Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

von den Alten allgemein als Lakonische Colonie aner-
kannt, auf Kaisermünzen liest man öfter SELGEON
LAKEDAIMONION OMONOIA; der Repräsentant
der Stadt ist Herakles der Dorische Held; auch der
Freisinn, die Tapferkeit, die guten Gesetze der Selgäer
-- obgleich man ihnen auch das umgekehrte beilegt --
werden von der Mutterstadt hergeleitet 1. Die rin-
genden Jünglinge, im Begriff sich zu fassen (akro-
kheirizomenoi), auf ihren Münzen vorgestellt, bezeugen
die Liebe zur Gymnastik. Indessen ist hier zu erwä-
gen, daß die Gründer dieser Colonie nach genauerer
Angabe Amykläer waren 2, bedrängte Periöken, welche
vielleicht über Knidos in diese Gegenden kamen. Es
scheint, daß Selge Sagalassos gründete, welche
Stadt auf ihren Münzen sich eben so die Lakedämoni-
sche nennt. Vielleicht zur selben Zeit ging Praxandros
aus dem Lakonischen Therapne mit Kephas aus Ole-
nos, beide von Ursprung Achäer, nach Kypros, wo
sie Lapathos und Keronia gründeten 4.

12.

Aber die berühmteste aller Lakedämonischen
Colonieen, welche auch wirklich von Sparta ausging,
war Taras. Die Geschichte des Ursprungs liegt fa-
belhaft eingekleidet in den Erzählungen vom ersten
Messenischen Kriege darin, die begleitenden Umstände wer-
den wir unten erwähnen. Der Führer derselben war
Phalanth, Aratos Sohn, ein Heraklide 5, Taras da-
3)

1 S. Str. 12, 570. vgl. Mionnet Descr. 3. p. 525. Raoul-
Roch. 2. p. 427. mit dem ich nicht durchaus übereinstimme.
Adde Nikeph. Blemmidas ed. Spohn. S. 13.
2 Dionys. P.
860. vgl. Eustath.
4 Lykophr. V. 452. 593. Str. 14. S. 682. Lake-
daimon en Kupro Eust. Homer 293, 45. Rom. Golgoi in Ky-
pros war von Sikyoniern gegründet (Steph. Byz. Golgsi),
die sonst keine Colonie haben.
5 Ut fertur, octa-
vus ab Hercule. Schol. vetus Hor. Carm.
2, 6, 12. vgl.
3) S. Raoul-Rochette's Beweisführung 2.
S. 428.

von den Alten allgemein als Lakoniſche Colonie aner-
kannt, auf Kaiſermuͤnzen liest man oͤfter ΣΕΛΓΕΩΝ
ΛΑΚΕΔΑΙΜΟΝΙΩΝ ΟΜΟΝΟΙΑ; der Repraͤſentant
der Stadt iſt Herakles der Doriſche Held; auch der
Freiſinn, die Tapferkeit, die guten Geſetze der Selgaͤer
— obgleich man ihnen auch das umgekehrte beilegt —
werden von der Mutterſtadt hergeleitet 1. Die rin-
genden Juͤnglinge, im Begriff ſich zu faſſen (ἀκϱο-
χειϱιζόμενοι), auf ihren Muͤnzen vorgeſtellt, bezeugen
die Liebe zur Gymnaſtik. Indeſſen iſt hier zu erwaͤ-
gen, daß die Gruͤnder dieſer Colonie nach genauerer
Angabe Amyklaͤer waren 2, bedraͤngte Perioͤken, welche
vielleicht uͤber Knidos in dieſe Gegenden kamen. Es
ſcheint, daß Selge Sagalaſſos gruͤndete, welche
Stadt auf ihren Muͤnzen ſich eben ſo die Lakedaͤmoni-
ſche nennt. Vielleicht zur ſelben Zeit ging Praxandros
aus dem Lakoniſchen Therapne mit Kephas aus Ole-
nos, beide von Urſprung Achaͤer, nach Kypros, wo
ſie Lapathos und Keronia gruͤndeten 4.

12.

