nach Olymp. 100 zu neuer Trefflichkeit sich erhebt, in- dem sich in ihnen eine unverkennbare Neigung zum An- lockenden und Rührenden, und viel mehr Sinnlichkeit und Pathos kund giebt als in den Werken der frühern Zeit. Derselbe Gegensatz kann auch in der Mahlerei 2wahrgenommen werden. -- Zugleich verhindert die Rich- tung auf augenblicklichen Genuß, in welcher besonders das Athenische Volk befangen war, bedeutende öffentliche Unternehmen, und die Kunst bleibt (Konons und Lykurgs Unternehmungen abgerechnet) ohne die große öffentliche Aufmunterung der Perikleischen Zeit, bis sie sich die Gunst 3der Makedonischen Könige erwirbt. Dies Ver- hältniß führt Veränderungen im Geiste der Kunst herbei, welche schon am Schlusse dieses Abschnitts, deutlicher im folgenden hervortreten.
2. Demosthenes klagt bitter über die Dürftigkeit der öffentlichen und die Pracht der Privatbaue seiner Zeit. Vgl. Böckh Staatsh. 1 S. 220. Von Konons Werken Paus. i, 1, 3. i, 2, 2. vgl. de Phidia i, 3. N. d. Unter Lykurgos wurden be- sonders frühere Werke ausgebaut, aber auch einiges Neue. S. das Psephisma bei Plutarch x Orat. p. 279. H., wo wohl zu schrei- ben: emierga paralabon tous te neosoikous kai ten skeuotheken kai to theatron to Dion. exeirgasato kai epe- telese, kai to te stadion to Panath. kai to gumnasion to Lukeion kateskeuase. Vgl. p. 251. Paus. i, 29, 16. Doch bleibt der edelste Privat-Aufwand der auf Kampfrosse und Bild- säulen, und es ist ein harter Vorwurf für Dikäogenes (Isäos von Dikäog. Erbsch. §. 44), daß er die von seinem Erblasser für 3 Talente (4125 Rthl.) angeschafften anathemata ungeweiht en tois lithourgeiois kulindeisthai läßt.
2. Architektonik.
105. Das erste Erforderniß für das Gedeihen der Baukunst, das Aufbieten aller Kräfte um etwas Großes zu schaffen, tritt schon an den Mauerbauen dieser Zeit hervor, vorzüglich den Mauern des Peiräeus, die, an Colossalität den kyklopischen ähnlich, zugleich durch
Hiſtoriſcher Theil.
nach Olymp. 100 zu neuer Trefflichkeit ſich erhebt, in- dem ſich in ihnen eine unverkennbare Neigung zum An- lockenden und Ruͤhrenden, und viel mehr Sinnlichkeit und Pathos kund giebt als in den Werken der fruͤhern Zeit. Derſelbe Gegenſatz kann auch in der Mahlerei 2wahrgenommen werden. — Zugleich verhindert die Rich- tung auf augenblicklichen Genuß, in welcher beſonders das Atheniſche Volk befangen war, bedeutende oͤffentliche Unternehmen, und die Kunſt bleibt (Konons und Lykurgs Unternehmungen abgerechnet) ohne die große oͤffentliche Aufmunterung der Perikleiſchen Zeit, bis ſie ſich die Gunſt 3der Makedoniſchen Koͤnige erwirbt. Dies Ver- haͤltniß fuͤhrt Veraͤnderungen im Geiſte der Kunſt herbei, welche ſchon am Schluſſe dieſes Abſchnitts, deutlicher im folgenden hervortreten.
