gen feierten ihn. So kämpfte er um den Besitz des Lan- des, das die Böotisch-Megarische Herakleia am Pontos gewonnen, gegen die ureinwohnenden Bebryker, so für Kyrene gegen die einheimischen Libyer. Denn es ist mir nicht zweifelhaft, daß der Ringkampf mit dem durch die Berührung der Erde stets neuerkräf- tigten Erdensohn Antäos 1 nichts anders als den Streit Hellenischer Ansiedler mit den oft überwundenen aber aus der Wüste immer in vermehrter Anzahl hervor- stürmenden Horden Libyens bedeutet. So verdankt die Fabel von Herakles und Busiris ihre Entstehung den Zeiten, wo die Griechen eben erst in Aegypten bekannt wurden, und noch sehr dunkle und düstere Vorstellun- gen von dem Lande hatten; daher sie Herodot schon als thörigte Erfindung der Jonier darstellt. Busiris dünkt mir der mit dem Artikel versehene Name des Haupt- gottes, der hier als grimmiger Tyrann gefaßt wird; er läßt den Helden zum Menschenopfer abführen, bis dieser sich plötzlich ermannt, und den Tyrannen sammt der feigen Rotte erschlägt.
8.
Bei diesem Bestreben der Ausbreitung und Verarbeitung des Mannigfaltigsten zu einer großen Masse, war es natürlich, daß, als die Griechen beim Phönikischen Gott Melkart, Sohn des Bal und der Astarte (Asteria), einige verwandte Züge fanden, sie auch diese hineinzogen. Der Tempel dieses Gottes zu Gadeira bewirkte, daß das Endziel der Geryoni- schen Fahrt, die in ihrem Ursprunge uns freilich ganz Griechisch scheint, hier festgestellt wurde; und die be- nachbarten Herakles- oder Briareos-Säulen 2 sind
1 Unter den Stellen bei Creuzer Symb. 1. S. 326. sind die des Pherekyd. Pindar u. Apolld. vorzugsweise zu berücksichtigen.
2 Aristot. bei Aelian V. G. 3, 5. vgl. Schwarz de co- lumnis Herc. Opusc. 2. p. 205. Peringer de templo Herc.
gen feierten ihn. So kaͤmpfte er um den Beſitz des Lan- des, das die Boͤotiſch-Megariſche Herakleia am Pontos gewonnen, gegen die ureinwohnenden Bebryker, ſo fuͤr Kyrene gegen die einheimiſchen Libyer. Denn es iſt mir nicht zweifelhaft, daß der Ringkampf mit dem durch die Beruͤhrung der Erde ſtets neuerkraͤf- tigten Erdenſohn Antaͤos 1 nichts anders als den Streit Helleniſcher Anſiedler mit den oft uͤberwundenen aber aus der Wuͤſte immer in vermehrter Anzahl hervor- ſtuͤrmenden Horden Libyens bedeutet. So verdankt die Fabel von Herakles und Buſiris ihre Entſtehung den Zeiten, wo die Griechen eben erſt in Aegypten bekannt wurden, und noch ſehr dunkle und duͤſtere Vorſtellun- gen von dem Lande hatten; daher ſie Herodot ſchon als thoͤrigte Erfindung der Jonier darſtellt. Buſiris duͤnkt mir der mit dem Artikel verſehene Name des Haupt- gottes, der hier als grimmiger Tyrann gefaßt wird; er laͤßt den Helden zum Menſchenopfer abfuͤhren, bis dieſer ſich ploͤtzlich ermannt, und den Tyrannen ſammt der feigen Rotte erſchlaͤgt.
8.
Bei dieſem Beſtreben der Ausbreitung und Verarbeitung des Mannigfaltigſten zu einer großen Maſſe, war es natuͤrlich, daß, als die Griechen beim Phoͤnikiſchen Gott Melkart, Sohn des Bal und der Aſtarte (Ἀστερία), einige verwandte Zuͤge fanden, ſie auch dieſe hineinzogen. Der Tempel dieſes Gottes zu Gadeira bewirkte, daß das Endziel der Geryoni- ſchen Fahrt, die in ihrem Urſprunge uns freilich ganz Griechiſch ſcheint, hier feſtgeſtellt wurde; und die be- nachbarten Herakles- oder Briareos-Saͤulen 2 ſind
1 Unter den Stellen bei Creuzer Symb. 1. S. 326. ſind die des Pherekyd. Pindar u. Apolld. vorzugsweiſe zu beruͤckſichtigen.
