ben 1: mannigfache Bemühungen, den halbgriechischen Volkstamm mit der übrigen Nation genealogisch zu ver- binden.
4.
So wie die Makedonier, so sind wohl auch die Thessaler Illyrier, welche eine griechische Bevölke- rung unterworfen haben, nur daß hier die Zahl der Ein- wandrer geringer, die Masse und Cultur der Ureinwoh- ner überwiegend war. So kam es, daß die Thessaler weit mehr zu Griechen wurden, als ihre nördlicheren Stammverwandten, daß namentlich die Sprache fast durchaus griechisch, und zwar vielleicht der altepischen ähnlicher war, als ein andrer Dialekt. Aber was wir als des eingewanderten Volkes Eigenthümlichkeit kennen, ist ungriechisch. Die nationale Tracht 2, wozu der fla- che und breite Hut Kausia und die Chlamys gehörte, die den beiden Völkern gemein, aber den Griechen Homers und noch lange hernach unbekannt war 3, bis man sie in Athen als Ritterkleid annehmlich fand -- ist ein genü- gendes Beispiel. Auch den Gebrauch der Reiterei im Kriege haben ohne Zweifel erst die Thessaler nach Grie- chenland gebracht. Was aber vielleicht höheres Gewicht als die angeführten Aeußerlichkeiten hat, ist einerseits der ungestüme und leidenschaftliche Sinn, andrerseits die geistige Unbedeutendheit und Armuth derselben -- denn die Liebe des reichen Skopadenhauses zur Kunst beweist nicht mehr, als die eines Archelaos in Makedo-
1 Bei Constant. Porph. de themat. 2, 2. S. 1453. Sturz Hell. S. 79. Die Stelle des Hesiod ist wohl aus den Eöen, und kein Grund vorhanden, sie für falsch zu halten. Man muß im zweiten Verse uie duo Magneta Makednon th ippiokharmen lesen.
2 Die alten Makedonischen Münzen geben genau dieselbe, wie die Thessalischen.
3 Vgl. indeß Thettalika ptera bei mehrern Lexi- kogr. mit Didymos bei Ammonios khlamus. Weiter davon im 4. Buch.
ben 1: mannigfache Bemuͤhungen, den halbgriechiſchen Volkſtamm mit der uͤbrigen Nation genealogiſch zu ver- binden.
4.
So wie die Makedonier, ſo ſind wohl auch die Theſſaler Illyrier, welche eine griechiſche Bevoͤlke- rung unterworfen haben, nur daß hier die Zahl der Ein- wandrer geringer, die Maſſe und Cultur der Ureinwoh- ner uͤberwiegend war. So kam es, daß die Theſſaler weit mehr zu Griechen wurden, als ihre noͤrdlicheren Stammverwandten, daß namentlich die Sprache faſt durchaus griechiſch, und zwar vielleicht der altepiſchen aͤhnlicher war, als ein andrer Dialekt. Aber was wir als des eingewanderten Volkes Eigenthuͤmlichkeit kennen, iſt ungriechiſch. Die nationale Tracht 2, wozu der fla- che und breite Hut Kauſia und die Chlamys gehoͤrte, die den beiden Voͤlkern gemein, aber den Griechen Homers und noch lange hernach unbekannt war 3, bis man ſie in Athen als Ritterkleid annehmlich fand — iſt ein genuͤ- gendes Beiſpiel. Auch den Gebrauch der Reiterei im Kriege haben ohne Zweifel erſt die Theſſaler nach Grie- chenland gebracht. Was aber vielleicht hoͤheres Gewicht als die angefuͤhrten Aeußerlichkeiten hat, iſt einerſeits der ungeſtuͤme und leidenſchaftliche Sinn, andrerſeits die geiſtige Unbedeutendheit und Armuth derſelben — denn die Liebe des reichen Skopadenhauſes zur Kunſt beweiſt nicht mehr, als die eines Archelaos in Makedo-
1 Bei Conſtant. Porph. de themat. 2, 2. S. 1453. Sturz Hell. S. 79. Die Stelle des Heſiod iſt wohl aus den Eoͤen, und kein Grund vorhanden, ſie fuͤr falſch zu halten. Man muß im zweiten Verſe υἷε δύω Μάγνητα Μάκεδνόν ϑ̕ ἱππιοχάϱμην leſen.
2 Die alten Makedoniſchen Muͤnzen geben genau dieſelbe, wie die Theſſaliſchen.
3 Vgl. indeß Θετταλικὰ πτεϱὰ bei mehrern Lexi- kogr. mit Didymos bei Ammonios χλαμύς. Weiter davon im 4. Buch.
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ben 1: mannigfache Bemuͤhungen, den halbgriechiſchen
Volkſtamm mit der uͤbrigen Nation genealogiſch zu ver-
binden.
4.
So wie die Makedonier, ſo ſind wohl auch die
Theſſaler Illyrier, welche eine griechiſche Bevoͤlke-
rung unterworfen haben, nur daß hier die Zahl der Ein-
wandrer geringer, die Maſſe und Cultur der Ureinwoh-
ner uͤberwiegend war. So kam es, daß die Theſſaler
weit mehr zu Griechen wurden, als ihre noͤrdlicheren
Stammverwandten, daß namentlich die Sprache faſt
durchaus griechiſch, und zwar vielleicht der altepiſchen
aͤhnlicher war, als ein andrer Dialekt. Aber was wir
als des eingewanderten Volkes Eigenthuͤmlichkeit kennen,
iſt ungriechiſch. Die nationale Tracht 2, wozu der fla-
che und breite Hut Kauſia und die Chlamys gehoͤrte, die
den beiden Voͤlkern gemein, aber den Griechen Homers
und noch lange hernach unbekannt war 3, bis man ſie in
Athen als Ritterkleid annehmlich fand — iſt ein genuͤ-
gendes Beiſpiel. Auch den Gebrauch der Reiterei im
Kriege haben ohne Zweifel erſt die Theſſaler nach Grie-
chenland gebracht. Was aber vielleicht hoͤheres Gewicht
als die angefuͤhrten Aeußerlichkeiten hat, iſt einerſeits
der ungeſtuͤme und leidenſchaftliche Sinn, andrerſeits
die geiſtige Unbedeutendheit und Armuth derſelben —
denn die Liebe des reichen Skopadenhauſes zur Kunſt
beweiſt nicht mehr, als die eines Archelaos in Makedo-
1 Bei Conſtant. Porph. de themat. 2, 2. S. 1453. Sturz
Hell. S. 79. Die Stelle des Heſiod iſt wohl aus den Eoͤen, und
kein Grund vorhanden, ſie fuͤr falſch zu halten. Man muß im
zweiten Verſe υἷε δύω Μάγνητα Μάκεδνόν ϑ̕ ἱππιοχάϱμην leſen.
2 Die alten Makedoniſchen Muͤnzen geben genau dieſelbe, wie die
Theſſaliſchen.
3 Vgl. indeß Θετταλικὰ πτεϱὰ bei mehrern Lexi-
kogr. mit Didymos bei Ammonios χλαμύς. Weiter davon im 4.
Buch.
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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/34>, abgerufen am 22.02.2025.
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