Müller, Johannes: Über die phantastischen Gesichtserscheinungen. Koblenz, 1826.genwärtig wären. Indessen waren es immer bloße Ge- 141. Besonders merkwürdig wegen der genauen Darstellung "Nicolai war in den letztverflossenen Monaten durch genwaͤrtig waͤren. Indeſſen waren es immer bloße Ge- 141. Beſonders merkwuͤrdig wegen der genauen Darſtellung »Nicolai war in den letztverfloſſenen Monaten durch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0093" n="77"/> genwaͤrtig waͤren. Indeſſen waren es immer bloße Ge-<lb/> maͤlde, die Perſonen redeten nicht und er hoͤrte keinen<lb/> Schall dabei. Das Merkwuͤrdigſte dabei iſt, daß dieſer<lb/> Mann nicht wie die Viſionaͤre ſeine Erſcheinung fuͤr Reali-<lb/> taͤten anſah. Er wußte vielmehr alle dieſe Erſcheinungen ſehr<lb/> richtig zu beurtheilen und immer ſeine erſten Urtheile zu ver-<lb/> beſſern. Dieſe Geſichte waren fuͤr ihn nichts mehr, als was<lb/> ſie in der That ſind, ſie gaben fuͤr ſeine Vernunft eine Art von<lb/> Beluſtigung ab. Er wußte in der erſten Minute noch nicht<lb/> zu ſagen, was in der folgenden ihm vorkommen wuͤrde.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>141.</head><lb/> <p>Beſonders merkwuͤrdig wegen der genauen Darſtellung<lb/> der Metamorphoſen ſind die Hallucinationen, welche <hi rendition="#g">Ni-<lb/> colai</hi> von ſich ſelbſt beſchrieben, wenn auch hier ſchon ein<lb/> Erethismus des Nervenſyſtems zu Grunde lag.</p><lb/> <p>»<hi rendition="#g">Nicolai</hi> war in den letztverfloſſenen Monaten durch<lb/> verſchiedene unangenehme Vorfaͤlle gekraͤnkt worden, und hatte<lb/> eine gewohnte Aderlaß und das Anſetzen der Blutigel uͤber-<lb/> gangen. Am 24. Febr. 1791, als eben eine Reihe unangeneh-<lb/> mer Dinge ſein ganzes moraliſches Gefuͤhl empoͤrt und ihn<lb/> in eine heftige Gemuͤthsbewegung verſetzt hatten, ſtand<lb/> ploͤtzlich die Geſtalt eines Verſtorbenen vor ihm. Noch den-<lb/> ſelben Tag erſchienen verſchiedene andere wandelnde Phan-<lb/> tome. In den folgenden Tagen ſah er die Geſtalt des Ver-<lb/> ſtorbenen nicht mehr; hingegen kamen viele andere bekann-<lb/> te und unbekannte, aber meiſtens unbekannte Perſonen zum<lb/> Vorſchein. Die bekannten waren meiſtentheils lebende aber<lb/> entfernte Perſonen. Die Phantasmen erſchienen unwill-<lb/> kuͤhrlich, und <hi rendition="#g">Nicolai</hi> war durch die groͤßte Anſtrengung<lb/> nicht im Stande, nach Willkuͤhr dieſe oder jene Perſonen<lb/> hervorzubringen. Sie erſchienen bei Tage und bei Nacht,<lb/> wenn er allein und in Geſellſchaft war, in fremden Haͤu-<lb/> ſern nicht ſo haͤufig, auf der offenen Straße ſelten. Zu-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [77/0093]
genwaͤrtig waͤren. Indeſſen waren es immer bloße Ge-
maͤlde, die Perſonen redeten nicht und er hoͤrte keinen
Schall dabei. Das Merkwuͤrdigſte dabei iſt, daß dieſer
Mann nicht wie die Viſionaͤre ſeine Erſcheinung fuͤr Reali-
taͤten anſah. Er wußte vielmehr alle dieſe Erſcheinungen ſehr
richtig zu beurtheilen und immer ſeine erſten Urtheile zu ver-
beſſern. Dieſe Geſichte waren fuͤr ihn nichts mehr, als was
ſie in der That ſind, ſie gaben fuͤr ſeine Vernunft eine Art von
Beluſtigung ab. Er wußte in der erſten Minute noch nicht
zu ſagen, was in der folgenden ihm vorkommen wuͤrde.
141.
Beſonders merkwuͤrdig wegen der genauen Darſtellung
der Metamorphoſen ſind die Hallucinationen, welche Ni-
colai von ſich ſelbſt beſchrieben, wenn auch hier ſchon ein
Erethismus des Nervenſyſtems zu Grunde lag.
»Nicolai war in den letztverfloſſenen Monaten durch
verſchiedene unangenehme Vorfaͤlle gekraͤnkt worden, und hatte
eine gewohnte Aderlaß und das Anſetzen der Blutigel uͤber-
gangen. Am 24. Febr. 1791, als eben eine Reihe unangeneh-
mer Dinge ſein ganzes moraliſches Gefuͤhl empoͤrt und ihn
in eine heftige Gemuͤthsbewegung verſetzt hatten, ſtand
ploͤtzlich die Geſtalt eines Verſtorbenen vor ihm. Noch den-
ſelben Tag erſchienen verſchiedene andere wandelnde Phan-
tome. In den folgenden Tagen ſah er die Geſtalt des Ver-
ſtorbenen nicht mehr; hingegen kamen viele andere bekann-
te und unbekannte, aber meiſtens unbekannte Perſonen zum
Vorſchein. Die bekannten waren meiſtentheils lebende aber
entfernte Perſonen. Die Phantasmen erſchienen unwill-
kuͤhrlich, und Nicolai war durch die groͤßte Anſtrengung
nicht im Stande, nach Willkuͤhr dieſe oder jene Perſonen
hervorzubringen. Sie erſchienen bei Tage und bei Nacht,
wenn er allein und in Geſellſchaft war, in fremden Haͤu-
ſern nicht ſo haͤufig, auf der offenen Straße ſelten. Zu-
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