Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite
II. Bildende Kunst. Gegenstände.
2. Die übrigen Heroenkreise.

412. Theseus Heroengestalt erkennt man an der Aehn-1
lichkeit mit Herakles, aber bei minder gedrungenem Kör-
perbau, an dem kurzgelockten, aber weniger krausen
Haare, und den besonders auf Gewandtheit im Ringen
hindeutenden Formen der Glieder; sein Costüm ist ge-
wöhnlich Löwenhaut und Keule; bisweilen auch Chlamys
und Petasos nach Art Attischer Epheben. Die Böoti-2
schen Helden werden öfter durch die in ihrem Lande üb-
liche Kopftracht, die kune Boiotia (§. 338, 1.), be-
zeichnet. Jasons Heldengestalt kann schwerlich in der3
sonst trefflichen aber Nichts von heroischer Größe darstel-
lenden Statue des Sandalenbinders, dessen Stellung sonst
bei Hermes vorkömmt (§. 380, 6.), erkannt werden; nach
alten Schilderungen scheint ein Pardel- oder Löwenfell
zu seinem vollständigen Costüm zu gehören, doch bezeich-
net ihn auf Vasengemählden auch die Thessalische Tracht
des Petasos und der Chlamys. Medeia erscheint theils
in einfachem Griechischen Costüm, theils mit orientali-
schen Gewändern, besonders in dem übergehängten Aer-
melrocke Kandys (§. 246, 5.), in Bewegung und Miene
die tiefe Leidenschaftlichkeit ihres Gemüthes aussprechend.

1. Attischer Mythus. Kekrops und seine Töchter §. 387.
7. Herse (?) mit Hermes, in einem Relief und einem Hercul.
Bilde, Guatt. Mem. enc. v. p. 65. vgl. §. 381, 6. Erich-
thonios § 118, 2 c. Theseus G. M. 482 -- 85. 90 --
95.: den Stein hebend (nach der Gruppe, Paus. i, 27, 8.,
auf Athen. M. Mus. Br. 6, 16. Zoega Bass. 48.), den Pityo-
kamptes (Tischb. i, 5. Böttiger Vasengem. ii, S. 134), den Ma-
rathonischen Stier u. den Minotaur (N. Mus. Br. 6, 18 -- 20.
Eckhel P. gr. 32. Lanzi Di vasi ant. diss. 3. Hancarv. iii,
86. Gori M. E. i, 122.) bezwingend, Ariadne entführend und
verlassend (diesen Cyklus giebt die Salzburger Mosaik, Creuzer Ab-
bild. zur Symb. Tf. 55, 1., die Verlassung die Pompej. Ge-
mählde bei Zahn 17. 21.), die Amazone Hippolyte bezwingend, in
der Unterwelt festsitzend. Der Kampf mit Prokrustes, Millingen

II. Bildende Kunſt. Gegenſtaͤnde.
2. Die uͤbrigen Heroenkreiſe.

412. Theſeus Heroengeſtalt erkennt man an der Aehn-1
lichkeit mit Herakles, aber bei minder gedrungenem Koͤr-
perbau, an dem kurzgelockten, aber weniger krauſen
Haare, und den beſonders auf Gewandtheit im Ringen
hindeutenden Formen der Glieder; ſein Coſtuͤm iſt ge-
woͤhnlich Loͤwenhaut und Keule; bisweilen auch Chlamys
und Petaſos nach Art Attiſcher Epheben. Die Boͤoti-2
ſchen Helden werden oͤfter durch die in ihrem Lande uͤb-
liche Kopftracht, die κυνῆ Βοιωτία (§. 338, 1.), be-
zeichnet. Jaſons Heldengeſtalt kann ſchwerlich in der3
ſonſt trefflichen aber Nichts von heroiſcher Groͤße darſtel-
lenden Statue des Sandalenbinders, deſſen Stellung ſonſt
bei Hermes vorkoͤmmt (§. 380, 6.), erkannt werden; nach
alten Schilderungen ſcheint ein Pardel- oder Loͤwenfell
zu ſeinem vollſtaͤndigen Coſtuͤm zu gehoͤren, doch bezeich-
net ihn auf Vaſengemaͤhlden auch die Theſſaliſche Tracht
des Petaſos und der Chlamys. Medeia erſcheint theils
in einfachem Griechiſchen Coſtuͤm, theils mit orientali-
ſchen Gewaͤndern, beſonders in dem uͤbergehaͤngten Aer-
melrocke Kandys (§. 246, 5.), in Bewegung und Miene
die tiefe Leidenſchaftlichkeit ihres Gemuͤthes ausſprechend.

