Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

logisch an die Heroen des früher herrschenden angeknüpft
wird. So wird Doridas, d. i. der Dorer in patrony-
mischer Form, Nachkomme des Sisyphos. Von nun
an herrschen die Dorier; ohne indessen doch, wie Pau-
sanias vorgiebt 1, die frühere Bevölkerung ganz zu ver-
treiben, da die Zahl der Einwanderer nur den Adel des
neuen Staates bildete. Nur poetisch nennen Pindar
und Kallimachos das gesammte Korinthische Volk Aleti-
den 2; genealogisch leitete sich von Aletes nur die Herr-
scherfamilie, die Bakchiaden ab, die lange der Stadt Kö-
nige und Prytanen, und allen Kolonien Korinths An-
führer gab. Doch gab es auch angesehene Familien an-
derer Abkunft. Die Familie des Kypselos, welche spä,
ter sich der Tyrannis bemächtigte, war nach Herodot
Lapithisch und stammte von Käneus 3. Sie kam nach
Pausanias 4 von Gonusa bei Sikyon den Doriern gegen
Korinth zu Hülfe; indeß nahm sie Aletes, durch ein
Orakel gewarnt, zuerst nicht auf; später aber zog er sie,
dasselbe vernachlässigend, in die Stadt, wo sie nach-
mals seine eigenen Nachkommen stürzte. Wir lassen die
aus der Tyrannis rückwärts gebildete Erzählung auf
sich beruhen, blos bemerkend, daß jene Käniden mehr
Anlaß hatten, den alten Aeolern als den Doriern zu hel-
fen, und entnehmen daraus nur die Existenz nichtdori-
scher Familien von Ansehn in Korinth.

10.

Indem wir mehr einer lokalen Anordnung, als
der genauen Chronologie folgen, schließen wir die Grün-

1 2, 4, 3.
2 Pind. O. 13, 11. vgl. Böckhs Commen-
tar S. 213. Kallim. bei Plut. Symp. Qu. 5, 3. p. 213. Ale-
tiadai par Aigaioni theo Thesousin nikes sumbolon Isthmiados Ze-
lo ton Nemeethe.
3 Herod. 5, 92, 2. Daraus erklärt sich
vielleicht die alte Verwandtschaft der Kypseliden und Philaiden, (nach
Herod. 6, 128.) mit Vergleichung der Tafel, Orchom. S. 465.
4 2, 4, 4. vgl. 5, 18, 2.

logiſch an die Heroen des fruͤher herrſchenden angeknuͤpft
wird. So wird Doridas, d. i. der Dorer in patrony-
miſcher Form, Nachkomme des Siſyphos. Von nun
an herrſchen die Dorier; ohne indeſſen doch, wie Pau-
ſanias vorgiebt 1, die fruͤhere Bevoͤlkerung ganz zu ver-
treiben, da die Zahl der Einwanderer nur den Adel des
neuen Staates bildete. Nur poetiſch nennen Pindar
und Kallimachos das geſammte Korinthiſche Volk Aleti-
den 2; genealogiſch leitete ſich von Aletes nur die Herr-
ſcherfamilie, die Bakchiaden ab, die lange der Stadt Koͤ-
nige und Prytanen, und allen Kolonien Korinths An-
fuͤhrer gab. Doch gab es auch angeſehene Familien an-
derer Abkunft. Die Familie des Kypſelos, welche ſpaͤ,
ter ſich der Tyrannis bemaͤchtigte, war nach Herodot
Lapithiſch und ſtammte von Kaͤneus 3. Sie kam nach
Pauſanias 4 von Gonuſa bei Sikyon den Doriern gegen
Korinth zu Huͤlfe; indeß nahm ſie Aletes, durch ein
Orakel gewarnt, zuerſt nicht auf; ſpaͤter aber zog er ſie,
daſſelbe vernachlaͤſſigend, in die Stadt, wo ſie nach-
mals ſeine eigenen Nachkommen ſtuͤrzte. Wir laſſen die
aus der Tyrannis ruͤckwaͤrts gebildete Erzaͤhlung auf
ſich beruhen, blos bemerkend, daß jene Kaͤniden mehr
Anlaß hatten, den alten Aeolern als den Doriern zu hel-
fen, und entnehmen daraus nur die Exiſtenz nichtdori-
ſcher Familien von Anſehn in Korinth.

10.

