Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

Spartiaten würdigen, Erklärung gegen den Satrapen
Tissaphernes 1; die Klugheit endlich, die ein voreiliges
Losbrechen der Jonier gegen Persien zu verhüten suchte,
wenn auch umsonst 2.

6.

Kreta's Blüthe liegt auch in Hinsicht der
Sitte dem historisch bekannten Zeitraume voraus; und
mit der frühzeitigen Entartung oder Auflösung der al-
ten Institute trat Roheit und Verfall in jeder Hin-
sicht ein. Von der Seeherrschaft mythischer Zeiten
blieb nur Seeräuberei über; der Staatenverfassung
fehlte der Mittelpunkt des Principats Einer Stadt;
schon unter Alkamenes fuchte Sparta die innern Zwi-
ste der Städte zu schlichten, nach deren Beispiele es
ein Jahrhundert vorher seine eigne Verfassung geord-
net hatte. Doch büßten die Kreter ihre Streitlust noch
nicht an ihren innern Fehden, sondern zogen seit frü-
her Zeit als Miethstruppen umher; gewiß auch ein
Grund der innern Zerrüttung, die das weiland herrli-
che Eiland nachmals so gleichgültig für Griechenlands
Geschichte macht. Ist der Vers des alten Propheten
ächt: so schalt Epimenides schon Ol. 45. seine Lands-
leute beständige Lügner, böse Unthiere und faule Bäu-
che. Doch bewahrten immer noch einzelne Städte, zu
denen vor allen das Spartiatische Lyktos gehört, mit
den alten Instituten die edle und reine Sitte bessrer
Zeiten 4.


3
1 8, 43.
2 8, 84.
4 S.
oben S. 134. daher Polyb. 4, 54, 6. die Lyktier für die besten
Männer in Kreta erklärt. Sie sollten auch die Epikureer aus ih-
rer Stadt getrieben haben, Suid. 1. p. 815. der einen nomos te
epikhoria phone erwähnt, wohl eine Erfindung wie das Psephisma
gegen Timotheos.
3 Paus. 3, 2, 8.

Spartiaten wuͤrdigen, Erklaͤrung gegen den Satrapen
Tiſſaphernes 1; die Klugheit endlich, die ein voreiliges
Losbrechen der Jonier gegen Perſien zu verhuͤten ſuchte,
wenn auch umſonſt 2.

6.

Kreta’s Bluͤthe liegt auch in Hinſicht der
Sitte dem hiſtoriſch bekannten Zeitraume voraus; und
mit der fruͤhzeitigen Entartung oder Aufloͤſung der al-
ten Inſtitute trat Roheit und Verfall in jeder Hin-
ſicht ein. Von der Seeherrſchaft mythiſcher Zeiten
blieb nur Seeraͤuberei uͤber; der Staatenverfaſſung
fehlte der Mittelpunkt des Principats Einer Stadt;
ſchon unter Alkamenes fuchte Sparta die innern Zwi-
ſte der Staͤdte zu ſchlichten, nach deren Beiſpiele es
ein Jahrhundert vorher ſeine eigne Verfaſſung geord-
net hatte. Doch buͤßten die Kreter ihre Streitluſt noch
nicht an ihren innern Fehden, ſondern zogen ſeit fruͤ-
her Zeit als Miethstruppen umher; gewiß auch ein
Grund der innern Zerruͤttung, die das weiland herrli-
che Eiland nachmals ſo gleichguͤltig fuͤr Griechenlands
Geſchichte macht. Iſt der Vers des alten Propheten
aͤcht: ſo ſchalt Epimenides ſchon Ol. 45. ſeine Lands-
leute beſtaͤndige Luͤgner, boͤſe Unthiere und faule Baͤu-
che. Doch bewahrten immer noch einzelne Staͤdte, zu
denen vor allen das Spartiatiſche Lyktos gehoͤrt, mit
den alten Inſtituten die edle und reine Sitte beſſrer
Zeiten 4.


