Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830.Historischer Theil. nach Olymp. 100 zu neuer Trefflichkeit sich erhebt, in-dem sich in ihnen eine unverkennbare Neigung zum An- lockenden und Rührenden, und viel mehr Sinnlichkeit und Pathos kund giebt als in den Werken der frühern Zeit. Derselbe Gegensatz kann auch in der Mahlerei 2wahrgenommen werden. -- Zugleich verhindert die Rich- tung auf augenblicklichen Genuß, in welcher besonders das Athenische Volk befangen war, bedeutende öffentliche Unternehmen, und die Kunst bleibt (Konons und Lykurgs Unternehmungen abgerechnet) ohne die große öffentliche Aufmunterung der Perikleischen Zeit, bis sie sich die Gunst 3der Makedonischen Könige erwirbt. Dies Ver- hältniß führt Veränderungen im Geiste der Kunst herbei, welche schon am Schlusse dieses Abschnitts, deutlicher im folgenden hervortreten. 2. Demosthenes klagt bitter über die Dürftigkeit der öffentlichen 2. Architektonik. 105. Das erste Erforderniß für das Gedeihen der Hiſtoriſcher Theil. nach Olymp. 100 zu neuer Trefflichkeit ſich erhebt, in-dem ſich in ihnen eine unverkennbare Neigung zum An- lockenden und Ruͤhrenden, und viel mehr Sinnlichkeit und Pathos kund giebt als in den Werken der fruͤhern Zeit. Derſelbe Gegenſatz kann auch in der Mahlerei 2wahrgenommen werden. — Zugleich verhindert die Rich- tung auf augenblicklichen Genuß, in welcher beſonders das Atheniſche Volk befangen war, bedeutende oͤffentliche Unternehmen, und die Kunſt bleibt (Konons und Lykurgs Unternehmungen abgerechnet) ohne die große oͤffentliche Aufmunterung der Perikleiſchen Zeit, bis ſie ſich die Gunſt 3der Makedoniſchen Koͤnige erwirbt. Dies Ver- haͤltniß fuͤhrt Veraͤnderungen im Geiſte der Kunſt herbei, welche ſchon am Schluſſe dieſes Abſchnitts, deutlicher im folgenden hervortreten. 2. Demoſthenes klagt bitter über die Dürftigkeit der öffentlichen 2. Architektonik. 105. Das erſte Erforderniß fuͤr das Gedeihen der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0102" n="80"/><fw place="top" type="header">Hiſtoriſcher Theil.</fw><lb/> nach Olymp. 100 zu neuer Trefflichkeit ſich erhebt, in-<lb/> dem ſich in ihnen eine unverkennbare Neigung zum An-<lb/> lockenden und Ruͤhrenden, und viel mehr Sinnlichkeit<lb/> und Pathos kund giebt als in den Werken der fruͤhern<lb/> Zeit. Derſelbe Gegenſatz kann auch in der Mahlerei<lb/><note place="left">2</note>wahrgenommen werden. — Zugleich verhindert die Rich-<lb/> tung auf augenblicklichen Genuß, in welcher beſonders<lb/> das Atheniſche Volk befangen war, bedeutende oͤffentliche<lb/> Unternehmen, und die Kunſt bleibt (Konons und Lykurgs<lb/> Unternehmungen abgerechnet) ohne die große oͤffentliche<lb/> Aufmunterung der Perikleiſchen Zeit, bis ſie ſich die Gunſt<lb/><note place="left">3</note>der <hi rendition="#g">Makedoniſchen Koͤnige</hi> erwirbt. Dies Ver-<lb/> haͤltniß fuͤhrt Veraͤnderungen im Geiſte der Kunſt herbei,<lb/> welche ſchon am Schluſſe dieſes Abſchnitts, deutlicher im<lb/> folgenden hervortreten.</p><lb/> <p>2. Demoſthenes klagt bitter über die Dürftigkeit der öffentlichen<lb/> und die <hi rendition="#g">Pracht der Privatbaue</hi> ſeiner Zeit. Vgl. Böckh<lb/> Staatsh. 1 S. 220. Von Konons Werken Pauſ. <hi rendition="#k"><hi rendition="#aq">i,</hi></hi> 1, 3. <hi rendition="#k"><hi rendition="#aq">i,</hi></hi><lb/> 2, 2. vgl. <hi rendition="#aq">de Phidia <hi rendition="#k">i</hi>, 3. N. d.