Indem wir mehr einer lokalen Anordnung, als
der genauen Chronologie folgen, ſchließen wir die Gruͤn-

1 2, 4, 3.
2 Pind. O. 13, 11. vgl. Boͤckhs Commen-
tar S. 213. Kallim. bei Plut. Symp. Qu. 5, 3. p. 213. Ἀλη-
τιάδαι παϱ̕ Αἰγαιῶνι ϑεῷ Θήσουσιν νίκης σύμβολον Ἰσϑμιάδος Ζή-
λῳ τῶν Νεμέηϑε.
3 Herod. 5, 92, 2. Daraus erklaͤrt ſich
vielleicht die alte Verwandtſchaft der Kypſeliden und Philaiden, (nach
Herod. 6, 128.) mit Vergleichung der Tafel, Orchom. S. 465.
4 2, 4, 4. vgl. 5, 18, 2.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0117" n="87"/>
logi&#x017F;ch an die Heroen des fru&#x0364;her herr&#x017F;chenden angeknu&#x0364;pft<lb/>
wird. So wird Doridas, d. i. der Dorer in patrony-<lb/>
mi&#x017F;cher Form, Nachkomme des Si&#x017F;yphos. Von nun<lb/>
an herr&#x017F;chen die Dorier; ohne inde&#x017F;&#x017F;en doch, wie Pau-<lb/>
&#x017F;anias vorgiebt <note place="foot" n="1">2, 4, 3.</note>, die fru&#x0364;here Bevo&#x0364;lkerung ganz zu ver-<lb/>
treiben, da die Zahl der Einwanderer nur den Adel des<lb/>
neuen Staates bildete. Nur poeti&#x017F;ch nennen Pindar<lb/>
und Kallimachos das ge&#x017F;ammte Korinthi&#x017F;che Volk Aleti-<lb/>
den <note place="foot" n="2">Pind. O. 13, 11. vgl. Bo&#x0364;ckhs Commen-<lb/>
tar S. 213. Kallim. bei Plut. <hi rendition="#aq">Symp. Qu. 5, 3. p</hi>. 213. &#x1F08;&#x03BB;&#x03B7;-<lb/>
&#x03C4;&#x03B9;&#x03AC;&#x03B4;&#x03B1;&#x03B9; &#x03C0;&#x03B1;&#x03F1;&#x0315; &#x0391;&#x1F30;&#x03B3;&#x03B1;&#x03B9;&#x1FF6;&#x03BD;&#x03B9; &#x03D1;&#x03B5;&#x1FF7; &#x0398;&#x03AE;&#x03C3;&#x03BF;&#x03C5;&#x03C3;&#x03B9;&#x03BD; &#x03BD;&#x03AF;&#x03BA;&#x03B7;&#x03C2; &#x03C3;&#x03CD;&#x03BC;&#x03B2;&#x03BF;&#x03BB;&#x03BF;&#x03BD; &#x1F38;&#x03C3;&#x03D1;&#x03BC;&#x03B9;&#x03AC;&#x03B4;&#x03BF;&#x03C2; &#x0396;&#x03AE;-<lb/>
&#x03BB;&#x1FF3; &#x03C4;&#x1FF6;&#x03BD; &#x039D;&#x03B5;&#x03BC;&#x03AD;&#x03B7;&#x03D1;&#x03B5;.</note>; genealogi&#x017F;ch leitete &#x017F;ich von Aletes nur die Herr-<lb/>
&#x017F;cherfamilie, die Bakchiaden ab, die lange der Stadt Ko&#x0364;-<lb/>
nige und Prytanen, und allen Kolonien Korinths An-<lb/>
fu&#x0364;hrer gab. Doch gab es auch ange&#x017F;ehene Familien an-<lb/>
derer Abkunft. Die Familie des Kyp&#x017F;elos, welche &#x017F;pa&#x0364;,<lb/>
ter &#x017F;ich der Tyrannis bema&#x0364;chtigte, war nach Herodot<lb/>
Lapithi&#x017F;ch und &#x017F;tammte von Ka&#x0364;neus <note place="foot" n="3">Herod. 5, 92, 2. Daraus erkla&#x0364;rt &#x017F;ich<lb/>
vielleicht die alte Verwandt&#x017F;chaft der Kyp&#x017F;eliden und Philaiden, (nach<lb/>
Herod. 6, 128.) mit Vergleichung der Tafel, Orchom. S. 465.</note>. Sie kam nach<lb/>
Pau&#x017F;anias <note place="foot" n="4">2, 4, 4. vgl. 5, 18, 2.</note> von Gonu&#x017F;a bei Sikyon den Doriern gegen<lb/>
Korinth zu Hu&#x0364;lfe; indeß nahm &#x017F;ie Aletes, durch ein<lb/>
