in ihrer Nähe hatten, in ihrem Kern unverständlich, wenn sie sie kannten, im Geiste widerstrebend, wenn sie sie verstanden. Im Ganzen zeigen sich die Pelasgischen Götterdienste als einer naiven Naturreligion angehörig, die sich mit Leichtigkeit um die verschiednen Gestaltungen der besondern Natur legt, und an kräftigen und energi- schen Bezeichnungen tiefer und lebendiger Gefühle eine überschwengliche Fülle hat.
11.
Die Götterdienste der nördlichen Stämme da- gegen, die man als Hellenen den Pelasgern entgegen setzt, haben sehr frühzeitig eine mehr ethische Wendung genommen, wozu die äußern Verhältnisse derselben för- derlich waren. Das heroische Leben, welches keine Fa- bel, die Richtung auf Kraftäußerung und That, die Abneigung gegen jene harmlose Naturbeschäftigung, wel- che in diesen Stämmen unverkennbar, mußte andre Keime ursprünglicher religiöser Empfindung aufziehn und zeitigen. Daher der Zeus Hellanios des Aeakos, der Laphystios des Athamas, endlich der Dorische, dessen Sohn, Prophet, Kämpfer Apollon ist, bei weitem mehr Darstellungen geistiger Weltordnung in alterthümlicher Weise sind, als irgend schaffende Naturgewalten. In- dessen wird damit nicht geläugnet, daß rückwärts eine Zeit liege, in der auch diese Richtungen noch ungetrennt gewesen. So läßt es sich selbst darthun, daß der Apol- lon Lykeios der Dorier ganz ähnliche Ideen ausspricht als der Zeus Lykäos der Arkader, obgleich beide sich ganz abgesondert entwickelt haben. So sind auch alt- Arkadische und Dorische Sitten in den Grundzügen ähn- lich. Das Gemeinsame ist schon hier nur durch Verglei- chung zu gewinnen; die Ueberlieferung giebt gleich im ersten Anfange eine Unzahl völlig geschiedner Individua- litäten in jeder Gattung, ohne die Frage zu lösen, wie diese sich so gesondert. Denn erst nach der Sonderung
in ihrer Naͤhe hatten, in ihrem Kern unverſtaͤndlich, wenn ſie ſie kannten, im Geiſte widerſtrebend, wenn ſie ſie verſtanden. Im Ganzen zeigen ſich die Pelasgiſchen Goͤtterdienſte als einer naiven Naturreligion angehoͤrig, die ſich mit Leichtigkeit um die verſchiednen Geſtaltungen der beſondern Natur legt, und an kraͤftigen und energi- ſchen Bezeichnungen tiefer und lebendiger Gefuͤhle eine uͤberſchwengliche Fuͤlle hat.
11.
Die Goͤtterdienſte der noͤrdlichen Staͤmme da- gegen, die man als Hellenen den Pelasgern entgegen ſetzt, haben ſehr fruͤhzeitig eine mehr ethiſche Wendung genommen, wozu die aͤußern Verhaͤltniſſe derſelben foͤr- derlich waren. Das heroiſche Leben, welches keine Fa- bel, die Richtung auf Kraftaͤußerung und That, die Abneigung gegen jene harmloſe Naturbeſchaͤftigung, wel- che in dieſen Staͤmmen unverkennbar, mußte andre Keime urſpruͤnglicher religioͤſer Empfindung aufziehn und zeitigen. Daher der Zeus Hellanios des Aeakos, der Laphyſtios des Athamas, endlich der Doriſche, deſſen Sohn, Prophet, Kaͤmpfer Apollon iſt, bei weitem mehr Darſtellungen geiſtiger Weltordnung in alterthuͤmlicher Weiſe ſind, als irgend ſchaffende Naturgewalten. In- deſſen wird damit nicht gelaͤugnet, daß ruͤckwaͤrts eine Zeit liege, in der auch dieſe Richtungen noch ungetrennt geweſen. So laͤßt es ſich ſelbſt darthun, daß der Apol- lon Lykeios der Dorier ganz aͤhnliche Ideen ausſpricht als der Zeus Lykaͤos der Arkader, obgleich beide ſich ganz abgeſondert entwickelt haben. So ſind auch alt- Arkadiſche und Doriſche Sitten in den Grundzuͤgen aͤhn- lich. Das Gemeinſame iſt ſchon hier nur durch Verglei- chung zu gewinnen; die Ueberlieferung giebt gleich im erſten Anfange eine Unzahl voͤllig geſchiedner Individua- litaͤten in jeder Gattung, ohne die Frage zu loͤſen, wie dieſe ſich ſo geſondert. Denn erſt nach der Sonderung
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[14/0044]
in ihrer Naͤhe hatten, in ihrem Kern unverſtaͤndlich,
wenn ſie ſie kannten, im Geiſte widerſtrebend, wenn ſie
ſie verſtanden. Im Ganzen zeigen ſich die Pelasgiſchen
Goͤtterdienſte als einer naiven Naturreligion angehoͤrig,
die ſich mit Leichtigkeit um die verſchiednen Geſtaltungen
der beſondern Natur legt, und an kraͤftigen und energi-
ſchen Bezeichnungen tiefer und lebendiger Gefuͤhle eine
uͤberſchwengliche Fuͤlle hat.
11.
Die Goͤtterdienſte der noͤrdlichen Staͤmme da-
gegen, die man als Hellenen den Pelasgern entgegen
ſetzt, haben ſehr fruͤhzeitig eine mehr ethiſche Wendung
genommen, wozu die aͤußern Verhaͤltniſſe derſelben foͤr-
derlich waren. Das heroiſche Leben, welches keine Fa-
bel, die Richtung auf Kraftaͤußerung und That, die
Abneigung gegen jene harmloſe Naturbeſchaͤftigung, wel-
che in dieſen Staͤmmen unverkennbar, mußte andre
Keime urſpruͤnglicher religioͤſer Empfindung aufziehn und
zeitigen. Daher der Zeus Hellanios des Aeakos, der
Laphyſtios des Athamas, endlich der Doriſche, deſſen
Sohn, Prophet, Kaͤmpfer Apollon iſt, bei weitem mehr
Darſtellungen geiſtiger Weltordnung in alterthuͤmlicher
Weiſe ſind, als irgend ſchaffende Naturgewalten. In-
deſſen wird damit nicht gelaͤugnet, daß ruͤckwaͤrts eine
Zeit liege, in der auch dieſe Richtungen noch ungetrennt
geweſen. So laͤßt es ſich ſelbſt darthun, daß der Apol-
lon Lykeios der Dorier ganz aͤhnliche Ideen ausſpricht
als der Zeus Lykaͤos der Arkader, obgleich beide ſich
ganz abgeſondert entwickelt haben. So ſind auch alt-
Arkadiſche und Doriſche Sitten in den Grundzuͤgen aͤhn-
lich. Das Gemeinſame iſt ſchon hier nur durch Verglei-
chung zu gewinnen; die Ueberlieferung giebt gleich im
erſten Anfange eine Unzahl voͤllig geſchiedner Individua-
litaͤten in jeder Gattung, ohne die Frage zu loͤſen, wie
dieſe ſich ſo geſondert. Denn erſt nach der Sonderung
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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/44>, abgerufen am 21.12.2024.
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