stammenden Hellenen, die auf angeborne Hoheit der Gesinnung und Kraft der Seele stolz, noch wenig durch Berührung mit Fremden gesänftigt waren.
3.
Wie in allen andern Kreisen des Lebens, so waren auch in der Musik die Dorier durchaus Freun- de des Alten; und auch hierin stellt Sparta die ei- gentliche Norm Dorischer Sitte auf 1. Nicht als wenn es aus Grundsatz der Vervollkommnung und Ausbil- dung durchaus gewehrt, und sie überall von sich ge- stoßen hätte, aber es wollte, daß jede Neuerung erst als eine Vervollkommnung anerkannt sei, ehe sie in den gemeinen Gebrauch und die Erziehung überginge. Dadurch mußte es nothwendig geschehen, daß die öf- fentlich geübte Musik in Sparta gewissermaßen stoß- weise fortschritt: womit die Nachrichten von verschied- nen Gesetzgebungen und Anordnungen der Musik sehr wohl stimmen, die uns ein alter Schriftsteller 2 auf- bewahrt hat. Da Terpandros, Derdenes Sohn, ein Antissäer von Lesbos, vier mal in den Pythischen Spielen, und außerdem in den Karneen Spartas -- in denen darum die Musiker seiner Schule lange Zeit den Vorrang hatten 3 --, den Preis davon getragen, und zugleich die unruhige und leidende Stadt durch die Feierlichkeit und Salbung seiner Gesänge beruhigt und gesühnt hatte 4: war die Bewunderung und An-
1 S. Athen. 14, 632. aus Herakl. Pont.
2 Der sog. Plutarch in der überaus kundigen und gelehrten Schrift von der Musik 9.
3 S. Aristot. u. Ael. Dionys. bei Eust. 9. p. 741, 15. Herakl. Pont. 2. Plut. de sera 13. Hesych meta Lesbion odon, Apostol. 12, 70. u. Aa. Nach Plut. Musik 6. war der letzte der Schule, der in den Karneen austrat, Perikleidas, der noch vor Hipponar lebte; dann hat Ael. Dionys. Unrecht, Euänetides und Aristokleides beizubringen, von denen dieser sicher jünger war; Phrynis gehört gar nicht mehr hieher.
4 S. Diod. Frgm.
ſtammenden Hellenen, die auf angeborne Hoheit der Geſinnung und Kraft der Seele ſtolz, noch wenig durch Beruͤhrung mit Fremden geſaͤnftigt waren.
3.
Wie in allen andern Kreiſen des Lebens, ſo waren auch in der Muſik die Dorier durchaus Freun- de des Alten; und auch hierin ſtellt Sparta die ei- gentliche Norm Doriſcher Sitte auf 1. Nicht als wenn es aus Grundſatz der Vervollkommnung und Ausbil- dung durchaus gewehrt, und ſie uͤberall von ſich ge- ſtoßen haͤtte, aber es wollte, daß jede Neuerung erſt als eine Vervollkommnung anerkannt ſei, ehe ſie in den gemeinen Gebrauch und die Erziehung uͤberginge. Dadurch mußte es nothwendig geſchehen, daß die oͤf- fentlich geuͤbte Muſik in Sparta gewiſſermaßen ſtoß- weiſe fortſchritt: womit die Nachrichten von verſchied- nen Geſetzgebungen und Anordnungen der Muſik ſehr wohl ſtimmen, die uns ein alter Schriftſteller 2 auf- bewahrt hat. Da Terpandros, Derdenes Sohn, ein Antiſſaͤer von Lesbos, vier mal in den Pythiſchen Spielen, und außerdem in den Karneen Spartas — in denen darum die Muſiker ſeiner Schule lange Zeit den Vorrang hatten 3 —, den Preis davon getragen, und zugleich die unruhige und leidende Stadt durch die Feierlichkeit und Salbung ſeiner Geſaͤnge beruhigt und geſuͤhnt hatte 4: war die Bewunderung und An-
1 S. Athen. 14, 632. aus Herakl. Pont.
2 Der ſog. Plutarch in der uͤberaus kundigen und gelehrten Schrift von der Muſik 9.
3 S. Ariſtot. u. Ael. Dionyſ. bei Euſt. 9. p. 741, 15. Herakl. Pont. 2. Plut. de sera 13. Heſych μετὰ Λέσβιον ᾠδόν, Apoſtol. 12, 70. u. Aa. Nach Plut. Muſik 6. war der letzte der Schule, der in den Karneen auſtrat, Perikleidas, der noch vor Hipponar lebte; dann hat Ael. Dionyſ. Unrecht, Euaͤnetides und Ariſtokleides beizubringen, von denen dieſer ſicher juͤnger war; Phrynis gehoͤrt gar nicht mehr hieher.
4 S. Diod. Frgm.
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ſtammenden Hellenen, die auf angeborne Hoheit der
Geſinnung und Kraft der Seele ſtolz, noch wenig durch
Beruͤhrung mit Fremden geſaͤnftigt waren.
3.
Wie in allen andern Kreiſen des Lebens, ſo
waren auch in der Muſik die Dorier durchaus Freun-
de des Alten; und auch hierin ſtellt Sparta die ei-
gentliche Norm Doriſcher Sitte auf 1. Nicht als wenn
es aus Grundſatz der Vervollkommnung und Ausbil-
dung durchaus gewehrt, und ſie uͤberall von ſich ge-
ſtoßen haͤtte, aber es wollte, daß jede Neuerung erſt
als eine Vervollkommnung anerkannt ſei, ehe ſie in
den gemeinen Gebrauch und die Erziehung uͤberginge.
Dadurch mußte es nothwendig geſchehen, daß die oͤf-
fentlich geuͤbte Muſik in Sparta gewiſſermaßen ſtoß-
weiſe fortſchritt: womit die Nachrichten von verſchied-
nen Geſetzgebungen und Anordnungen der Muſik ſehr
wohl ſtimmen, die uns ein alter Schriftſteller 2 auf-
bewahrt hat. Da Terpandros, Derdenes Sohn,
ein Antiſſaͤer von Lesbos, vier mal in den Pythiſchen
Spielen, und außerdem in den Karneen Spartas —
in denen darum die Muſiker ſeiner Schule lange Zeit
den Vorrang hatten 3 —, den Preis davon getragen,
und zugleich die unruhige und leidende Stadt durch
die Feierlichkeit und Salbung ſeiner Geſaͤnge beruhigt
und geſuͤhnt hatte 4: war die Bewunderung und An-
1 S. Athen. 14, 632. aus Herakl. Pont.
2 Der ſog.
Plutarch in der uͤberaus kundigen und gelehrten Schrift von der
Muſik 9.
3 S. Ariſtot. u. Ael. Dionyſ. bei Euſt. 9. p. 741,
15. Herakl. Pont. 2. Plut. de sera 13. Heſych μετὰ Λέσβιον
ᾠδόν, Apoſtol. 12, 70. u. Aa. Nach Plut. Muſik 6. war der letzte
der Schule, der in den Karneen auſtrat, Perikleidas, der noch vor
Hipponar lebte; dann hat Ael. Dionyſ. Unrecht, Euaͤnetides und
Ariſtokleides beizubringen, von denen dieſer ſicher juͤnger war;
Phrynis gehoͤrt gar nicht mehr hieher.
4 S. Diod. Frgm.
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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/326>, abgerufen am 17.02.2025.
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