Müller, Johannes: Über die phantastischen Gesichtserscheinungen. Koblenz, 1826.8. Dem Aeußern kann daher nur der Antheil an der spe- 9. Es kann uns daher gar nicht einmal einfallen zu unter- 8. Dem Aeußern kann daher nur der Antheil an der ſpe- 9. Es kann uns daher gar nicht einmal einfallen zu unter- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb n="7" facs="#f0023"/> <div n="3"> <head>8.</head><lb/> <p>Dem Aeußern kann daher nur der Antheil an der ſpe-<lb/> eifiſchen Empfindung geſtattet werden, daß es nach ſeiner<lb/> Verſchiedenheit und verſchiedenen Einwirkung verſchiedene<lb/> Zuſtaͤnde der Erregung in der Sehſinnſubſtanz ſetze, welche<lb/> verſchiedene Zuſtaͤnde aber nur als ſubjective dunklere und<lb/> hellere Farben oder als Lichtes erſcheinen. Von verſchie-<lb/> denen Reizen wird der eine mehr die Empfindung des Gel-<lb/> ben, die des Blauen der andere mehr ſollicitiren, und<lb/> zwar nur dadurch, weil ſie verſchiedene Zuſtaͤnde der Er-<lb/> regung ſetzen. Eines und daſſelbe, wie die mechaniſche Ir-<lb/> ritation durch Druck, bewirkt daher auch bald mehr die eine<lb/> oder andere Farbenerſcheinung, bald mehr die Lichterſchei-<lb/> nung ſelbſt, alles nach dem Maße ſeiner Einwirkung.<lb/> Außer der Empfindung des Dunkeln, der Farben und des<lb/> Lichtes giebt es aber nimmer andere Zuſtaͤnde und Lebensaͤu-<lb/> ßerungen der Sehſinnſubſtanz des Auges.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>9.</head><lb/> <p>Es kann uns daher gar nicht einmal einfallen zu unter-<lb/> ſuchen, ob die Netzhaut oder der Sehnerve auch Taſt-<lb/> gefuͤhl habe. Das heißt uns gerade ſo viel als fragen, ob<lb/> der Tonnerve, der in allen ſeinen Zuſtaͤnden toͤnend ſich<lb/> empfindet, auch noch zugleich lichtempfindend ſey. Wenn<lb/> daher ein franzoͤſiſcher Phyſiologe ſich ſelbſt zum groͤßten<lb/> Erſtaunen durch das Experiment erwieſen hat, daß der<lb/> Lichtnerve nur eine ſogenannte ſpecifiſche Empfindlichkeit<lb/> fuͤr das aͤußere Licht, aber kein Taſtgefuͤhl fuͤr mechaniſche<lb/> Irritation hat, d. h. keinen Widerſtand, nicht Schmerz,<lb/> nicht Waͤrme empfindet, ſo wuͤnſchen wir dieſer Phyſiologie<lb/> nur den Fortſchritt, daß ihr einſichtlich werde, wie der<lb/> Lichtnerve das Aeußere zwar nicht als Widerſtand empfin-<lb/> de, aber gegen jedes Aeußere und auch gegen das Meſſer<lb/> als gegen einen Reitz leuchiend reagirt. Wenn aber der<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [7/0023]
8.
Dem Aeußern kann daher nur der Antheil an der ſpe-
eifiſchen Empfindung geſtattet werden, daß es nach ſeiner
Verſchiedenheit und verſchiedenen Einwirkung verſchiedene
Zuſtaͤnde der Erregung in der Sehſinnſubſtanz ſetze, welche
verſchiedene Zuſtaͤnde aber nur als ſubjective dunklere und
hellere Farben oder als Lichtes erſcheinen. Von verſchie-
denen Reizen wird der eine mehr die Empfindung des Gel-
ben, die des Blauen der andere mehr ſollicitiren, und
zwar nur dadurch, weil ſie verſchiedene Zuſtaͤnde der Er-
regung ſetzen. Eines und daſſelbe, wie die mechaniſche Ir-
ritation durch Druck, bewirkt daher auch bald mehr die eine
oder andere Farbenerſcheinung, bald mehr die Lichterſchei-
nung ſelbſt, alles nach dem Maße ſeiner Einwirkung.
Außer der Empfindung des Dunkeln, der Farben und des
Lichtes giebt es aber nimmer andere Zuſtaͤnde und Lebensaͤu-
ßerungen der Sehſinnſubſtanz des Auges.
9.
Es kann uns daher gar nicht einmal einfallen zu unter-
ſuchen, ob die Netzhaut oder der Sehnerve auch Taſt-
gefuͤhl habe. Das heißt uns gerade ſo viel als fragen, ob
der Tonnerve, der in allen ſeinen Zuſtaͤnden toͤnend ſich
empfindet, auch noch zugleich lichtempfindend ſey. Wenn
daher ein franzoͤſiſcher Phyſiologe ſich ſelbſt zum groͤßten
Erſtaunen durch das Experiment erwieſen hat, daß der
Lichtnerve nur eine ſogenannte ſpecifiſche Empfindlichkeit
fuͤr das aͤußere Licht, aber kein Taſtgefuͤhl fuͤr mechaniſche
Irritation hat, d. h. keinen Widerſtand, nicht Schmerz,
nicht Waͤrme empfindet, ſo wuͤnſchen wir dieſer Phyſiologie
nur den Fortſchritt, daß ihr einſichtlich werde, wie der
Lichtnerve das Aeußere zwar nicht als Widerſtand empfin-
de, aber gegen jedes Aeußere und auch gegen das Meſſer
als gegen einen Reitz leuchiend reagirt. Wenn aber der
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Zitationshilfe: | Müller, Johannes: Über die phantastischen Gesichtserscheinungen. Koblenz, 1826, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_gesichtserscheinungen_1826/23>, abgerufen am 03.03.2025. |