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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

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ta's junge Leute 1 das ganze Jahr hindurch ohne Chi-
ton zu tragen durch die Sitte verbunden waren 2, der
auch ältere Männer (wie die Lakonizonten Athens) sich
oft freiwillig unterzogen.

5.

Wie im Attischen Leben schon die Art, die Ge-
wänder zu tragen -- und in der That ist es bewun-
dernswürdig, wie mannigfache Veränderungen und wie
feine Nüancen so wenige und einfache Kleidungsstücke
zuließen -- die Bildung und Lebensart eines Jeglichen
anzeigte, und den Urbanen und liberal Erzogenen allein
schon erkennen ließ: so sprach sich auch Dorische Zucht
und Sitte im Umwurfe der Kleidung auf eine bestimmte
und deutliche Weise aus. So war es zum Beispiel
in Griechenland ein allgemeiner Grundsatz: die Ar-
me im Gewande zu halten, sei Zeichen von Beschei-
denheit (daher auch Athens Redner in älterer Zeit we-
nigstens die linke Hand nie außerhalb hatten) 3, und
dem gemäß sah man die Jünglinge von Sparta, ähn-
lich den Römischen im ersten Jahre der Civität, auf
der Straße nie anders, als beide Hände im Mantel
mit gesenkten Augen still vor sich herschreiten: wie Xe-
nophon sagt 4, an Schweigsamkeit und Unbeweglichkeit
der Augen Bildsäulen gleich und schamhafter als Jung-
frauen im Brautgemach. Gerade so findet man aber
auch die Jünglinge Unteritaliens, zum Theil Dorischer
Städte, auf Vasengemälden sehr häufig dargestellt,
nämlich die Arme unter dem Gewande um die Brust
geschlagen, wodurch der stark vorstehende Faltenbausch
zunächst dem Halse entsteht 5.


1 vom zwölften Jahre an, Plut. Lyk. 16.
2 Lac.
Inst. p.
247. Lak. Apophth. p. 178. Xen. Staat 2, 4. Justin.
3, 3. Eben so in Kreta, Herakl. Pont. 3. Ephor. bei Str. 10,
483.
3 Taylor ad Aeschin. in Timarch. p. 59.
4 Staat
3, 5. citirt von Longin p. ups. 4, 1. p. 114.
5 vgl. Bötti-

ta’s junge Leute 1 das ganze Jahr hindurch ohne Chi-
ton zu tragen durch die Sitte verbunden waren 2, der
auch aͤltere Maͤnner (wie die Lakonizonten Athens) ſich
oft freiwillig unterzogen.

5.

Wie im Attiſchen Leben ſchon die Art, die Ge-
waͤnder zu tragen — und in der That iſt es bewun-
dernswuͤrdig, wie mannigfache Veraͤnderungen und wie
feine Nuͤancen ſo wenige und einfache Kleidungsſtuͤcke
zuließen — die Bildung und Lebensart eines Jeglichen
anzeigte, und den Urbanen und liberal Erzogenen allein
ſchon erkennen ließ: ſo ſprach ſich auch Doriſche Zucht
und Sitte im Umwurfe der Kleidung auf eine beſtimmte
und deutliche Weiſe aus. So war es zum Beiſpiel
in Griechenland ein allgemeiner Grundſatz: die Ar-
me im Gewande zu halten, ſei Zeichen von Beſchei-
denheit (daher auch Athens Redner in aͤlterer Zeit we-
nigſtens die linke Hand nie außerhalb hatten) 3, und
dem gemaͤß ſah man die Juͤnglinge von Sparta, aͤhn-
lich den Roͤmiſchen im erſten Jahre der Civitaͤt, auf
der Straße nie anders, als beide Haͤnde im Mantel
mit geſenkten Augen ſtill vor ſich herſchreiten: wie Xe-
nophon ſagt 4, an Schweigſamkeit und Unbeweglichkeit
der Augen Bildſaͤulen gleich und ſchamhafter als Jung-
frauen im Brautgemach. Gerade ſo findet man aber
auch die Juͤnglinge Unteritaliens, zum Theil Doriſcher
Staͤdte, auf Vaſengemaͤlden ſehr haͤufig dargeſtellt,
naͤmlich die Arme unter dem Gewande um die Bruſt
geſchlagen, wodurch der ſtark vorſtehende Faltenbauſch
zunaͤchſt dem Halſe entſteht 5.


1 vom zwoͤlften Jahre an, Plut. Lyk. 16.
2 Lac.
Inst. p.
247. Lak. Apophth. p. 178. Xen. Staat 2, 4. Juſtin.
3, 3. Eben ſo in Kreta, Herakl. Pont. 3. Ephor. bei Str. 10,
483.
3 Taylor ad Aeschin. in Timarch. p. 59.
4 Staat
3, 5. citirt von Longin π. ὑψ. 4, 1. p. 114.
5 vgl. Boͤtti-
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[268/0274] ta’s junge Leute 1 das ganze Jahr hindurch ohne Chi- ton zu tragen durch die Sitte verbunden waren 2, der auch aͤltere Maͤnner (wie die Lakonizonten Athens) ſich oft freiwillig unterzogen. 5. Wie im Attiſchen Leben ſchon die Art, die Ge- waͤnder zu tragen — und in der That iſt es bewun- dernswuͤrdig, wie mannigfache Veraͤnderungen und wie feine Nuͤancen ſo wenige und einfache Kleidungsſtuͤcke zuließen — die Bildung und Lebensart eines Jeglichen anzeigte, und den Urbanen und liberal Erzogenen allein ſchon erkennen ließ: ſo ſprach ſich auch Doriſche Zucht und Sitte im Umwurfe der Kleidung auf eine beſtimmte und deutliche Weiſe aus. So war es zum Beiſpiel in Griechenland ein allgemeiner Grundſatz: die Ar- me im Gewande zu halten, ſei Zeichen von Beſchei- denheit (daher auch Athens Redner in aͤlterer Zeit we- nigſtens die linke Hand nie außerhalb hatten) 3, und dem gemaͤß ſah man die Juͤnglinge von Sparta, aͤhn- lich den Roͤmiſchen im erſten Jahre der Civitaͤt, auf der Straße nie anders, als beide Haͤnde im Mantel mit geſenkten Augen ſtill vor ſich herſchreiten: wie Xe- nophon ſagt 4, an Schweigſamkeit und Unbeweglichkeit der Augen Bildſaͤulen gleich und ſchamhafter als Jung- frauen im Brautgemach. Gerade ſo findet man aber auch die Juͤnglinge Unteritaliens, zum Theil Doriſcher Staͤdte, auf Vaſengemaͤlden ſehr haͤufig dargeſtellt, naͤmlich die Arme unter dem Gewande um die Bruſt geſchlagen, wodurch der ſtark vorſtehende Faltenbauſch zunaͤchſt dem Halſe entſteht 5. 1 vom zwoͤlften Jahre an, Plut. Lyk. 16. 2 Lac. Inst. p. 247. Lak. Apophth. p. 178. Xen. Staat 2, 4. Juſtin. 3, 3. Eben ſo in Kreta, Herakl. Pont. 3. Ephor. bei Str. 10, 483. 3 Taylor ad Aeschin. in Timarch. p. 59. 4 Staat 3, 5. citirt von Longin π. ὑψ. 4, 1. p. 114. 5 vgl. Boͤtti-

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/274>, abgerufen am 21.11.2024.