3
1 8, 43.
2 8, 84.
4 S.
oben S. 134. daher Polyb. 4, 54, 6. die Lyktier fuͤr die beſten
Maͤnner in Kreta erklaͤrt. Sie ſollten auch die Epikureer aus ih-
rer Stadt getrieben haben, Suid. 1. p. 815. der einen νόμος τῇ
έπιχωϱίᾳ φωνῇ erwaͤhnt, wohl eine Erfindung wie das Pſephisma
gegen Timotheos.
3 Pauſ. 3, 2, 8.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0418" n="412"/>
Spartiaten wu&#x0364;rdigen, Erkla&#x0364;rung gegen den Satrapen<lb/>
Ti&#x017F;&#x017F;aphernes <note place="foot" n="1">8, 43.</note>; die Klugheit endlich, die ein voreiliges<lb/>
Losbrechen der Jonier gegen Per&#x017F;ien zu verhu&#x0364;ten &#x017F;uchte,<lb/>
wenn auch um&#x017F;on&#x017F;t <note place="foot" n="2">8, 84.</note>.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>6.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Kreta&#x2019;s</hi> Blu&#x0364;the liegt auch in Hin&#x017F;icht der<lb/>
Sitte dem hi&#x017F;tori&#x017F;ch bekannten Zeitraume voraus; und<lb/>
mit der fru&#x0364;hzeitigen Entartung oder Auflo&#x0364;&#x017F;ung der al-<lb/>
ten In&#x017F;titute trat Roheit und Verfall in jeder Hin-<lb/>
&#x017F;icht ein. Von der Seeherr&#x017F;chaft mythi&#x017F;cher Zeiten<lb/>
blieb nur Seera&#x0364;uberei u&#x0364;ber; der Staatenverfa&#x017F;&#x017F;ung<lb/>
fehlte der Mittelpunkt des Principats <hi rendition="#g">Einer</hi> Stadt;<lb/>
&#x017F;chon unter Alkamenes fuchte Sparta die innern Zwi-<lb/>
&#x017F;te der Sta&#x0364;dte zu &#x017F;chlichten, nach deren Bei&#x017F;piele es<lb/>
ein Jahrhundert vorher &#x017F;eine eigne Verfa&#x017F;&#x017F;ung geord-<lb/>
net hatte. Doch bu&#x0364;ßten die Kreter ihre Streitlu&#x017F;t noch<lb/>
nicht an ihren innern Fehden, &#x017F;ondern zogen &#x017F;eit fru&#x0364;-<lb/>
her Zeit als Miethstruppen umher; gewiß auch ein<lb/>
Grund der innern Zerru&#x0364;ttung, die das weiland herrli-<lb/>
che Eiland nachmals &#x017F;o gleichgu&#x0364;ltig fu&#x0364;r Griechenlands<lb/>
Ge&#x017F;chichte macht. I&#x017F;t der Vers des alten Propheten<lb/>
a&#x0364;cht: &#x017F;o &#x017F;chalt Epimenides &#x017F;chon Ol. 45. &#x017F;eine Lands-<lb/>
leute be&#x017F;ta&#x0364;ndige Lu&#x0364;gner, bo&#x0364;&#x017F;e Unthiere und faule Ba&#x0364;u-<lb/>
che. Doch bewahrten immer noch einzelne Sta&#x0364;dte, zu<lb/>
denen vor allen das Spartiati&#x017F;che Lyktos geho&#x0364;rt, mit<lb/>
den alten In&#x017F;tituten die edle und reine Sitte be&#x017F;&#x017F;rer<lb/>
Zeiten <note place="foot" n="4">S.<lb/>
oben S. 134. daher Polyb. 4, 54, 6. die Lyktier fu&#x0364;r die be&#x017F;ten<lb/>
Ma&#x0364;nner in Kreta erkla&#x0364;rt. Sie &#x017F;ollten auch die Epikureer aus ih-<lb/>
rer Stadt getrieben haben, Suid. 1. <hi rendition="#aq">p.</hi> 815. der einen &#x03BD;&#x03CC;&#x03BC;&#x03BF;&#x03C2; &#x03C4;&#x1FC7;<lb/>
&#x03AD;&#x03C0;&#x03B9;&#x03C7;&#x03C9;&#x03F1;&#x03AF;&#x1FB3; &#x03C6;&#x03C9;&#x03BD;&#x1FC7; erwa&#x0364;hnt, wohl eine Erfindung wie das P&#x017F;ephisma<lb/>
gegen Timotheos.</note>.</p><lb/>
            <note place="foot" n="3">Pau&#x017F;. 3, 2, 8.</note><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[412/0418] Spartiaten wuͤrdigen, Erklaͤrung gegen den Satrapen Tiſſaphernes 1; die Klugheit endlich, die ein voreiliges Losbrechen der Jonier gegen Perſien zu verhuͤten ſuchte, wenn auch umſonſt 2. 6. Kreta’s Bluͤthe liegt auch in Hinſicht der Sitte dem hiſtoriſch bekannten Zeitraume voraus; und mit der fruͤhzeitigen Entartung oder Aufloͤſung der al- ten Inſtitute trat Roheit und Verfall in jeder Hin- ſicht ein. Von der Seeherrſchaft mythiſcher Zeiten blieb nur Seeraͤuberei uͤber; der Staatenverfaſſung fehlte der Mittelpunkt des Principats Einer Stadt; ſchon unter Alkamenes fuchte Sparta die innern Zwi- ſte der Staͤdte zu ſchlichten, nach deren Beiſpiele es ein Jahrhundert vorher ſeine eigne Verfaſſung geord- net hatte. Doch buͤßten die Kreter ihre Streitluſt noch nicht an ihren innern Fehden, ſondern zogen ſeit fruͤ- her Zeit als Miethstruppen umher; gewiß auch ein Grund der innern Zerruͤttung, die das weiland herrli- che Eiland nachmals ſo gleichguͤltig fuͤr Griechenlands Geſchichte macht. Iſt der Vers des alten Propheten aͤcht: ſo ſchalt Epimenides ſchon Ol. 45. ſeine Lands- leute beſtaͤndige Luͤgner, boͤſe Unthiere und faule Baͤu- che. Doch bewahrten immer noch einzelne Staͤdte, zu denen vor allen das Spartiatiſche Lyktos gehoͤrt, mit den alten Inſtituten die edle und reine Sitte beſſrer Zeiten 4. 3 1 8, 43. 2 8, 84. 4 S. oben S. 134. daher Polyb. 4, 54, 6. die Lyktier fuͤr die beſten Maͤnner in Kreta erklaͤrt. Sie ſollten auch die Epikureer aus ih- rer Stadt getrieben haben, Suid. 1. p. 815. der einen νόμος τῇ έπιχωϱίᾳ φωνῇ erwaͤhnt, wohl eine Erfindung wie das Pſephisma gegen Timotheos. 3 Pauſ. 3, 2, 8.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/418
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/418>, abgerufen am 03.12.2024.