Orakel gewarnt, zuer&#x017F;t nicht auf; &#x017F;pa&#x0364;ter aber zog er &#x017F;ie,<lb/>
da&#x017F;&#x017F;elbe vernachla&#x0364;&#x017F;&#x017F;igend, in die Stadt, wo &#x017F;ie nach-<lb/>
mals &#x017F;eine eigenen Nachkommen &#x017F;tu&#x0364;rzte. Wir la&#x017F;&#x017F;en die<lb/>
aus der Tyrannis ru&#x0364;ckwa&#x0364;rts gebildete Erza&#x0364;hlung auf<lb/>
&#x017F;ich beruhen, blos bemerkend, daß jene Ka&#x0364;niden mehr<lb/>
Anlaß hatten, den alten Aeolern als den Doriern zu hel-<lb/>
fen, und entnehmen daraus nur die Exi&#x017F;tenz nichtdori-<lb/>
&#x017F;cher Familien von An&#x017F;ehn in Korinth.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>10.</head><lb/>
            <p>Indem wir mehr einer lokalen Anordnung, als<lb/>
der genauen Chronologie folgen, &#x017F;chließen wir die Gru&#x0364;n-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[87/0117] logiſch an die Heroen des fruͤher herrſchenden angeknuͤpft wird. So wird Doridas, d. i. der Dorer in patrony- miſcher Form, Nachkomme des Siſyphos. Von nun an herrſchen die Dorier; ohne indeſſen doch, wie Pau- ſanias vorgiebt 1, die fruͤhere Bevoͤlkerung ganz zu ver- treiben, da die Zahl der Einwanderer nur den Adel des neuen Staates bildete. Nur poetiſch nennen Pindar und Kallimachos das geſammte Korinthiſche Volk Aleti- den 2; genealogiſch leitete ſich von Aletes nur die Herr- ſcherfamilie, die Bakchiaden ab, die lange der Stadt Koͤ- nige und Prytanen, und allen Kolonien Korinths An- fuͤhrer gab. Doch gab es auch angeſehene Familien an- derer Abkunft. Die Familie des Kypſelos, welche ſpaͤ, ter ſich der Tyrannis bemaͤchtigte, war nach Herodot Lapithiſch und ſtammte von Kaͤneus 3. Sie kam nach Pauſanias 4 von Gonuſa bei Sikyon den Doriern gegen Korinth zu Huͤlfe; indeß nahm ſie Aletes, durch ein Orakel gewarnt, zuerſt nicht auf; ſpaͤter aber zog er ſie, daſſelbe vernachlaͤſſigend, in die Stadt, wo ſie nach- mals ſeine eigenen Nachkommen ſtuͤrzte. Wir laſſen die aus der Tyrannis ruͤckwaͤrts gebildete Erzaͤhlung auf ſich beruhen, blos bemerkend, daß jene Kaͤniden mehr Anlaß hatten, den alten Aeolern als den Doriern zu hel- fen, und entnehmen daraus nur die Exiſtenz nichtdori- ſcher Familien von Anſehn in Korinth. 10. Indem wir mehr einer lokalen Anordnung, als der genauen Chronologie folgen, ſchließen wir die Gruͤn- 1 2, 4, 3. 2 Pind. O. 13, 11. vgl. Boͤckhs Commen- tar S. 213. Kallim. bei Plut. Symp. Qu. 5, 3. p. 213. Ἀλη- τιάδαι παϱ̕ Αἰγαιῶνι ϑεῷ Θήσουσιν νίκης σύμβολον Ἰσϑμιάδος Ζή- λῳ τῶν Νεμέηϑε. 3 Herod. 5, 92, 2. Daraus erklaͤrt ſich vielleicht die alte Verwandtſchaft der Kypſeliden und Philaiden, (nach Herod. 6, 128.) mit Vergleichung der Tafel, Orchom. S. 465. 4 2, 4, 4. vgl. 5, 18, 2.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/117
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/117>, abgerufen am 30.12.2024.