Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

mos Frauen mit 1. -- Wie viele Lyriker nur ihre Zeit,
wie viele nur ihre Heimat kannte: mögen wir daraus
abnehmen, daß Pindaros einen Aegineten besingend
ganz beiläufig zwey Sänger eines und desselben Ge-
schlechts, die Theandriden Timokritos und Euphanes,
erwähnt 2; uns sind von Dorischen Städten außer den
schon beiläufig angeführten noch bekannt geworden: der
heitere Dichter und Musiker Lasos von Hermione, der
den Dithyramb nach Arion und die Aeolische Tonart
vor Pindar ausgebildet, der Sikyonische Päanendich-
ter Ariphron, von Rhodos der Weise Kleobul, der
zugleich Lyriker, und das eigenthümliche Genie des
Timokreon, der die Dorische Kithar zur heftigen Satire
gegen Simonides und Themistokles spannte, gegen den
letztern durch Athens wirklich ungerechtes Verfahren
auf den Inseln aufgebracht 3: Spätre übergehn wir.

11.

Hiermit ist freilich weiter nichts gesagt, als
die Thatsache fixirt, daß die chorische Lyrik besonders
und vorzugsweise bei den Doriern heimisch war. Wo-
von
diese wiederum abhange und abzuleiten sei, kann
eigentlich nur eine Geschichte der hellenischen Lyrik
überhaupt lehren -- eine der schönsten aber auch schwie-
rigsten Leistungen, die unsre Zeit erwartet. Indeß
nöthigt der Zusammenhang dieses Buchs hier eine An-
sicht aufzustellen, der die Kürze des Vortrags und der
geringe Anspruch, den sie an dieser Stelle macht, zur
Entschuldigung gereichen möge. Erstens glaube ich,
werden wir den Weg derer ganz verlassen müssen, die
durch stetigen Fortgang aus dem Epos die Lyrik ent-
wickeln wollen. Das Epos aus der Achäischen Epoche

1 Plut. Sympos. 5, 2. p. 206.
2 Aegin. p. 143. vgl.
Dissen Expl. p. 381.
3 S. oben S. 148, 1. übrigens Fa-
ricius.

mos Frauen mit 1. — Wie viele Lyriker nur ihre Zeit,
wie viele nur ihre Heimat kannte: moͤgen wir daraus
abnehmen, daß Pindaros einen Aegineten beſingend
ganz beilaͤufig zwey Saͤnger eines und deſſelben Ge-
ſchlechts, die Theandriden Timokritos und Euphanes,
erwaͤhnt 2; uns ſind von Doriſchen Staͤdten außer den
ſchon beilaͤufig angefuͤhrten noch bekannt geworden: der
heitere Dichter und Muſiker Laſos von Hermione, der
den Dithyramb nach Arion und die Aeoliſche Tonart
vor Pindar ausgebildet, der Sikyoniſche Paͤanendich-
ter Ariphron, von Rhodos der Weiſe Kleobul, der
zugleich Lyriker, und das eigenthuͤmliche Genie des
Timokreon, der die Doriſche Kithar zur heftigen Satire
gegen Simonides und Themiſtokles ſpannte, gegen den
letztern durch Athens wirklich ungerechtes Verfahren
auf den Inſeln aufgebracht 3: Spaͤtre uͤbergehn wir.

11.

Hiermit iſt freilich weiter nichts geſagt, als
die Thatſache fixirt, daß die choriſche Lyrik beſonders
und vorzugsweiſe bei den Doriern heimiſch war. Wo-
von
dieſe wiederum abhange und abzuleiten ſei, kann
eigentlich nur eine Geſchichte der helleniſchen Lyrik
uͤberhaupt lehren — eine der ſchoͤnſten aber auch ſchwie-
rigſten Leiſtungen, die unſre Zeit erwartet. Indeß
noͤthigt der Zuſammenhang dieſes Buchs hier eine An-
ſicht aufzuſtellen, der die Kuͤrze des Vortrags und der
geringe Anſpruch, den ſie an dieſer Stelle macht, zur
Entſchuldigung gereichen moͤge. Erſtens glaube ich,
werden wir den Weg derer ganz verlaſſen muͤſſen, die
durch ſtetigen Fortgang aus dem Epos die Lyrik ent-
wickeln wollen. Das Epos aus der Achaͤiſchen Epoche

