder von ihr abzu-<lb/>
hangen braucht; kurz, welches alſo innerlich Eins<lb/>
iſt mit dem Staate, oder mit der Nationalitaͤt,<lb/>
oder, da unſer Blick durch die Religion auf die<lb/>
ganze Menſchheit gerichtet iſt, mit <hirendition="#g">der</hi> Rechts-<lb/>
Idee, welche die Menſchheit verbindet, mit der<lb/>
Religion. Vergebens werden Sie Sich bemuͤ-<lb/>
hen, das Recht anders zu begruͤnden, oder zu<lb/>
deduciren, als auf dieſe Weiſe, welche zugleich die<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[155/0163]
Siebzehnte Vorleſung.
Schluß der Rechtslehre.
Sie wiſſen, daß ich das Wort „Rechtslehre”
in einem umfaſſenderen Sinne gebrauche, als die
Schriftſteller meiner Zeit; daß ich erſtlich durch-
aus kein andres Recht ſtatuire, als ein ſolches,
welches lebendig iſt, d. h. welches ſich ſelbſt ga-
rantirt, nicht erſt an eine auswaͤrtige, mit
ihm in keiner Verbindung ſtehende Macht oder
Zwangsgewalt zu appelliren, oder von ihr abzu-
hangen braucht; kurz, welches alſo innerlich Eins
iſt mit dem Staate, oder mit der Nationalitaͤt,
oder, da unſer Blick durch die Religion auf die
ganze Menſchheit gerichtet iſt, mit der Rechts-
Idee, welche die Menſchheit verbindet, mit der
Religion. Vergebens werden Sie Sich bemuͤ-
hen, das Recht anders zu begruͤnden, oder zu
deduciren, als auf dieſe Weiſe, welche zugleich die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/163>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.