</hi> Unter Lykurgos wurden be-<lb/> ſonders frühere Werke ausgebaut, aber auch einiges Neue. S. das<lb/> Pſephisma bei Plutarch <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">x</hi> Orat. p.</hi> 279. H., wo wohl zu ſchrei-<lb/> ben: ἡμίεργα παραλαβὼν τούς τε νεωςοίκους καὶ τὴν<lb/> σκευοϑήκην καὶ τὸ ϑέατρον τὸ Διον. ἐξειργάσατο καὶ ἐπε-<lb/> τέλεσε, καὶ τὸ τε στάδιον τὸ Παναϑ. καὶ τὸ γυμνάσιον τὸ<lb/> Λύκειον κατεσκεύασε. Vgl. <hi rendition="#aq">p.</hi> 251. Pauſ. <hi rendition="#k"><hi rendition="#aq">i,</hi></hi> 29, 16. Doch<lb/> bleibt der edelſte Privat-Aufwand der auf Kampfroſſe und Bild-<lb/> ſäulen, und es iſt ein harter Vorwurf für Dikäogenes (Iſäos von<lb/> Dikäog. Erbſch. §. 44), daß er die von ſeinem Erblaſſer für 3<lb/> Talente (4125 Rthl.) angeſchafften ἀναϑήματα ungeweiht ἐν<lb/> τοῖς λιϑουργείοις κυλινδεῖσϑαι läßt.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="3"> <head>2. <hi rendition="#g">Architektonik</hi>.</head><lb/> <p>105. Das erſte Erforderniß fuͤr das Gedeihen der<lb/> Baukunſt, das Aufbieten aller Kraͤfte um etwas Großes<lb/> zu ſchaffen, tritt ſchon an den <hi rendition="#g">Mauerbauen</hi> dieſer<lb/> Zeit hervor, vorzuͤglich den Mauern des Peiraͤeus, die,<lb/> an Coloſſalitaͤt den kyklopiſchen aͤhnlich, zugleich durch<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [80/0102]
Hiſtoriſcher Theil.
nach Olymp. 100 zu neuer Trefflichkeit ſich erhebt, in-
dem ſich in ihnen eine unverkennbare Neigung zum An-
lockenden und Ruͤhrenden, und viel mehr Sinnlichkeit
und Pathos kund giebt als in den Werken der fruͤhern
Zeit. Derſelbe Gegenſatz kann auch in der Mahlerei
wahrgenommen werden. — Zugleich verhindert die Rich-
tung auf augenblicklichen Genuß, in welcher beſonders
das Atheniſche Volk befangen war, bedeutende oͤffentliche
Unternehmen, und die Kunſt bleibt (Konons und Lykurgs
Unternehmungen abgerechnet) ohne die große oͤffentliche
Aufmunterung der Perikleiſchen Zeit, bis ſie ſich die Gunſt
der Makedoniſchen Koͤnige erwirbt. Dies Ver-
haͤltniß fuͤhrt Veraͤnderungen im Geiſte der Kunſt herbei,
welche ſchon am Schluſſe dieſes Abſchnitts, deutlicher im
folgenden hervortreten.
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2. Demoſthenes klagt bitter über die Dürftigkeit der öffentlichen
und die Pracht der Privatbaue ſeiner Zeit. Vgl. Böckh
Staatsh. 1 S. 220. Von Konons Werken Pauſ. i, 1, 3. i,
2, 2. vgl. de Phidia i, 3. N. d. Unter Lykurgos wurden be-
ſonders frühere Werke ausgebaut, aber auch einiges Neue. S. das
Pſephisma bei Plutarch x Orat. p. 279. H., wo wohl zu ſchrei-
ben: ἡμίεργα παραλαβὼν τούς τε νεωςοίκους καὶ τὴν
σκευοϑήκην καὶ τὸ ϑέατρον τὸ Διον. ἐξειργάσατο καὶ ἐπε-
τέλεσε, καὶ τὸ τε στάδιον τὸ Παναϑ. καὶ τὸ γυμνάσιον τὸ
Λύκειον κατεσκεύασε. Vgl. p. 251. Pauſ. i, 29, 16. Doch
bleibt der edelſte Privat-Aufwand der auf Kampfroſſe und Bild-
ſäulen, und es iſt ein harter Vorwurf für Dikäogenes (Iſäos von
Dikäog. Erbſch. §. 44), daß er die von ſeinem Erblaſſer für 3
Talente (4125 Rthl.) angeſchafften ἀναϑήματα ungeweiht ἐν
τοῖς λιϑουργείοις κυλινδεῖσϑαι läßt.
2. Architektonik.
105. Das erſte Erforderniß fuͤr das Gedeihen der
Baukunſt, das Aufbieten aller Kraͤfte um etwas Großes
zu ſchaffen, tritt ſchon an den Mauerbauen dieſer
Zeit hervor, vorzuͤglich den Mauern des Peiraͤeus, die,
an Coloſſalitaͤt den kyklopiſchen aͤhnlich, zugleich durch
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