Aber die beruͤhmteſte aller Lakedaͤmoniſchen
Colonieen, welche auch wirklich von Sparta ausging,
war Taras. Die Geſchichte des Urſprungs liegt fa-
belhaft eingekleidet in den Erzaͤhlungen vom erſten
Meſſeniſchen Kriege darin, die begleitenden Umſtaͤnde wer-
den wir unten erwaͤhnen. Der Fuͤhrer derſelben war
Phalanth, Aratos Sohn, ein Heraklide 5, Taras da-
3)

1 S. Str. 12, 570. vgl. Mionnet Descr. 3. p. 525. Raoul-
Roch. 2. p. 427. mit dem ich nicht durchaus uͤbereinſtimme.
Adde Nikeph. Blemmidas ed. Spohn. S. 13.
2 Dionyſ. P.
860. vgl. Euſtath.
4 Lykophr. V. 452. 593. Str. 14. S. 682. Λακε-
δαίμων ἐν Κύπϱῳ Euſt. Homer 293, 45. Rom. Golgoi in Ky-
pros war von Sikyoniern gegruͤndet (Steph. Byz. Γόλγσι),
die ſonſt keine Colonie haben.
5 Ut fertur, octa-
vus ab Hercule. Schol. vetus Hor. Carm.
2, 6, 12. vgl.
3) S. Raoul-Rochette’s Beweisfuͤhrung 2.
S. 428.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0155" n="125"/>
von den Alten allgemein als Lakoni&#x017F;che Colonie aner-<lb/>
kannt, auf Kai&#x017F;ermu&#x0364;nzen liest man o&#x0364;fter &#x03A3;&#x0395;&#x039B;&#x0393;&#x0395;&#x03A9;&#x039D;<lb/>
&#x039B;&#x0391;&#x039A;&#x0395;&#x0394;&#x0391;&#x0399;&#x039C;&#x039F;&#x039D;&#x0399;&#x03A9;&#x039D; &#x039F;&#x039C;&#x039F;&#x039D;&#x039F;&#x0399;&#x0391;; der Repra&#x0364;&#x017F;entant<lb/>
der Stadt i&#x017F;t Herakles der Dori&#x017F;che Held; auch der<lb/>
Frei&#x017F;inn, die Tapferkeit, die guten Ge&#x017F;etze der Selga&#x0364;er<lb/>
&#x2014; obgleich man ihnen auch das umgekehrte beilegt &#x2014;<lb/>
werden von der Mutter&#x017F;tadt hergeleitet <note place="foot" n="1">S. Str. 12, 570. vgl. Mionnet <hi rendition="#aq">Descr. 3. p.</hi> 525. Raoul-<lb/>
Roch. 2. <hi rendition="#aq">p.</hi> 427. mit dem ich nicht durchaus u&#x0364;berein&#x017F;timme.<lb/><hi rendition="#aq">Adde</hi> Nikeph. Blemmidas <hi rendition="#aq">ed.</hi> Spohn. S. 13.</note>. Die rin-<lb/>
genden Ju&#x0364;nglinge, im Begriff &#x017F;ich zu fa&#x017F;&#x017F;en (&#x1F00;&#x03BA;&#x03F1;&#x03BF;-<lb/>
&#x03C7;&#x03B5;&#x03B9;&#x03F1;&#x03B9;&#x03B6;&#x03CC;&#x03BC;&#x03B5;&#x03BD;&#x03BF;&#x03B9;), auf ihren Mu&#x0364;nzen vorge&#x017F;tellt, bezeugen<lb/>
die Liebe zur Gymna&#x017F;tik. Inde&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t hier zu erwa&#x0364;-<lb/>
gen, daß die Gru&#x0364;nder die&#x017F;er Colonie nach genauerer<lb/>
Angabe Amykla&#x0364;er waren <note place="foot" n="2">Diony&#x017F;. P.<lb/>
860. vgl. Eu&#x017F;tath.</note>, bedra&#x0364;ngte Perio&#x0364;ken, welche<lb/>
vielleicht u&#x0364;ber Knidos in die&#x017F;e Gegenden kamen. Es<lb/>
&#x017F;cheint, daß Selge <hi rendition="#g">Sagala&#x017F;&#x017F;os</hi> gru&#x0364;ndete, welche<lb/>
Stadt auf ihren Mu&#x0364;nzen &#x017F;ich eben &#x017F;o die Lakeda&#x0364;moni-<lb/>
&#x017F;che nennt. Vielleicht zur &#x017F;elben Zeit ging Praxandros<lb/>
aus dem Lakoni&#x017F;chen Therapne mit Kephas aus Ole-<lb/>
nos, beide von Ur&#x017F;prung Acha&#x0364;er, nach Kypros, wo<lb/>
&#x017F;ie <hi rendition="#g">Lapathos</hi> und <hi rendition="#g">Keronia</hi> gru&#x0364;ndeten <note place="foot" n="4">Lykophr. V. 452. 593. Str. 14. S. 682. &#x039B;&#x03B1;&#x03BA;&#x03B5;-<lb/>