1. Attiſcher Mythus. Kekrops und ſeine Töchter §. 387.
7. Herſe (?) mit Hermes, in einem Relief und einem Hercul.
Bilde, Guatt. Mem. enc. v. p. 65. vgl. §. 381, 6. Erich-
thonios § 118, 2 c. Theſeus G. M. 482 — 85. 90 —
95.: den Stein hebend (nach der Gruppe, Pauſ. i, 27, 8.,
auf Athen. M. Mus. Br. 6, 16. Zoëga Bass. 48.), den Pityo-
kamptes (Tiſchb. i, 5. Böttiger Vaſengem. ii, S. 134), den Ma-
rathoniſchen Stier u. den Minotaur (N. Mus. Br. 6, 18 — 20.
Eckhel P. gr. 32. Lanzi Di vasi ant. diss. 3. Hancarv. iii,
86. Gori M. E. i, 122.) bezwingend, Ariadne entführend und
verlaſſend (dieſen Cyklus giebt die Salzburger Moſaik, Creuzer Ab-
bild. zur Symb. Tf. 55, 1., die Verlaſſung die Pompej. Ge-
mählde bei Zahn 17. 21.), die Amazone Hippolyte bezwingend, in
der Unterwelt feſtſitzend. Der Kampf mit Prokruſtes, Millingen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <pb facs="#f0587" n="565"/>
                  <fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">II.</hi> Bildende Kun&#x017F;t. Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde.</fw><lb/>
                  <div n="7">
                    <head>2. Die u&#x0364;brigen Heroenkrei&#x017F;e.</head><lb/>
                    <p>412. The&#x017F;eus Heroenge&#x017F;talt erkennt man an der Aehn-<note place="right">1</note><lb/>
lichkeit mit Herakles, aber bei minder gedrungenem Ko&#x0364;r-<lb/>
perbau, an dem kurzgelockten, aber weniger krau&#x017F;en<lb/>
Haare, und den be&#x017F;onders auf Gewandtheit im Ringen<lb/>
hindeutenden Formen der Glieder; &#x017F;ein Co&#x017F;tu&#x0364;m i&#x017F;t ge-<lb/>
wo&#x0364;hnlich Lo&#x0364;wenhaut und Keule; bisweilen auch Chlamys<lb/>
und Peta&#x017F;os nach Art Atti&#x017F;cher Epheben. Die Bo&#x0364;oti-<note place="right">2</note><lb/>
&#x017F;chen Helden werden o&#x0364;fter durch die in ihrem Lande u&#x0364;b-<lb/>
liche Kopftracht, die &#x03BA;&#x03C5;&#x03BD;&#x1FC6; &#x0392;&#x03BF;&#x03B9;&#x03C9;&#x03C4;&#x03AF;&#x03B1; (§. 338, 1.), be-<lb/>
zeichnet. Ja&#x017F;ons Heldenge&#x017F;talt kann &#x017F;chwerlich in der<note place="right">3</note><lb/>
&#x017F;on&#x017F;t trefflichen aber Nichts von heroi&#x017F;cher Gro&#x0364;ße dar&#x017F;tel-<lb/>
lenden Statue des Sandalenbinders, de&#x017F;&#x017F;en Stellung &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
bei Hermes vorko&#x0364;mmt (§. 380, 6.), erkannt werden; nach<lb/>
alten Schilderungen &#x017F;cheint ein Pardel- oder Lo&#x0364;wenfell<lb/>
zu &#x017F;einem voll&#x017F;ta&#x0364;ndigen Co&#x017F;tu&#x0364;m zu geho&#x0364;ren, doch bezeich-<lb/>
net ihn auf Va&#x017F;engema&#x0364;hlden auch die The&#x017F;&#x017F;ali&#x017F;che Tracht<lb/>
des Peta&#x017F;os und der Chlamys. Medeia er&#x017F;cheint theils<lb/>
in einfachem Griechi&#x017F;chen Co&#x017F;tu&#x0364;m, theils mit orientali-<lb/>
&#x017F;chen Gewa&#x0364;ndern, be&#x017F;onders in dem u&#x0364;bergeha&#x0364;ngten Aer-<lb/>
melrocke Kandys (§. 246, 5.), in Bewegung und Miene<lb/>
die tiefe Leiden&#x017F;chaftlichkeit ihres Gemu&#x0364;thes aus&#x017F;prechend.</p><lb/>
                    <p>1. <hi rendition="#g">Atti&#x017F;cher Mythus</hi>. Kekrops und &#x017F;eine Töchter §. 387.<lb/>
7. Her&#x017F;e (?) mit Hermes, in einem Relief und einem Hercul.<lb/>
Bilde, Guatt. <hi rendition="#aq">Mem. enc. <hi rendition="#k">v</hi>. p.</hi> 65. vgl. §. 381, 6. Erich-<lb/>
thonios § 118, 2 <hi rendition="#aq">c.</hi> <hi rendition="#g">The&#x017F;eus</hi> <hi rendition="#aq">G. M.</hi> 482 &#x2014; 85. 90 &#x2014;<lb/>
