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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830.

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II. Bildende Kunſt. Gegenſtaͤnde.
1. Herakles.

410. In der hoͤchſten Potenz erſcheint das Heroen-Ideal
ausgepraͤgt in Herakles, der vor allen Helleniſcher Na-
tionalheld war. Durch Anſtrengung geſtaͤhlte und be-
waͤhrte Kraft iſt der Hauptzug. Schon in den oft
uͤberaus edlen und anmuthigen Bildungen des jugendli-
chen Herakles meldet ſich dieſe in der gewaltigen Staͤrke
der Nackenmuskeln (§. 331, 2), den dichten kurzen Locken
des kleinen Hauptes (§. 330, 2.), den verhaͤltnißmaͤßig
kleinen Augen, der vorgedraͤngten maͤchtigen Unterſtirn,
und der Form ſaͤmmtlicher Gliedmaßen. Deutlicher
aber tritt der Charakter des Vollenders ungeheurer Kaͤmpfe,
des muͤhbeladnen (aerumnosus) Heros in der gereiften
Geſtalt hervor, wie ſie beſonders Lyſippos (§. 129.) ausbil-
dete, in den aufgehuͤgelten durch unendliche Arbeit hervorge-
triebnen Muskel-Lagen, den maͤchtigen Schenkeln, Schul-
tern, Armen, Bruſt und Ruͤcken, ſo wie in den ernſten
Zuͤgen des zuſammengedraͤngten Antlitzes, in denen der
Eindruck, welchen Muͤhe und Arbeit gemacht, auch durch
eine voruͤbergehende Ruhe nicht aufgehoben wird. Beide
Geſtalten laſſen ſich nun in einem faſt unuͤberſehbaren
Cyklus von Abentheuern und Kaͤmpfen nachweiſen, und
die Entwickelung des Heros von dem ſchlangenbaͤndigenden
Kinde aus durch alle Ereigniſſe des Lebens hindurch ver-
folgen. Fuͤr die beſonders viel gebildeten Zwoͤlfkaͤmpfe,
deren Zahl ſich indeß erſt ſpaͤt und deren Beſtand ſich
nie voͤllig gleichmaͤßig feſtſtellte, bildeten ſich zeitig gewiſſe
beliebte Darſtellungsweiſen, doch fuͤr manche mehrere, nach
Gegenden und Zeiten verſchieden gebrauchte. Von der
Unzahl anderer Thaten findet man die Giganten-Erle-
gung beſonders auf Vaſen alten Styls; von dem mehr-
fach wiederkehrenden Kentaurenkampf kommen hier auch we-
niger bekannte Sagengeſtalten vor. Die eigentlichen
Kriegsthaten wurden weniger Gegenſtand der bildenden
Kunſt als der aͤltern Poeſie; daher auch von dem Heſio-

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 559. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/581>, abgerufen am 07.01.2025.