&#x03B4;&#x03B1;&#x03AF;&#x03BC;&#x03C9;&#x03BD; &#x1F10;&#x03BD; &#x039A;&#x03CD;&#x03C0;&#x03F1;&#x1FF3; Eu&#x017F;t. Homer 293, 45. Rom. <hi rendition="#g">Golgoi</hi> in Ky-<lb/>
pros war von <hi rendition="#g">Sikyoniern</hi> gegru&#x0364;ndet (Steph. Byz. &#x0393;&#x03CC;&#x03BB;&#x03B3;&#x03C3;&#x03B9;),<lb/>
die &#x017F;on&#x017F;t <hi rendition="#g">keine</hi> Colonie haben.</note>.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>12.</head><lb/>
            <p>Aber die beru&#x0364;hmte&#x017F;te aller Lakeda&#x0364;moni&#x017F;chen<lb/>
Colonieen, welche auch wirklich von Sparta ausging,<lb/>
war <hi rendition="#g">Taras</hi>. Die Ge&#x017F;chichte des Ur&#x017F;prungs liegt fa-<lb/>
belhaft eingekleidet in den Erza&#x0364;hlungen vom er&#x017F;ten<lb/>
Me&#x017F;&#x017F;eni&#x017F;chen Kriege darin, die begleitenden Um&#x017F;ta&#x0364;nde wer-<lb/>
den wir unten erwa&#x0364;hnen. Der Fu&#x0364;hrer der&#x017F;elben war<lb/>
Phalanth, Aratos Sohn, ein Heraklide <note place="foot" n="5"><hi rendition="#aq">Ut fertur, octa-<lb/>
vus ab Hercule. Schol. vetus Hor. Carm.</hi> 2, 6, 12. vgl.</note>, Taras da-<lb/><note xml:id="seg2pn_13_1" next="#seg2pn_13_2" place="foot" n="3)">S. Raoul-Rochette&#x2019;s Beweisfu&#x0364;hrung 2.<lb/>
S. 428.</note><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[125/0155] von den Alten allgemein als Lakoniſche Colonie aner- kannt, auf Kaiſermuͤnzen liest man oͤfter ΣΕΛΓΕΩΝ ΛΑΚΕΔΑΙΜΟΝΙΩΝ ΟΜΟΝΟΙΑ; der Repraͤſentant der Stadt iſt Herakles der Doriſche Held; auch der Freiſinn, die Tapferkeit, die guten Geſetze der Selgaͤer — obgleich man ihnen auch das umgekehrte beilegt — werden von der Mutterſtadt hergeleitet 1. Die rin- genden Juͤnglinge, im Begriff ſich zu faſſen (ἀκϱο- χειϱιζόμενοι), auf ihren Muͤnzen vorgeſtellt, bezeugen die Liebe zur Gymnaſtik. Indeſſen iſt hier zu erwaͤ- gen, daß die Gruͤnder dieſer Colonie nach genauerer Angabe Amyklaͤer waren 2, bedraͤngte Perioͤken, welche vielleicht uͤber Knidos in dieſe Gegenden kamen. Es ſcheint, daß Selge Sagalaſſos gruͤndete, welche Stadt auf ihren Muͤnzen ſich eben ſo die Lakedaͤmoni- ſche nennt. Vielleicht zur ſelben Zeit ging Praxandros aus dem Lakoniſchen Therapne mit Kephas aus Ole- nos, beide von Urſprung Achaͤer, nach Kypros, wo ſie Lapathos und Keronia gruͤndeten 4. 12. Aber die beruͤhmteſte aller Lakedaͤmoniſchen Colonieen, welche auch wirklich von Sparta ausging, war Taras. Die Geſchichte des Urſprungs liegt fa- belhaft eingekleidet in den Erzaͤhlungen vom erſten Meſſeniſchen Kriege darin, die begleitenden Umſtaͤnde wer- den wir unten erwaͤhnen. Der Fuͤhrer derſelben war Phalanth, Aratos Sohn, ein Heraklide 5, Taras da- 3) 1 S. Str. 12, 570. vgl. Mionnet Descr. 3. p. 525. Raoul- Roch. 2. p. 427. mit dem ich nicht durchaus uͤbereinſtimme. Adde Nikeph. Blemmidas ed. Spohn. S. 13. 2 Dionyſ. P. 860. vgl. Euſtath. 4 Lykophr. V. 452. 593. Str. 14. S. 682. Λακε- δαίμων ἐν Κύπϱῳ Euſt. Homer 293, 45. Rom. Golgoi in Ky- pros war von Sikyoniern gegruͤndet (Steph. Byz. Γόλγσι), die ſonſt keine Colonie haben. 5 Ut fertur, octa- vus ab Hercule. Schol. vetus Hor. Carm. 2, 6, 12. vgl. 3) S. Raoul-Rochette’s Beweisfuͤhrung 2. S. 428.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/155
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/155>, abgerufen am 21.11.2024.