2 Ariſtot. bei Aelian V. G. 3, 5. vgl. Schwarz de co- lumnis Herc. Opusc. 2. p. 205. Peringer de templo Herc.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0482"n="452"/>
gen feierten ihn. So kaͤmpfte er um den Beſitz des Lan-<lb/>
des, das die Boͤotiſch-Megariſche <hirendition="#g">Herakleia</hi> am<lb/>
Pontos gewonnen, gegen die ureinwohnenden Bebryker,<lb/>ſo fuͤr Kyrene gegen die einheimiſchen Libyer. Denn<lb/>
es iſt mir nicht zweifelhaft, daß der Ringkampf<lb/>
mit dem durch die Beruͤhrung der Erde ſtets neuerkraͤf-<lb/>
tigten Erdenſohn Antaͤos <noteplace="foot"n="1">Unter den Stellen bei Creuzer Symb. 1. S. 326. ſind<lb/>
die des Pherekyd. Pindar u. Apolld. vorzugsweiſe zu beruͤckſichtigen.</note> nichts anders als den Streit<lb/>
Helleniſcher Anſiedler mit den oft uͤberwundenen aber<lb/>
aus der Wuͤſte immer in vermehrter Anzahl hervor-<lb/>ſtuͤrmenden Horden Libyens bedeutet. So verdankt die<lb/>
Fabel von Herakles und <hirendition="#g">Buſiris</hi> ihre Entſtehung den<lb/>
Zeiten, wo die Griechen eben erſt in Aegypten bekannt<lb/>
wurden, und noch ſehr dunkle und duͤſtere Vorſtellun-<lb/>
gen von dem Lande hatten; daher ſie Herodot ſchon als<lb/>
thoͤrigte Erfindung der Jonier darſtellt. Buſiris duͤnkt<lb/>
mir der mit dem Artikel verſehene Name des Haupt-<lb/>
gottes, der hier als grimmiger Tyrann gefaßt wird;<lb/>
er laͤßt den Helden zum Menſchenopfer abfuͤhren, bis<lb/>
dieſer ſich ploͤtzlich ermannt, und den Tyrannen ſammt<lb/>
der feigen Rotte erſchlaͤgt.</p></div><lb/><divn="4"><head>8.</head><lb/><p>Bei dieſem Beſtreben der Ausbreitung und<lb/>
Verarbeitung des Mannigfaltigſten zu einer großen<lb/>
Maſſe, war es natuͤrlich, daß, als die Griechen beim<lb/><hirendition="#g">Phoͤnikiſchen Gott Melkart</hi>, Sohn des Bal und<lb/>
der Aſtarte (Ἀστερία), einige verwandte Zuͤge fanden,<lb/>ſie auch dieſe hineinzogen. Der Tempel dieſes Gottes<lb/>
zu Gadeira bewirkte, daß das Endziel der Geryoni-<lb/>ſchen Fahrt, die in ihrem Urſprunge uns freilich ganz<lb/>
Griechiſch ſcheint, hier feſtgeſtellt wurde; und die be-<lb/>
nachbarten Herakles- oder Briareos-Saͤulen <notexml:id="seg2pn_47_1"next="#seg2pn_47_2"place="foot"n="2">Ariſtot. bei Aelian V. G. 3, 5. vgl. Schwarz <hirendition="#aq">de co-<lb/>
lumnis Herc. Opusc. 2. p.</hi> 205. Peringer <hirendition="#aq">de templo Herc.</hi></note>ſind<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[452/0482]
gen feierten ihn. So kaͤmpfte er um den Beſitz des Lan-
des, das die Boͤotiſch-Megariſche Herakleia am
Pontos gewonnen, gegen die ureinwohnenden Bebryker,
ſo fuͤr Kyrene gegen die einheimiſchen Libyer. Denn
es iſt mir nicht zweifelhaft, daß der Ringkampf
mit dem durch die Beruͤhrung der Erde ſtets neuerkraͤf-
tigten Erdenſohn Antaͤos 1 nichts anders als den Streit
Helleniſcher Anſiedler mit den oft uͤberwundenen aber
aus der Wuͤſte immer in vermehrter Anzahl hervor-
ſtuͤrmenden Horden Libyens bedeutet. So verdankt die
Fabel von Herakles und Buſiris ihre Entſtehung den
Zeiten, wo die Griechen eben erſt in Aegypten bekannt
wurden, und noch ſehr dunkle und duͤſtere Vorſtellun-
gen von dem Lande hatten; daher ſie Herodot ſchon als
thoͤrigte Erfindung der Jonier darſtellt. Buſiris duͤnkt
mir der mit dem Artikel verſehene Name des Haupt-
gottes, der hier als grimmiger Tyrann gefaßt wird;
er laͤßt den Helden zum Menſchenopfer abfuͤhren, bis
dieſer ſich ploͤtzlich ermannt, und den Tyrannen ſammt
der feigen Rotte erſchlaͤgt.
8.
Bei dieſem Beſtreben der Ausbreitung und
Verarbeitung des Mannigfaltigſten zu einer großen
Maſſe, war es natuͤrlich, daß, als die Griechen beim
Phoͤnikiſchen Gott Melkart, Sohn des Bal und
der Aſtarte (Ἀστερία), einige verwandte Zuͤge fanden,
ſie auch dieſe hineinzogen. Der Tempel dieſes Gottes
zu Gadeira bewirkte, daß das Endziel der Geryoni-
ſchen Fahrt, die in ihrem Urſprunge uns freilich ganz
Griechiſch ſcheint, hier feſtgeſtellt wurde; und die be-
nachbarten Herakles- oder Briareos-Saͤulen 2 ſind
1 Unter den Stellen bei Creuzer Symb. 1. S. 326. ſind
die des Pherekyd. Pindar u. Apolld. vorzugsweiſe zu beruͤckſichtigen.
2 Ariſtot. bei Aelian V. G. 3, 5. vgl. Schwarz de co-
lumnis Herc. Opusc. 2. p. 205. Peringer de templo Herc.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/482>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.