1 Plut. Sympoſ. 5, 2. p. 206.
2 Aegin. p. 143. vgl.
Diſſen Expl. p. 381.
3 S. oben S. 148, 1. uͤbrigens Fa-
ricius.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0381" n="375"/>
mos Frauen mit <note place="foot" n="1">Plut. Sympo&#x017F;. 5, 2. <hi rendition="#aq">p.</hi> 206.</note>. &#x2014; Wie viele Lyriker nur ihre Zeit,<lb/>
wie viele nur ihre Heimat kannte: mo&#x0364;gen wir daraus<lb/>
abnehmen, daß Pindaros einen Aegineten be&#x017F;ingend<lb/>
ganz beila&#x0364;ufig zwey Sa&#x0364;nger eines und de&#x017F;&#x017F;elben Ge-<lb/>
&#x017F;chlechts, die Theandriden Timokritos und Euphanes,<lb/>
erwa&#x0364;hnt <note place="foot" n="2"><hi rendition="#aq">Aegin. p.</hi> 143. vgl.<lb/>
Di&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">Expl. p.</hi> 381.</note>; uns &#x017F;ind von Dori&#x017F;chen Sta&#x0364;dten außer den<lb/>
&#x017F;chon beila&#x0364;ufig angefu&#x0364;hrten noch bekannt geworden: der<lb/>
heitere Dichter und Mu&#x017F;iker La&#x017F;os von Hermione, der<lb/>
den Dithyramb nach Arion und die Aeoli&#x017F;che Tonart<lb/>
vor Pindar ausgebildet, der Sikyoni&#x017F;che Pa&#x0364;anendich-<lb/>
ter Ariphron, von Rhodos der Wei&#x017F;e Kleobul, der<lb/>
zugleich Lyriker, und das eigenthu&#x0364;mliche Genie des<lb/>
Timokreon, der die Dori&#x017F;che Kithar zur heftigen Satire<lb/>
gegen Simonides und Themi&#x017F;tokles &#x017F;pannte, gegen den<lb/>
letztern durch Athens wirklich ungerechtes Verfahren<lb/>
auf den In&#x017F;eln aufgebracht <note place="foot" n="3">S. oben S. 148, 1. u&#x0364;brigens Fa-<lb/>
ricius.</note>: Spa&#x0364;tre u&#x0364;bergehn wir.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>11.</head><lb/>
            <p>Hiermit i&#x017F;t freilich weiter nichts ge&#x017F;agt, als<lb/>
die That&#x017F;ache fixirt, daß die chori&#x017F;che Lyrik be&#x017F;onders<lb/>
und vorzugswei&#x017F;e bei den Doriern heimi&#x017F;ch war. <hi rendition="#g">Wo-<lb/>
von</hi> die&#x017F;e wiederum abhange und abzuleiten &#x017F;ei, kann<lb/>
eigentlich nur eine Ge&#x017F;chichte der helleni&#x017F;chen Lyrik<lb/>
u&#x0364;berhaupt lehren &#x2014; eine der &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten aber auch &#x017F;chwie-<lb/>
rig&#x017F;ten Lei&#x017F;tungen, die un&#x017F;re Zeit erwartet. Indeß<lb/>
no&#x0364;thigt der Zu&#x017F;ammenhang die&#x017F;es Buchs hier eine An-<lb/>
&#x017F;icht aufzu&#x017F;tellen, der die Ku&#x0364;rze des Vortrags und der<lb/>
geringe An&#x017F;pruch, den &#x017F;ie an die&#x017F;er Stelle macht, zur<lb/>
Ent&#x017F;chuldigung gereichen mo&#x0364;ge. Er&#x017F;tens glaube ich,<lb/>
werden wir den Weg derer ganz verla&#x017F;&#x017F;en mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, die<lb/>
durch &#x017F;tetigen Fortgang aus dem Epos die Lyrik ent-<lb/>
wickeln wollen. Das Epos aus der Acha&#x0364;i&#x017F;chen Epoche<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[375/0381] mos Frauen mit 1. — Wie viele Lyriker nur ihre Zeit, wie viele nur ihre Heimat kannte: moͤgen wir daraus abnehmen, daß Pindaros einen Aegineten beſingend ganz beilaͤufig zwey Saͤnger eines und deſſelben Ge- ſchlechts, die Theandriden Timokritos und Euphanes, erwaͤhnt 2; uns ſind von Doriſchen Staͤdten außer den ſchon beilaͤufig angefuͤhrten noch bekannt geworden: der heitere Dichter und Muſiker Laſos von Hermione, der den Dithyramb nach Arion und die Aeoliſche Tonart vor Pindar ausgebildet, der Sikyoniſche Paͤanendich- ter Ariphron, von Rhodos der Weiſe Kleobul, der zugleich Lyriker, und das eigenthuͤmliche Genie des Timokreon, der die Doriſche Kithar zur heftigen Satire gegen Simonides und Themiſtokles ſpannte, gegen den letztern durch Athens wirklich ungerechtes Verfahren auf den Inſeln aufgebracht 3: Spaͤtre uͤbergehn wir. 11. Hiermit iſt freilich weiter nichts geſagt, als die Thatſache fixirt, daß die choriſche Lyrik beſonders und vorzugsweiſe bei den Doriern heimiſch war. Wo- von dieſe wiederum abhange und abzuleiten ſei, kann eigentlich nur eine Geſchichte der helleniſchen Lyrik uͤberhaupt lehren — eine der ſchoͤnſten aber auch ſchwie- rigſten Leiſtungen, die unſre Zeit erwartet. Indeß noͤthigt der Zuſammenhang dieſes Buchs hier eine An- ſicht aufzuſtellen, der die Kuͤrze des Vortrags und der geringe Anſpruch, den ſie an dieſer Stelle macht, zur Entſchuldigung gereichen moͤge. Erſtens glaube ich, werden wir den Weg derer ganz verlaſſen muͤſſen, die durch ſtetigen Fortgang aus dem Epos die Lyrik ent- wickeln wollen. Das Epos aus der Achaͤiſchen Epoche 1 Plut. Sympoſ. 5, 2. p. 206. 2 Aegin. p. 143. vgl. Diſſen Expl. p. 381. 3 S. oben S. 148, 1. uͤbrigens Fa- ricius.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/381
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/381>, abgerufen am 21.11.2024.