Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

10.
1.

Nachdem wir bis hieher die Verhältnisse der Per-
sonen
des Staats unter einander in Beziehung auf
die Regierung und Leitung des Ganzen in Betracht ge-
zogen: kommen wir zu denjenigen, die sich aus der
Beziehung der Personen zu den Gütern ergeben: zu
der Lehre von der Haushaltung. Wie einfach diese
im Dorischen Staate sein müsse, geht daraus hervor,
daß es eben dieses Staates Zweck ist, aus den be-
zeichneten Verhältnissen alles Willkührliche und Zufälli-
ge zu entfernen, und die Güter dadurch, daß sie kein
Objekt freier Thätigkeit sind, dem, nur für ethische
Tüchtigkeit auszubildenden, Gemüthe gleichgültig zu ma-
chen: daher wenigstens den Herrschern des Staats,
den eigentlichen Spartiaten, alle Erwerbthätigkeit mit
ihrer Freude wie mit ihrer Noth entzogen werden
mußte 1. Da also auch nach diesem Grundsatze den Ein-
zelnen möglichst wenig Freiheit in der Benutzung der
Güter zu gestatten, und dagegen dem Staate eine sehr
große Einwirkung darauf einzuräumen war: so ist
schon einzusehen, wie in einem solchen Staate öffent-
liche und Privatökonomie nicht streng gesondert sein
konnten, sondern beide durcheinander laufen mußten:
daher wir sie auch bei dieser Betrachtung nicht zu schei-
den versuchen wollen.


1 S. 27.

10.
1.

Nachdem wir bis hieher die Verhaͤltniſſe der Per-
ſonen
des Staats unter einander in Beziehung auf
die Regierung und Leitung des Ganzen in Betracht ge-
zogen: kommen wir zu denjenigen, die ſich aus der
Beziehung der Perſonen zu den Guͤtern ergeben: zu
der Lehre von der Haushaltung. Wie einfach dieſe
im Doriſchen Staate ſein muͤſſe, geht daraus hervor,
daß es eben dieſes Staates Zweck iſt, aus den be-
zeichneten Verhaͤltniſſen alles Willkuͤhrliche und Zufaͤlli-
ge zu entfernen, und die Guͤter dadurch, daß ſie kein
Objekt freier Thaͤtigkeit ſind, dem, nur fuͤr ethiſche
Tuͤchtigkeit auszubildenden, Gemuͤthe gleichguͤltig zu ma-
chen: daher wenigſtens den Herrſchern des Staats,
den eigentlichen Spartiaten, alle Erwerbthaͤtigkeit mit
ihrer Freude wie mit ihrer Noth entzogen werden
mußte 1. Da alſo auch nach dieſem Grundſatze den Ein-
zelnen moͤglichſt wenig Freiheit in der Benutzung der
Guͤter zu geſtatten, und dagegen dem Staate eine ſehr
große Einwirkung darauf einzuraͤumen war: ſo iſt
ſchon einzuſehen, wie in einem ſolchen Staate oͤffent-
liche und Privatoͤkonomie nicht ſtreng geſondert ſein
konnten, ſondern beide durcheinander laufen mußten:
daher wir ſie auch bei dieſer Betrachtung nicht zu ſchei-
den verſuchen wollen.


1 S. 27.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0195" n="189"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>10.</head><lb/>
          <div n="3">
            <head>1.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">N</hi>achdem wir bis hieher die Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e der <hi rendition="#g">Per-<lb/>
&#x017F;onen</hi> des Staats unter einander in Beziehung auf<lb/>
die Regierung und Leitung des Ganzen in Betracht ge-<lb/>
zogen: kommen wir zu denjenigen, die &#x017F;ich aus der<lb/>
Beziehung der Per&#x017F;onen zu den <hi rendition="#g">Gu&#x0364;tern</hi> ergeben: zu<lb/>
der Lehre von der <hi rendition="#g">Haushaltung</hi>. Wie einfach die&#x017F;e<lb/>
im Dori&#x017F;chen Staate &#x017F;ein mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, geht daraus hervor,<lb/>
daß es eben die&#x017F;es Staates Zweck i&#x017F;t, aus den be-<lb/>
zeichneten Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en alles Willku&#x0364;hrliche und Zufa&#x0364;lli-<lb/>
ge zu entfernen, und die Gu&#x0364;ter dadurch, daß &#x017F;ie kein<lb/>
Objekt freier Tha&#x0364;tigkeit &#x017F;ind, dem, nur fu&#x0364;r ethi&#x017F;che<lb/>
Tu&#x0364;chtigkeit auszubildenden, Gemu&#x0364;the gleichgu&#x0364;ltig zu ma-<lb/>
chen: daher wenig&#x017F;tens den Herr&#x017F;chern des Staats,<lb/>
den eigentlichen Spartiaten, alle Erwerbtha&#x0364;tigkeit mit<lb/>
ihrer Freude wie mit ihrer Noth entzogen werden<lb/>
mußte <note place="foot" n="1">S. 27.</note>. Da al&#x017F;o auch nach die&#x017F;em Grund&#x017F;atze den Ein-<lb/>
zelnen mo&#x0364;glich&#x017F;t wenig Freiheit in der Benutzung der<lb/>
Gu&#x0364;ter zu ge&#x017F;tatten, und dagegen dem Staate eine &#x017F;ehr<lb/>
große Einwirkung darauf einzura&#x0364;umen war: &#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
&#x017F;chon einzu&#x017F;ehen, wie in einem &#x017F;olchen Staate o&#x0364;ffent-<lb/>
liche und Privato&#x0364;konomie nicht &#x017F;treng ge&#x017F;ondert &#x017F;ein<lb/>
konnten, &#x017F;ondern beide durcheinander laufen mußten:<lb/>
daher wir &#x017F;ie auch bei die&#x017F;er Betrachtung nicht zu &#x017F;chei-<lb/>
den ver&#x017F;uchen wollen.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[189/0195] 10. 1. Nachdem wir bis hieher die Verhaͤltniſſe der Per- ſonen des Staats unter einander in Beziehung auf die Regierung und Leitung des Ganzen in Betracht ge- zogen: kommen wir zu denjenigen, die ſich aus der Beziehung der Perſonen zu den Guͤtern ergeben: zu der Lehre von der Haushaltung. Wie einfach dieſe im Doriſchen Staate ſein muͤſſe, geht daraus hervor, daß es eben dieſes Staates Zweck iſt, aus den be- zeichneten Verhaͤltniſſen alles Willkuͤhrliche und Zufaͤlli- ge zu entfernen, und die Guͤter dadurch, daß ſie kein Objekt freier Thaͤtigkeit ſind, dem, nur fuͤr ethiſche Tuͤchtigkeit auszubildenden, Gemuͤthe gleichguͤltig zu ma- chen: daher wenigſtens den Herrſchern des Staats, den eigentlichen Spartiaten, alle Erwerbthaͤtigkeit mit ihrer Freude wie mit ihrer Noth entzogen werden mußte 1. Da alſo auch nach dieſem Grundſatze den Ein- zelnen moͤglichſt wenig Freiheit in der Benutzung der Guͤter zu geſtatten, und dagegen dem Staate eine ſehr große Einwirkung darauf einzuraͤumen war: ſo iſt ſchon einzuſehen, wie in einem ſolchen Staate oͤffent- liche und Privatoͤkonomie nicht ſtreng geſondert ſein konnten, ſondern beide durcheinander laufen mußten: daher wir ſie auch bei dieſer Betrachtung nicht zu ſchei- den verſuchen wollen. 1 S. 27.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/195
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/195>, abgerufen am 21.11.2024.