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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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-- Wann aber derselbe hier Fuß gefaßt? Wahrschein-
lich als der Dorische Stamm von Hestiäotis an den
Parnaß kam, und sich oberhalb Delphi niederließ,
welches Ereigniß in sehr frühe Zeiten zurückfällt. Diese
Annahme, auf die die bisherige Untersuchung hinführt,
streitet nicht mit der herrschenden Tradition, daß Kre-
tische Schiffer in Minoischer Zeit an dieser Küste ge-
landet seien und den Cultus des Gottes eingesetzt hät-
ten. Um beide zu vereinigen, müssen wir fürs erste
auf den Kretischen Apollodienst zurückgehen.

5.

Wie Kreta schon in frühen Zeiten eine sehr
gemischte Bevölkerung hatte: so fanden sich auch hier
mannigfaltige Götterdienste beisammen, die sich zum
Theil noch dem Volkstamme, von dem sie einzeln aus-
gingen, zuweisen lassen. Unter diesen brachten die Dorier,
deren Hauptsitz an der Nordostküste um Knosos war,
von wo sie sich aber frühe schon über andere Theile der
Insel ausdehnten, aus ihrer Heimat am Olymp die
Verehrung des Apollon mit. Von dem Minoischen
Knosos ging ja nach der Tradition des Homerischen
Hymnus das Schiff aus, welches Apollon als Delphin
nach Delphi leitete; der Haupttempel der Stadt ge-
hörte dem Apollon Delphinios 1; im Gebiete derselben
lag ein Apollonia, und der merkwürdige Ort Amnisos
mit dem Geklüft der Eileithyia, wo die einheimische
Sage diese Geburtshelferin des Delischen Gottes selbst
geboren werden ließ 2. An derselben Nordküste hin

1 Chishull Antt. As. p. 134. Aegin. p. 154, Apollokopf auf
Knosischen Münzen. -- Das Omphalische Gefild bei Knosos
(Kallim. auf Z. 45.) hängt zwar mit dem Omphalos-Stein von
Delphi zusammen, aber Beides gehört in den Zeuscult.
2 Odys-
see 19, 138. Paus. 1, 18, 5. Str. 10, 476. vgl. Böttigers Ilithyia
S. 18. Einatos, wovon Ilithyia Einatine, ist wohl in der Nähe.
Steph. Byz.

— Wann aber derſelbe hier Fuß gefaßt? Wahrſchein-
lich als der Doriſche Stamm von Heſtiaͤotis an den
Parnaß kam, und ſich oberhalb Delphi niederließ,
welches Ereigniß in ſehr fruͤhe Zeiten zuruͤckfaͤllt. Dieſe
Annahme, auf die die bisherige Unterſuchung hinfuͤhrt,
ſtreitet nicht mit der herrſchenden Tradition, daß Kre-
tiſche Schiffer in Minoiſcher Zeit an dieſer Kuͤſte ge-
landet ſeien und den Cultus des Gottes eingeſetzt haͤt-
ten. Um beide zu vereinigen, muͤſſen wir fuͤrs erſte
auf den Kretiſchen Apollodienſt zuruͤckgehen.

5.

Wie Kreta ſchon in fruͤhen Zeiten eine ſehr
gemiſchte Bevoͤlkerung hatte: ſo fanden ſich auch hier
mannigfaltige Goͤtterdienſte beiſammen, die ſich zum
Theil noch dem Volkſtamme, von dem ſie einzeln aus-
gingen, zuweiſen laſſen. Unter dieſen brachten die Dorier,
deren Hauptſitz an der Nordoſtkuͤſte um Knoſos war,
von wo ſie ſich aber fruͤhe ſchon uͤber andere Theile der
Inſel ausdehnten, aus ihrer Heimat am Olymp die
Verehrung des Apollon mit. Von dem Minoiſchen
Knoſos ging ja nach der Tradition des Homeriſchen
Hymnus das Schiff aus, welches Apollon als Delphin
nach Delphi leitete; der Haupttempel der Stadt ge-
hoͤrte dem Apollon Delphinios 1; im Gebiete derſelben
lag ein Apollonia, und der merkwuͤrdige Ort Amniſos
mit dem Gekluͤft der Eileithyia, wo die einheimiſche
Sage dieſe Geburtshelferin des Deliſchen Gottes ſelbſt
geboren werden ließ 2. An derſelben Nordkuͤſte hin

1 Chiſhull Antt. As. p. 134. Aegin. p. 154, Apollokopf auf
Knoſiſchen Muͤnzen. — Das Omphaliſche Gefild bei Knoſos
(Kallim. auf Z. 45.) haͤngt zwar mit dem Omphalos-Stein von
Delphi zuſammen, aber Beides gehoͤrt in den Zeuscult.
2 Odyſ-
ſee 19, 138. Pauſ. 1, 18, 5. Str. 10, 476. vgl. Boͤttigers Ilithyia
S. 18. Einatos, wovon Ilithyia Einatine, iſt wohl in der Naͤhe.
Steph. Byz.
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[206/0236] — Wann aber derſelbe hier Fuß gefaßt? Wahrſchein- lich als der Doriſche Stamm von Heſtiaͤotis an den Parnaß kam, und ſich oberhalb Delphi niederließ, welches Ereigniß in ſehr fruͤhe Zeiten zuruͤckfaͤllt. Dieſe Annahme, auf die die bisherige Unterſuchung hinfuͤhrt, ſtreitet nicht mit der herrſchenden Tradition, daß Kre- tiſche Schiffer in Minoiſcher Zeit an dieſer Kuͤſte ge- landet ſeien und den Cultus des Gottes eingeſetzt haͤt- ten. Um beide zu vereinigen, muͤſſen wir fuͤrs erſte auf den Kretiſchen Apollodienſt zuruͤckgehen. 5. Wie Kreta ſchon in fruͤhen Zeiten eine ſehr gemiſchte Bevoͤlkerung hatte: ſo fanden ſich auch hier mannigfaltige Goͤtterdienſte beiſammen, die ſich zum Theil noch dem Volkſtamme, von dem ſie einzeln aus- gingen, zuweiſen laſſen. Unter dieſen brachten die Dorier, deren Hauptſitz an der Nordoſtkuͤſte um Knoſos war, von wo ſie ſich aber fruͤhe ſchon uͤber andere Theile der Inſel ausdehnten, aus ihrer Heimat am Olymp die Verehrung des Apollon mit. Von dem Minoiſchen Knoſos ging ja nach der Tradition des Homeriſchen Hymnus das Schiff aus, welches Apollon als Delphin nach Delphi leitete; der Haupttempel der Stadt ge- hoͤrte dem Apollon Delphinios 1; im Gebiete derſelben lag ein Apollonia, und der merkwuͤrdige Ort Amniſos mit dem Gekluͤft der Eileithyia, wo die einheimiſche Sage dieſe Geburtshelferin des Deliſchen Gottes ſelbſt geboren werden ließ 2. An derſelben Nordkuͤſte hin 1 Chiſhull Antt. As. p. 134. Aegin. p. 154, Apollokopf auf Knoſiſchen Muͤnzen. — Das Omphaliſche Gefild bei Knoſos (Kallim. auf Z. 45.) haͤngt zwar mit dem Omphalos-Stein von Delphi zuſammen, aber Beides gehoͤrt in den Zeuscult. 2 Odyſ- ſee 19, 138. Pauſ. 1, 18, 5. Str. 10, 476. vgl. Boͤttigers Ilithyia S. 18. Einatos, wovon Ilithyia Einatine, iſt wohl in der Naͤhe. Steph. Byz.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/236>, abgerufen am 21.12.2024.