95.: den Stein hebend (nach der Gruppe, Pau&#x017F;. <hi rendition="#k"><hi rendition="#aq">i,</hi></hi> 27, 8.,<lb/>
auf Athen. M. <hi rendition="#aq">Mus. Br.</hi> 6, 16. Zoëga <hi rendition="#aq">Bass.</hi> 48.), den Pityo-<lb/>
kamptes (Ti&#x017F;chb. <hi rendition="#k"><hi rendition="#aq">i,</hi></hi> 5. Böttiger Va&#x017F;engem. <hi rendition="#k"><hi rendition="#aq">ii,</hi></hi> S. 134), den Ma-<lb/>
rathoni&#x017F;chen Stier u. den Minotaur (<hi rendition="#aq">N. Mus. Br.</hi> 6, 18 &#x2014; 20.<lb/>
Eckhel <hi rendition="#aq">P. gr.</hi> 32. Lanzi <hi rendition="#aq">Di vasi ant. diss.</hi> 3. Hancarv. <hi rendition="#k"><hi rendition="#aq">iii,</hi></hi><lb/>
86. Gori <hi rendition="#aq">M. E. <hi rendition="#k">i</hi>,</hi> 122.) bezwingend, Ariadne entführend und<lb/>
verla&#x017F;&#x017F;end (die&#x017F;en Cyklus giebt die Salzburger Mo&#x017F;aik, Creuzer Ab-<lb/>
bild. zur Symb. Tf. 55, 1., die Verla&#x017F;&#x017F;ung die Pompej. Ge-<lb/>
mählde bei Zahn 17. 21.), die Amazone Hippolyte bezwingend, in<lb/>
der Unterwelt fe&#x017F;t&#x017F;itzend. Der Kampf mit Prokru&#x017F;tes, Millingen<lb/></p>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[565/0587] II. Bildende Kunſt. Gegenſtaͤnde. 2. Die uͤbrigen Heroenkreiſe. 412. Theſeus Heroengeſtalt erkennt man an der Aehn- lichkeit mit Herakles, aber bei minder gedrungenem Koͤr- perbau, an dem kurzgelockten, aber weniger krauſen Haare, und den beſonders auf Gewandtheit im Ringen hindeutenden Formen der Glieder; ſein Coſtuͤm iſt ge- woͤhnlich Loͤwenhaut und Keule; bisweilen auch Chlamys und Petaſos nach Art Attiſcher Epheben. Die Boͤoti- ſchen Helden werden oͤfter durch die in ihrem Lande uͤb- liche Kopftracht, die κυνῆ Βοιωτία (§. 338, 1.), be- zeichnet. Jaſons Heldengeſtalt kann ſchwerlich in der ſonſt trefflichen aber Nichts von heroiſcher Groͤße darſtel- lenden Statue des Sandalenbinders, deſſen Stellung ſonſt bei Hermes vorkoͤmmt (§. 380, 6.), erkannt werden; nach alten Schilderungen ſcheint ein Pardel- oder Loͤwenfell zu ſeinem vollſtaͤndigen Coſtuͤm zu gehoͤren, doch bezeich- net ihn auf Vaſengemaͤhlden auch die Theſſaliſche Tracht des Petaſos und der Chlamys. Medeia erſcheint theils in einfachem Griechiſchen Coſtuͤm, theils mit orientali- ſchen Gewaͤndern, beſonders in dem uͤbergehaͤngten Aer- melrocke Kandys (§. 246, 5.), in Bewegung und Miene die tiefe Leidenſchaftlichkeit ihres Gemuͤthes ausſprechend. 1 2 3 1. Attiſcher Mythus. Kekrops und ſeine Töchter §. 387. 7. Herſe (?) mit Hermes, in einem Relief und einem Hercul. Bilde, Guatt. Mem. enc. v. p. 65. vgl. §. 381, 6. Erich- thonios § 118, 2 c. Theſeus G. M. 482 — 85. 90 — 95.: den Stein hebend (nach der Gruppe, Pauſ. i, 27, 8., auf Athen. M. Mus. Br. 6, 16. Zoëga Bass. 48.), den Pityo- kamptes (Tiſchb. i, 5. Böttiger Vaſengem. ii, S. 134), den Ma- rathoniſchen Stier u. den Minotaur (N. Mus. Br. 6, 18 — 20. Eckhel P. gr. 32. Lanzi Di vasi ant. diss. 3. Hancarv. iii, 86. Gori M. E. i, 122.) bezwingend, Ariadne entführend und verlaſſend (dieſen Cyklus giebt die Salzburger Moſaik, Creuzer Ab- bild. zur Symb. Tf. 55, 1., die Verlaſſung die Pompej. Ge- mählde bei Zahn 17. 21.), die Amazone Hippolyte bezwingend, in der Unterwelt feſtſitzend. Der Kampf mit Prokruſtes, Millingen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/587
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 565. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/587>, abgerufen am 18.11.2024.