Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

Drittes Buch.
Staat der Dorier
.


1.
1.

Indem wir vom Dorischen Staate sprechen, müs-
sen wir gleich vornweg die Begriffe der Neuern über
Ursprung, Wesen und Zweck des Staats bei Seite
setzen, nach denen derselbe, wenn man den Meisten
folgt, eine Sicherungsanstalt der Existenz und Rechte
der in ihm enthaltenen Individuen ist. Der alten Vor-
stellung davon kommen wir näher, wenn wir uns be-
gnügen, den Staat als eine im Bewußtsein der Indi-
viduen anerkannte und durch Thätigkeiten, die auf das
Ganze Bezug haben, ausgesprochene Einheit zu fassen.
Diese Einheit kann aus keiner andern hervorgegangen
sein als einer durch Natur gegebenen, also der des
Volkes oder eines Stammes oder eines noch geringern
Gliedes desselben: wenn auch durch geschichtliche Um-
bildung die Begriffe Staat und Volk mehr auseinan-
der treten. Je strenger die Einheit ist, um desto mehr
Thätigkeit wird gemeinsam, um desto prägnanter der
Begriff des Staates. Wie er dieses bei den Griechen
[i]m Allgemeinen weit mehr war als bei den Neuern, so


Drittes Buch.
Staat der Dorier
.


1.
1.

Indem wir vom Doriſchen Staate ſprechen, muͤſ-
ſen wir gleich vornweg die Begriffe der Neuern uͤber
Urſprung, Weſen und Zweck des Staats bei Seite
ſetzen, nach denen derſelbe, wenn man den Meiſten
folgt, eine Sicherungsanſtalt der Exiſtenz und Rechte
der in ihm enthaltenen Individuen iſt. Der alten Vor-
ſtellung davon kommen wir naͤher, wenn wir uns be-
gnuͤgen, den Staat als eine im Bewußtſein der Indi-
viduen anerkannte und durch Thaͤtigkeiten, die auf das
Ganze Bezug haben, ausgeſprochene Einheit zu faſſen.
Dieſe Einheit kann aus keiner andern hervorgegangen
ſein als einer durch Natur gegebenen, alſo der des
Volkes oder eines Stammes oder eines noch geringern
Gliedes deſſelben: wenn auch durch geſchichtliche Um-
bildung die Begriffe Staat und Volk mehr auseinan-
der treten. Je ſtrenger die Einheit iſt, um deſto mehr
Thaͤtigkeit wird gemeinſam, um deſto praͤgnanter der
Begriff des Staates. Wie er dieſes bei den Griechen
[i]m Allgemeinen weit mehr war als bei den Neuern, ſo

<TEI>
  <text>
    <pb facs="#f0011" n="[5]"/>
    <body>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Drittes Buch.<lb/>
Staat der Dorier</hi>.</hi> </head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>1.</head><lb/>
          <div n="3">
            <head>1.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">I</hi>ndem wir vom Dori&#x017F;chen Staate &#x017F;prechen, mu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en wir gleich vornweg die Begriffe der Neuern u&#x0364;ber<lb/>
Ur&#x017F;prung, We&#x017F;en und Zweck des Staats bei Seite<lb/>
&#x017F;etzen, nach denen der&#x017F;elbe, wenn man den Mei&#x017F;ten<lb/>
folgt, eine Sicherungsan&#x017F;talt der Exi&#x017F;tenz und Rechte<lb/>
der in ihm enthaltenen Individuen i&#x017F;t. Der alten Vor-<lb/>
&#x017F;tellung davon kommen wir na&#x0364;her, wenn wir uns be-<lb/>
gnu&#x0364;gen, den Staat als eine im Bewußt&#x017F;ein der Indi-<lb/>
viduen anerkannte und durch Tha&#x0364;tigkeiten, die auf das<lb/>
Ganze Bezug haben, ausge&#x017F;prochene Einheit zu fa&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Die&#x017F;e Einheit kann aus keiner andern hervorgegangen<lb/>
&#x017F;ein als einer durch Natur gegebenen, al&#x017F;o der des<lb/>
Volkes oder eines Stammes oder eines noch geringern<lb/>
Gliedes de&#x017F;&#x017F;elben: wenn auch durch ge&#x017F;chichtliche Um-<lb/>
bildung die Begriffe Staat und Volk mehr auseinan-<lb/>
der treten. Je &#x017F;trenger die Einheit i&#x017F;t, um de&#x017F;to mehr<lb/>
Tha&#x0364;tigkeit wird gemein&#x017F;am, um de&#x017F;to pra&#x0364;gnanter der<lb/>
Begriff des Staates. Wie er die&#x017F;es bei den Griechen<lb/><supplied>i</supplied>m Allgemeinen weit mehr war als bei den Neuern, &#x017F;o<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[5]/0011] Drittes Buch. Staat der Dorier. 1. 1. Indem wir vom Doriſchen Staate ſprechen, muͤſ- ſen wir gleich vornweg die Begriffe der Neuern uͤber Urſprung, Weſen und Zweck des Staats bei Seite ſetzen, nach denen derſelbe, wenn man den Meiſten folgt, eine Sicherungsanſtalt der Exiſtenz und Rechte der in ihm enthaltenen Individuen iſt. Der alten Vor- ſtellung davon kommen wir naͤher, wenn wir uns be- gnuͤgen, den Staat als eine im Bewußtſein der Indi- viduen anerkannte und durch Thaͤtigkeiten, die auf das Ganze Bezug haben, ausgeſprochene Einheit zu faſſen. Dieſe Einheit kann aus keiner andern hervorgegangen ſein als einer durch Natur gegebenen, alſo der des Volkes oder eines Stammes oder eines noch geringern Gliedes deſſelben: wenn auch durch geſchichtliche Um- bildung die Begriffe Staat und Volk mehr auseinan- der treten. Je ſtrenger die Einheit iſt, um deſto mehr Thaͤtigkeit wird gemeinſam, um deſto praͤgnanter der Begriff des Staates. Wie er dieſes bei den Griechen im Allgemeinen weit mehr war als bei den Neuern, ſo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/11
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. [5]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/11>, abgerufen am 22.12.2024.