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Müller, Johannes: Über die phantastischen Gesichtserscheinungen. Koblenz, 1826.

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lächerlich und nur der Auslegung des Unwissenden und
Gläubigen verständlich.

100.

Jeder Halbwache, der bei geschlossenen Augen in se-
ligem Gefühl des in ein Eigenleben der einzeln Organe
zerfallenen Gesammtlebens Phantasiebilder hat, und der
noch nicht so tief schläft, daß du dich noch abgebrochen
mit ihm unterhalten kannst, ist einer magnetischen Som-
nambule gleich oder ähnlich zu achten. Auf unserm physio-
logischen Standpuncte geben wir also bloß zu, daß es
Mittel gebe, nervöse Personen, die entweder ohnehin
schon zum natürlichen Samnambulismus oder Halbwachen,
zum Somnambulismus spontaneus, oder zu verwandten nervö-
sen Zuständen geneigt sind, die in einem hysterischen oder
hypochondrischen Anfall ohnehin schon leuchtende Phanta-
siebilder sehen, auch künstlich in das, wozu sie geneigt
sind, in ein natürliches Halbwachen mit unvollkommenen
Träumen zu versetzen sind. Das Höchste, was wir zuzuge-
ben berechtigt sind, ist, daß in einem solchen Zustande
im Sehfelde gesehen werde, worauf die Intention gerich-
tet ist.

101.

Der Schreiber dieses hat nie magnetisirt, er hat den
Discussionen darüber ruhig zugehört. Eine äußere künst-
liche Nöthigung zu Phaenomenen, die wir ohne hin schon
kennen und die alle Tage bei Andern schwächer, bei Andern
stärker, bei ihm selbst stark genug eintreten, schien ihm unbe-
zweifelbar. Diese äußere künstliche Nöthigung zu einem
bekannten einfachen durch Lügen und ärztlichen Aberglauben
entstellten Phaenomen ist der sogenannte thierische Magne-
tismus; um die Art dieser Nöthigung hat der Schreiber sich
hier nicht zubekümmern. Die Divination und alles andere

laͤcherlich und nur der Auslegung des Unwiſſenden und
Glaͤubigen verſtaͤndlich.

100.

Jeder Halbwache, der bei geſchloſſenen Augen in ſe-
ligem Gefuͤhl des in ein Eigenleben der einzeln Organe
zerfallenen Geſammtlebens Phantaſiebilder hat, und der
noch nicht ſo tief ſchlaͤft, daß du dich noch abgebrochen
mit ihm unterhalten kannſt, iſt einer magnetiſchen Som-
nambule gleich oder aͤhnlich zu achten. Auf unſerm phyſio-
logiſchen Standpuncte geben wir alſo bloß zu, daß es
Mittel gebe, nervoͤſe Perſonen, die entweder ohnehin
ſchon zum natuͤrlichen Samnambulismus oder Halbwachen,
zum Somnambulismus spontaneus, oder zu verwandten nervoͤ-
ſen Zuſtaͤnden geneigt ſind, die in einem hyſteriſchen oder
hypochondriſchen Anfall ohnehin ſchon leuchtende Phanta-
ſiebilder ſehen, auch kuͤnſtlich in das, wozu ſie geneigt
ſind, in ein natuͤrliches Halbwachen mit unvollkommenen
Traͤumen zu verſetzen ſind. Das Hoͤchſte, was wir zuzuge-
ben berechtigt ſind, iſt, daß in einem ſolchen Zuſtande
im Sehfelde geſehen werde, worauf die Intention gerich-
tet iſt.

101.

Der Schreiber dieſes hat nie magnetiſirt, er hat den
Discuſſionen daruͤber ruhig zugehoͤrt. Eine aͤußere kuͤnſt-
liche Noͤthigung zu Phaenomenen, die wir ohne hin ſchon
kennen und die alle Tage bei Andern ſchwaͤcher, bei Andern
ſtaͤrker, bei ihm ſelbſt ſtark genug eintreten, ſchien ihm unbe-
zweifelbar. Dieſe aͤußere kuͤnſtliche Noͤthigung zu einem
bekannten einfachen durch Luͤgen und aͤrztlichen Aberglauben
entſtellten Phaenomen iſt der ſogenannte thieriſche Magne-
tismus; um die Art dieſer Noͤthigung hat der Schreiber ſich
hier nicht zubekuͤmmern. Die Divination und alles andere

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[57/0073] laͤcherlich und nur der Auslegung des Unwiſſenden und Glaͤubigen verſtaͤndlich. 100. Jeder Halbwache, der bei geſchloſſenen Augen in ſe- ligem Gefuͤhl des in ein Eigenleben der einzeln Organe zerfallenen Geſammtlebens Phantaſiebilder hat, und der noch nicht ſo tief ſchlaͤft, daß du dich noch abgebrochen mit ihm unterhalten kannſt, iſt einer magnetiſchen Som- nambule gleich oder aͤhnlich zu achten. Auf unſerm phyſio- logiſchen Standpuncte geben wir alſo bloß zu, daß es Mittel gebe, nervoͤſe Perſonen, die entweder ohnehin ſchon zum natuͤrlichen Samnambulismus oder Halbwachen, zum Somnambulismus spontaneus, oder zu verwandten nervoͤ- ſen Zuſtaͤnden geneigt ſind, die in einem hyſteriſchen oder hypochondriſchen Anfall ohnehin ſchon leuchtende Phanta- ſiebilder ſehen, auch kuͤnſtlich in das, wozu ſie geneigt ſind, in ein natuͤrliches Halbwachen mit unvollkommenen Traͤumen zu verſetzen ſind. Das Hoͤchſte, was wir zuzuge- ben berechtigt ſind, iſt, daß in einem ſolchen Zuſtande im Sehfelde geſehen werde, worauf die Intention gerich- tet iſt. 101. Der Schreiber dieſes hat nie magnetiſirt, er hat den Discuſſionen daruͤber ruhig zugehoͤrt. Eine aͤußere kuͤnſt- liche Noͤthigung zu Phaenomenen, die wir ohne hin ſchon kennen und die alle Tage bei Andern ſchwaͤcher, bei Andern ſtaͤrker, bei ihm ſelbſt ſtark genug eintreten, ſchien ihm unbe- zweifelbar. Dieſe aͤußere kuͤnſtliche Noͤthigung zu einem bekannten einfachen durch Luͤgen und aͤrztlichen Aberglauben entſtellten Phaenomen iſt der ſogenannte thieriſche Magne- tismus; um die Art dieſer Noͤthigung hat der Schreiber ſich hier nicht zubekuͤmmern. Die Divination und alles andere

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Zitationshilfe: Müller, Johannes: Über die phantastischen Gesichtserscheinungen. Koblenz, 1826, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_gesichtserscheinungen_1826/73>, abgerufen am 21.11.2024.