Müller, Johannes: Über die phantastischen Gesichtserscheinungen. Koblenz, 1826.153. Von den Gehörphantasmen des Traumes müßte uns 154. Merkwürdig wegen der phantastischen Nachempfindung 153. Von den Gehoͤrphantasmen des Traumes muͤßte uns 154. Merkwuͤrdig wegen der phantaſtiſchen Nachempfindung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0101" n="85"/> <div n="3"> <head>153.</head><lb/> <p>Von den Gehoͤrphantasmen des Traumes muͤßte uns<lb/> ein Muſiker erzaͤhlen. Die phantaſtiſchen Tonempfindun-<lb/> gen im Delirium, im Irrſeyn ſind bekannt; aber wie die<lb/> Geſichtserſcheinungen treten ſie auch unter Umſtaͤnden auf,<lb/> wo ihre Objectivitaͤt nicht anerkannt wird. Solche Faͤlle<lb/> ſind in der Berliner Monatsſchrift 1799. S. 347. 1800. S.<lb/> 245. und 352. mitgetheilt. Von einem harthoͤrigen Greiſe,<lb/> der an haemorrhoidaliſchen Bewegungen litt, wird erzaͤhlt,<lb/> wie er bei Tage <choice><sic>nnd</sic><corr>und</corr></choice> Nacht, im Bette <choice><sic>uud</sic><corr>und</corr></choice> am Schreibtiſche<lb/> von Zeit zu Zeit bald eine Menge von Glocken laͤuten,<lb/> bald die Feuertrommel nah und fern, bald das Brauſen<lb/> eines ſtuͤrzenden Waſſers, bald ganze Choͤre von Saͤngern,<lb/> die gar vollſtaͤndig beſetzt waren, hoͤrte.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>154.</head><lb/> <p>Merkwuͤrdig wegen der phantaſtiſchen Nachempfindung<lb/> der objectiven Gehoͤreindruͤcke ſind <hi rendition="#g">Mendelſohn’s</hi> Phan-<lb/> tasmen. <hi rendition="#g">Moſes Mendelſohn</hi> hatte ſich im J. 1772<lb/> durch zu ſtarke Anſtrengungen des Geiſtes eine Krankheit<lb/> zugezogen, welche voll ſonderbarer pſychologiſcher Er-<lb/> ſcheinungen war. Ueber zwei Jahr lang durfte er gar<lb/> nichts thun, gar nichts leſen, uͤber gar nichts nachdenken,<lb/> keine laute Toͤne hoͤren. Wenn jemand im geringſten leb-<lb/> haft mit ihm redete, oder er ſelbſt nur wenig lebhaft war,<lb/> ſo fiel er Abends in eine hoͤchſt beſchwerliche Art von Ca-<lb/> talepſie, worin er Alles ſah und hoͤrte, was um ihn vor-<lb/> gieng, ohne ein Glied bewegen zu koͤnnen. Hatte er dann<lb/> am Tage lebhafte Reden gehoͤrt, ſo rief ihm waͤhrend des<lb/> Anfalls eine Stentorſtimme die einzelnen, mit einem ho-<lb/> hen Accente ausgeſprochenen oder ſonſt laut geredeten Worte<lb/> und Silben wieder einzeln zu, ſo daß ihm auf eine ſehr<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [85/0101]
153.
Von den Gehoͤrphantasmen des Traumes muͤßte uns
ein Muſiker erzaͤhlen. Die phantaſtiſchen Tonempfindun-
gen im Delirium, im Irrſeyn ſind bekannt; aber wie die
Geſichtserſcheinungen treten ſie auch unter Umſtaͤnden auf,
wo ihre Objectivitaͤt nicht anerkannt wird. Solche Faͤlle
ſind in der Berliner Monatsſchrift 1799. S. 347. 1800. S.
245. und 352. mitgetheilt. Von einem harthoͤrigen Greiſe,
der an haemorrhoidaliſchen Bewegungen litt, wird erzaͤhlt,
wie er bei Tage und Nacht, im Bette und am Schreibtiſche
von Zeit zu Zeit bald eine Menge von Glocken laͤuten,
bald die Feuertrommel nah und fern, bald das Brauſen
eines ſtuͤrzenden Waſſers, bald ganze Choͤre von Saͤngern,
die gar vollſtaͤndig beſetzt waren, hoͤrte.
154.
Merkwuͤrdig wegen der phantaſtiſchen Nachempfindung
der objectiven Gehoͤreindruͤcke ſind Mendelſohn’s Phan-
tasmen. Moſes Mendelſohn hatte ſich im J. 1772
durch zu ſtarke Anſtrengungen des Geiſtes eine Krankheit
zugezogen, welche voll ſonderbarer pſychologiſcher Er-
ſcheinungen war. Ueber zwei Jahr lang durfte er gar
nichts thun, gar nichts leſen, uͤber gar nichts nachdenken,
keine laute Toͤne hoͤren. Wenn jemand im geringſten leb-
haft mit ihm redete, oder er ſelbſt nur wenig lebhaft war,
ſo fiel er Abends in eine hoͤchſt beſchwerliche Art von Ca-
talepſie, worin er Alles ſah und hoͤrte, was um ihn vor-
gieng, ohne ein Glied bewegen zu koͤnnen. Hatte er dann
am Tage lebhafte Reden gehoͤrt, ſo rief ihm waͤhrend des
Anfalls eine Stentorſtimme die einzelnen, mit einem ho-
hen Accente ausgeſprochenen oder ſonſt laut geredeten Worte
und Silben wieder einzeln zu, ſo daß ihm auf eine ſehr
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |