Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

Artemis.
9.
1.

Es ist uns hier nicht vergönnt, die Religion und
Mythologie der Artemis mit derselben Ausführlichkeit
zu behandeln, die wir dem Apollon widmeten. Auch
erlaubt unser Zweck uns hier größere Kürze, da der
Cultus der Artemis nicht wie Apollons in einem ei-
nigen Zusammenhange steht, noch überall dieselben
Grundideen zeigt, also auch nicht in allen seinen An-
fängen von Dorischer Religion abgeleitet werden kann.
Sondern wie die Hellenische Mythologie überhaupt die
mannigfachsten und widerstreitendsten religiösen Anschau-
ungen und Ideen in sich aufgenommen hat: so fließen
auch im Namen der einen Artemis fast entgegengesetzte
Reihen alten Götterdienstes zusammen, die wir sondern
müssen. Damit man aber nicht etwa meine, daß ein
Mangel des Vermögens der Ideenassociation uns hin-
dere, "die mannigfachen Gestaltungen jener großen Göt-
tin, die, vom innern Asien stammend, in Griechenland
einwanderte, und als Mond, Waldgöttin, Jägerin,
Hebamme und Amme der ganzen Natur im Reigen


Artemis.
9.
1.

Es iſt uns hier nicht vergoͤnnt, die Religion und
Mythologie der Artemis mit derſelben Ausfuͤhrlichkeit
zu behandeln, die wir dem Apollon widmeten. Auch
erlaubt unſer Zweck uns hier groͤßere Kuͤrze, da der
Cultus der Artemis nicht wie Apollons in einem ei-
nigen Zuſammenhange ſteht, noch uͤberall dieſelben
Grundideen zeigt, alſo auch nicht in allen ſeinen An-
faͤngen von Doriſcher Religion abgeleitet werden kann.
Sondern wie die Helleniſche Mythologie uͤberhaupt die
mannigfachſten und widerſtreitendſten religioͤſen Anſchau-
ungen und Ideen in ſich aufgenommen hat: ſo fließen
auch im Namen der einen Artemis faſt entgegengeſetzte
Reihen alten Goͤtterdienſtes zuſammen, die wir ſondern
muͤſſen. Damit man aber nicht etwa meine, daß ein
Mangel des Vermoͤgens der Ideenaſſociation uns hin-
dere, “die mannigfachen Geſtaltungen jener großen Goͤt-
tin, die, vom innern Aſien ſtammend, in Griechenland
einwanderte, und als Mond, Waldgoͤttin, Jaͤgerin,
Hebamme und Amme der ganzen Natur im Reigen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0397" n="367"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Artemis</hi>.</hi> </head><lb/>
          <div n="3">
            <head>9.</head><lb/>
            <div n="4">
              <head>1.</head><lb/>
              <p><hi rendition="#in">E</hi>s i&#x017F;t uns hier nicht vergo&#x0364;nnt, die Religion und<lb/>
Mythologie der Artemis mit der&#x017F;elben Ausfu&#x0364;hrlichkeit<lb/>
zu behandeln, die wir dem Apollon widmeten. Auch<lb/>
erlaubt un&#x017F;er Zweck uns hier gro&#x0364;ßere Ku&#x0364;rze, da der<lb/>
Cultus der Artemis nicht wie Apollons in einem ei-<lb/>
nigen Zu&#x017F;ammenhange &#x017F;teht, noch u&#x0364;berall die&#x017F;elben<lb/>
Grundideen zeigt, al&#x017F;o auch nicht in allen &#x017F;einen An-<lb/>
fa&#x0364;ngen von Dori&#x017F;cher Religion abgeleitet werden kann.<lb/>
Sondern wie die Helleni&#x017F;che Mythologie u&#x0364;berhaupt die<lb/>
mannigfach&#x017F;ten und wider&#x017F;treitend&#x017F;ten religio&#x0364;&#x017F;en An&#x017F;chau-<lb/>
ungen und Ideen in &#x017F;ich aufgenommen hat: &#x017F;o fließen<lb/>
auch im Namen der einen Artemis fa&#x017F;t entgegenge&#x017F;etzte<lb/>
Reihen alten Go&#x0364;tterdien&#x017F;tes zu&#x017F;ammen, die wir &#x017F;ondern<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Damit man aber nicht etwa meine, daß ein<lb/>
Mangel des Vermo&#x0364;gens der Ideena&#x017F;&#x017F;ociation uns hin-<lb/>
dere, &#x201C;die mannigfachen Ge&#x017F;taltungen jener großen Go&#x0364;t-<lb/>
tin, die, vom innern A&#x017F;ien &#x017F;tammend, in Griechenland<lb/>
einwanderte, und als Mond, Waldgo&#x0364;ttin, Ja&#x0364;gerin,<lb/>
Hebamme und Amme der ganzen Natur im Reigen<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[367/0397] Artemis. 9. 1. Es iſt uns hier nicht vergoͤnnt, die Religion und Mythologie der Artemis mit derſelben Ausfuͤhrlichkeit zu behandeln, die wir dem Apollon widmeten. Auch erlaubt unſer Zweck uns hier groͤßere Kuͤrze, da der Cultus der Artemis nicht wie Apollons in einem ei- nigen Zuſammenhange ſteht, noch uͤberall dieſelben Grundideen zeigt, alſo auch nicht in allen ſeinen An- faͤngen von Doriſcher Religion abgeleitet werden kann. Sondern wie die Helleniſche Mythologie uͤberhaupt die mannigfachſten und widerſtreitendſten religioͤſen Anſchau- ungen und Ideen in ſich aufgenommen hat: ſo fließen auch im Namen der einen Artemis faſt entgegengeſetzte Reihen alten Goͤtterdienſtes zuſammen, die wir ſondern muͤſſen. Damit man aber nicht etwa meine, daß ein Mangel des Vermoͤgens der Ideenaſſociation uns hin- dere, “die mannigfachen Geſtaltungen jener großen Goͤt- tin, die, vom innern Aſien ſtammend, in Griechenland einwanderte, und als Mond, Waldgoͤttin, Jaͤgerin, Hebamme und Amme der ganzen Natur im Reigen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/397
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/397>, abgerufen am 30.12.2024.