ken gradaufstrebenden Gestalt mit den metallglänzenden Blättern allein war, der an den Gott heiterer Kraft erinnerte? Das Lokal von Tempe, wo auch jetzt die Pflanze noch reichlich wuchert, trug gewiß viel zur religiösen Sanction des Symbols bei 1: daher auch die Liebe des Gottes zur Daphne oft an den Peneios gesetzt wird 2. Ueberhaupt aber liebt Apollon Haine, besonders aus wildwachsenden Bäumen, Lorbeer, Olea- ster u. aa.; die frische Kühle und das heilige Schwei- gen schien eine passende Vorbereitung zum Eintritt in das Heiligthum 3.
8.
Warum Apollon Weissagegott ist, und wie dies Amt mit seinen übrigen zusammenhängt, ist Vielen räthselhaft gewesen, und man hat sich oft begnügt, eine zufällige Vereinigung der Kitharistik, Mantik, Bogenkunde anzunehmen, statt daß man das Princip derselben nachgewiesen hätte. Dies verheißen wir zwar auch nicht zu leisten, aber denken doch, durch Entfer- nung störender und verwirrender Begriffe, der ursprüng- lichen Idee Apollinischer Weissagung näher zu kommen. Weissagung ist Angabe des Geschicks, welches nach der religiösen Ansicht Zeus verhängt. Das Geschick aber ist die Gewalt, welche jeglichem Dinge seine Natur, seinen Stand, sein bestimmtes und umschriebenes Sein anweist. Eine Thätigkeit, welche dieser Natur, die- sem Dasein angemessen ist, nennt der alte Grieche eine
1 S. 202. dazu Nikander Alexiph. 198. Theophr. H. Pl. 4, 5, 3. und Schneider T. 5. p. 341.
2 Bei Ovid u. Hygin fb. 203. vgl. Muncker. Sonst nach Amyklä, Klaros, auch an den Ladon versetzt, dies wegen Ap. Onkäos. -- Auf mehrern Münzen von Metapont, z. B. auf zwei des Paris. Cabinets, stellt oder pflanzt Ap. den Lorbeer auf einen niedrigen Altar; den Lorbeer in der Hand haltend, auch mit Wollenbinden, sieht man ihn oft auf Münzen.
3 S. Od. 9, 200. 20, 278. Paus. 1, 21, 9.
II. 22
ken gradaufſtrebenden Geſtalt mit den metallglaͤnzenden Blaͤttern allein war, der an den Gott heiterer Kraft erinnerte? Das Lokal von Tempe, wo auch jetzt die Pflanze noch reichlich wuchert, trug gewiß viel zur religioͤſen Sanction des Symbols bei 1: daher auch die Liebe des Gottes zur Daphne oft an den Peneios geſetzt wird 2. Ueberhaupt aber liebt Apollon Haine, beſonders aus wildwachſenden Baͤumen, Lorbeer, Olea- ſter u. aa.; die friſche Kuͤhle und das heilige Schwei- gen ſchien eine paſſende Vorbereitung zum Eintritt in das Heiligthum 3.
8.
Warum Apollon Weiſſagegott iſt, und wie dies Amt mit ſeinen uͤbrigen zuſammenhaͤngt, iſt Vielen raͤthſelhaft geweſen, und man hat ſich oft begnuͤgt, eine zufaͤllige Vereinigung der Kithariſtik, Mantik, Bogenkunde anzunehmen, ſtatt daß man das Princip derſelben nachgewieſen haͤtte. Dies verheißen wir zwar auch nicht zu leiſten, aber denken doch, durch Entfer- nung ſtoͤrender und verwirrender Begriffe, der urſpruͤng- lichen Idee Apolliniſcher Weiſſagung naͤher zu kommen. Weiſſagung iſt Angabe des Geſchicks, welches nach der religioͤſen Anſicht Zeus verhaͤngt. Das Geſchick aber iſt die Gewalt, welche jeglichem Dinge ſeine Natur, ſeinen Stand, ſein beſtimmtes und umſchriebenes Sein anweist. Eine Thaͤtigkeit, welche dieſer Natur, die- ſem Daſein angemeſſen iſt, nennt der alte Grieche eine
1 S. 202. dazu Nikander Alexiph. 198. Theophr. H. Pl. 4, 5, 3. und Schneider T. 5. p. 341.
2 Bei Ovid u. Hygin fb. 203. vgl. Muncker. Sonſt nach Amyklaͤ, Klaros, auch an den Ladon verſetzt, dies wegen Ap. Onkaͤos. — Auf mehrern Muͤnzen von Metapont, z. B. auf zwei des Pariſ. Cabinets, ſtellt oder pflanzt Ap. den Lorbeer auf einen niedrigen Altar; den Lorbeer in der Hand haltend, auch mit Wollenbinden, ſieht man ihn oft auf Muͤnzen.
3 S. Od. 9, 200. 20, 278. Pauſ. 1, 21, 9.
II. 22
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die Liebe des Gottes zur Daphne oft an den Peneios
geſetzt wird 2. Ueberhaupt aber liebt Apollon Haine,
beſonders aus wildwachſenden Baͤumen, Lorbeer, Olea-
ſter u. aa.; die friſche Kuͤhle und das heilige Schwei-
gen ſchien eine paſſende Vorbereitung zum Eintritt in
das Heiligthum 3.
8.
Warum Apollon Weiſſagegott iſt, und wie dies
Amt mit ſeinen uͤbrigen zuſammenhaͤngt, iſt Vielen
raͤthſelhaft geweſen, und man hat ſich oft begnuͤgt,
eine zufaͤllige Vereinigung der Kithariſtik, Mantik,
Bogenkunde anzunehmen, ſtatt daß man das Princip
derſelben nachgewieſen haͤtte. Dies verheißen wir zwar
auch nicht zu leiſten, aber denken doch, durch Entfer-
nung ſtoͤrender und verwirrender Begriffe, der urſpruͤng-
lichen Idee Apolliniſcher Weiſſagung naͤher zu kommen.
Weiſſagung iſt Angabe des Geſchicks, welches nach der
religioͤſen Anſicht Zeus verhaͤngt. Das Geſchick aber
iſt die Gewalt, welche jeglichem Dinge ſeine Natur,
ſeinen Stand, ſein beſtimmtes und umſchriebenes Sein
anweist. Eine Thaͤtigkeit, welche dieſer Natur, die-
ſem Daſein angemeſſen iſt, nennt der alte Grieche eine
1 S. 202. dazu Nikander Alexiph. 198. Theophr. H. Pl. 4,
5, 3. und Schneider T. 5. p. 341.
2 Bei Ovid u. Hygin
fb. 203. vgl. Muncker. Sonſt nach Amyklaͤ, Klaros, auch an den
Ladon verſetzt, dies wegen Ap. Onkaͤos. — Auf mehrern Muͤnzen
von Metapont, z. B. auf zwei des Pariſ. Cabinets, ſtellt oder
pflanzt Ap. den Lorbeer auf einen niedrigen Altar; den Lorbeer in
der Hand haltend, auch mit Wollenbinden, ſieht man ihn oft auf
Muͤnzen.
3 S. Od. 9, 200. 20, 278. Pauſ. 1, 21, 9.
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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/367>, abgerufen am 22.02.2025.
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