2. Demoſthenes klagt bitter über die Dürftigkeit der öffentlichen und die Pracht der Privatbaue ſeiner Zeit. Vgl. Böckh Staatsh. 1 S. 220. Von Konons Werken Pauſ. i, 1, 3. i, 2, 2. vgl. de Phidia i, 3. N. d. Unter Lykurgos wurden be- ſonders frühere Werke ausgebaut, aber auch einiges Neue. S. das Pſephisma bei Plutarch x Orat. p. 279. H., wo wohl zu ſchrei- ben: ἡμίεργα παραλαβὼν τούς τε νεωςοίκους καὶ τὴν σκευοϑήκην καὶ τὸ ϑέατρον τὸ Διον. ἐξειργάσατο καὶ ἐπε- τέλεσε, καὶ τὸ τε στάδιον τὸ Παναϑ. καὶ τὸ γυμνάσιον τὸ Λύκειον κατεσκεύασε. Vgl. p. 251. Pauſ. i, 29, 16. Doch bleibt der edelſte Privat-Aufwand der auf Kampfroſſe und Bild- ſäulen, und es iſt ein harter Vorwurf für Dikäogenes (Iſäos von Dikäog. Erbſch. §. 44), daß er die von ſeinem Erblaſſer für 3 Talente (4125 Rthl.) angeſchafften ἀναϑήματα ungeweiht ἐν τοῖς λιϑουργείοις κυλινδεῖσϑαι läßt.
2. Architektonik.
105. Das erſte Erforderniß fuͤr das Gedeihen der Baukunſt, das Aufbieten aller Kraͤfte um etwas Großes zu ſchaffen, tritt ſchon an den Mauerbauen dieſer Zeit hervor, vorzuͤglich den Mauern des Peiraͤeus, die, an Coloſſalitaͤt den kyklopiſchen aͤhnlich, zugleich durch
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Hiſtoriſcher Theil.
nach Olymp. 100 zu neuer Trefflichkeit ſich erhebt, in-
dem ſich in ihnen eine unverkennbare Neigung zum An-
lockenden und Ruͤhrenden, und viel mehr Sinnlichkeit
und Pathos kund giebt als in den Werken der fruͤhern
Zeit. Derſelbe Gegenſatz kann auch in der Mahlerei
wahrgenommen werden. — Zugleich verhindert die Rich-
tung auf augenblicklichen Genuß, in welcher beſonders
das Atheniſche Volk befangen war, bedeutende oͤffentliche
Unternehmen, und die Kunſt bleibt (Konons und Lykurgs
Unternehmungen abgerechnet) ohne die große oͤffentliche
Aufmunterung der Perikleiſchen Zeit, bis ſie ſich die Gunſt
der Makedoniſchen Koͤnige erwirbt. Dies Ver-
haͤltniß fuͤhrt Veraͤnderungen im Geiſte der Kunſt herbei,
welche ſchon am Schluſſe dieſes Abſchnitts, deutlicher im
folgenden hervortreten.
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2. Demoſthenes klagt bitter über die Dürftigkeit der öffentlichen
und die Pracht der Privatbaue ſeiner Zeit. Vgl. Böckh
Staatsh. 1 S. 220. Von Konons Werken Pauſ. i, 1, 3. i,
2, 2. vgl. de Phidia i, 3. N. d. Unter Lykurgos wurden be-
ſonders frühere Werke ausgebaut, aber auch einiges Neue. S. das
Pſephisma bei Plutarch x Orat. p. 279. H., wo wohl zu ſchrei-
ben: ἡμίεργα παραλαβὼν τούς τε νεωςοίκους καὶ τὴν
σκευοϑήκην καὶ τὸ ϑέατρον τὸ Διον. ἐξειργάσατο καὶ ἐπε-
τέλεσε, καὶ τὸ τε στάδιον τὸ Παναϑ. καὶ τὸ γυμνάσιον τὸ
Λύκειον κατεσκεύασε. Vgl. p. 251. Pauſ. i, 29, 16. Doch
bleibt der edelſte Privat-Aufwand der auf Kampfroſſe und Bild-
ſäulen, und es iſt ein harter Vorwurf für Dikäogenes (Iſäos von
Dikäog. Erbſch. §. 44), daß er die von ſeinem Erblaſſer für 3
Talente (4125 Rthl.) angeſchafften ἀναϑήματα ungeweiht ἐν
τοῖς λιϑουργείοις κυλινδεῖσϑαι läßt.
2. Architektonik.
105. Das erſte Erforderniß fuͤr das Gedeihen der
Baukunſt, das Aufbieten aller Kraͤfte um etwas Großes
zu ſchaffen, tritt ſchon an den Mauerbauen dieſer
Zeit hervor, vorzuͤglich den Mauern des Peiraͤeus, die,
an Coloſſalitaͤt den kyklopiſchen aͤhnlich, zugleich durch
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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/102>, abgerufen am 16.07.2024.
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