Spottname. Daß es aber auch hier, wie in Argos, Bürger gab, die von Ursprung Nicht-Dorier waren, erweist das Vorkommen einer vierten Phyle außer den drei Dorischen 1.
3.
In Korinth und Sikyon scheint keine voll- kommene Scheidung der Dorier und Nicht-Dorier durchgesetzt worden zu sein. Besonders in der erstge- nannten Stadt mußten sich die Einwohner mit den ältern Besitzern vergleichen, und wurden wohl nur zum Mitbesitz des Landes durch neue Vertheilung (ep ana- dasmo) aufgenommen. Daher kommt es, daß in Ko- rinth nicht bloß die drei Dorischen Phylen, von denen bald die Rede sein wird, sondern im Ganzen acht wa- ren, welche alle die Stadt bewohnten 2. Auch waren selbst die Kypseliden keine Dorier, und doch schon, ehe sie Tyrannen wurden, angesehene Bürger. Einen Ko- rinthischen Helotenstand kann man in den Kynophaloi finden 3, denen die Hundsmütze der Peloponnesischen Ureinwohner wieder den Namen gegeben hatte. In- deß überwog hier, als in einem Handelsstaate, sehr bald die eigentliche Sklaverei, deren Verhältnisse wir uns nach den Athenischen denken dürfen 4. In Si- kyon gab es Leibeigene, von denen uns die Namen Korynephoren 5 und Katonakophoren erhalten sind 6. Der erste bezeichnet sie als leichtbewaffnete Knappen, der zweite als beständige Landbewohner. Die Bürger-
4 So kommt der Hafen Lechäon als Zufluchtsort ge- plagter Sklaven eben so wie Munychia vor. Hesych Lekhaion.
5 Steph. B. Khios. Pollux a. O. Etym. Gud. 165, 53., wo thetes, gumnetes, (für gumnesioi) penestai, pelatai, (durch Irr- thum für klarotai) korunephoroi, kallikurioi zusammengestellt werden.
6 S. oben S. 42, 2.
Spottname. Daß es aber auch hier, wie in Argos, Buͤrger gab, die von Urſprung Nicht-Dorier waren, erweist das Vorkommen einer vierten Phyle außer den drei Doriſchen 1.
3.
In Korinth und Sikyon ſcheint keine voll- kommene Scheidung der Dorier und Nicht-Dorier durchgeſetzt worden zu ſein. Beſonders in der erſtge- nannten Stadt mußten ſich die Einwohner mit den aͤltern Beſitzern vergleichen, und wurden wohl nur zum Mitbeſitz des Landes durch neue Vertheilung (ἐπ̕ ἀνα- δασμῷ) aufgenommen. Daher kommt es, daß in Ko- rinth nicht bloß die drei Doriſchen Phylen, von denen bald die Rede ſein wird, ſondern im Ganzen acht wa- ren, welche alle die Stadt bewohnten 2. Auch waren ſelbſt die Kypſeliden keine Dorier, und doch ſchon, ehe ſie Tyrannen wurden, angeſehene Buͤrger. Einen Ko- rinthiſchen Helotenſtand kann man in den Kynophaloi finden 3, denen die Hundsmuͤtze der Peloponneſiſchen Ureinwohner wieder den Namen gegeben hatte. In- deß uͤberwog hier, als in einem Handelsſtaate, ſehr bald die eigentliche Sklaverei, deren Verhaͤltniſſe wir uns nach den Atheniſchen denken duͤrfen 4. In Si- kyon gab es Leibeigene, von denen uns die Namen Korynephoren 5 und Katonakophoren erhalten ſind 6. Der erſte bezeichnet ſie als leichtbewaffnete Knappen, der zweite als beſtaͤndige Landbewohner. Die Buͤrger-
1 K. 5.
2 Πάντα ὀκτώ. Suidas (in Schotts Prov. 11, 64.) Apoſtol. 15, 67.
3 Heſych. Nach Iſ. Voſſ. Κυνό- φυλοι.
4 So kommt der Hafen Lechaͤon als Zufluchtsort ge- plagter Sklaven eben ſo wie Munychia vor. Heſych Λέχαιον.
5 Steph. B. Χίος. Pollux a. O. Etym. Gud. 165, 53., wo ϑῆτες, γυμνῆτες, (fuͤr γυμνήσιοι) πενέσται, πελάται, (durch Irr- thum fuͤr κλαϱόται) κοϱυνηφόϱοι, καλλικύϱιοι zuſammengeſtellt werden.
6 S. oben S. 42, 2.
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drei Doriſchen 1.
3.
In Korinth und Sikyon ſcheint keine voll-
kommene Scheidung der Dorier und Nicht-Dorier
durchgeſetzt worden zu ſein. Beſonders in der erſtge-
nannten Stadt mußten ſich die Einwohner mit den
aͤltern Beſitzern vergleichen, und wurden wohl nur zum
Mitbeſitz des Landes durch neue Vertheilung (ἐπ̕ ἀνα-
δασμῷ) aufgenommen. Daher kommt es, daß in Ko-
rinth nicht bloß die drei Doriſchen Phylen, von denen
bald die Rede ſein wird, ſondern im Ganzen acht wa-
ren, welche alle die Stadt bewohnten 2. Auch waren
ſelbſt die Kypſeliden keine Dorier, und doch ſchon, ehe
ſie Tyrannen wurden, angeſehene Buͤrger. Einen Ko-
rinthiſchen Helotenſtand kann man in den Kynophaloi
finden 3, denen die Hundsmuͤtze der Peloponneſiſchen
Ureinwohner wieder den Namen gegeben hatte. In-
deß uͤberwog hier, als in einem Handelsſtaate, ſehr
bald die eigentliche Sklaverei, deren Verhaͤltniſſe wir
uns nach den Atheniſchen denken duͤrfen 4. In Si-
kyon gab es Leibeigene, von denen uns die Namen
Korynephoren 5 und Katonakophoren erhalten ſind 6.
Der erſte bezeichnet ſie als leichtbewaffnete Knappen,
der zweite als beſtaͤndige Landbewohner. Die Buͤrger-
1 K. 5.
2 Πάντα ὀκτώ. Suidas (in Schotts Prov.
11, 64.) Apoſtol. 15, 67.
3 Heſych. Nach Iſ. Voſſ. Κυνό-
φυλοι.
4 So kommt der Hafen Lechaͤon als Zufluchtsort ge-
plagter Sklaven eben ſo wie Munychia vor. Heſych Λέχαιον.
5 Steph. B. Χίος. Pollux a. O. Etym. Gud. 165, 53., wo
ϑῆτες, γυμνῆτες, (fuͤr γυμνήσιοι) πενέσται, πελάται, (durch Irr-
thum fuͤr κλαϱόται) κοϱυνηφόϱοι, καλλικύϱιοι zuſammengeſtellt
werden.
6 S. oben S. 42, 2.
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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/65>, abgerufen am 29.12.2024.
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