wird. Ein Mann von Ehre und Selbstgefühl aber, der solche Beyspiele vor sich sieht, und die Wahl in seiner Macht hat, Ja oder Nein zu sagen, sollte einem solchen Fürsten, um welchen Preis es immer sey, nie, nie dienen, ihn vielmehr fliehen und mit sichtbarer Gleich- gültigkeit strafen.
19. Wie Gott zuweilen die Fürsten strafe?
Wie straft Gott die Fürsten, die einen treuen würdigen Minister oder andern redlichen Die- ner, der ihnen nicht heucheln und schmeicheln wollte, im Dienst ermüdet und aus demselben fortgedrückt haben? Am ersten und schwersten damit: Dass sie sich allein weise dünken, guten Rath nicht verlangen, und, wenn er ihnen unge- beten gegeben wird, verachten, und so ihrem Eigendünkel und Eigensinn Preis gegeben wer- den; sodann dass sie sich Schmeichler und Jaherrn zu ihren Vertrauten wählen oder sich ihnen überlassen, und so zuletzt ein Blinder mit dem andern in die Grube fällt; und endlich, dass andere brave Diener an jenen Beispielen Wink und Warnung nehmen, und, wann oder so bald sie können, aus einem Dienst, wo man
wird. Ein Mann von Ehre und Selbstgefühl aber, der solche Beyspiele vor sich sieht, und die Wahl in seiner Macht hat, Ja oder Nein zu sagen, sollte einem solchen Fürsten, um welchen Preis es immer sey, nie, nie dienen, ihn vielmehr fliehen und mit sichtbarer Gleich- gültigkeit strafen.
19. Wie Gott zuweilen die Fürsten strafe?
Wie straft Gott die Fürsten, die einen treuen würdigen Minister oder andern redlichen Die- ner, der ihnen nicht heucheln und schmeicheln wollte, im Dienst ermüdet und aus demselben fortgedrückt haben? Am ersten und schwersten damit: Daſs sie sich allein weise dünken, guten Rath nicht verlangen, und, wenn er ihnen unge- beten gegeben wird, verachten, und so ihrem Eigendünkel und Eigensinn Preis gegeben wer- den; sodann daſs sie sich Schmeichler und Jaherrn zu ihren Vertrauten wählen oder sich ihnen überlassen, und so zuletzt ein Blinder mit dem andern in die Grube fällt; und endlich, daſs andere brave Diener an jenen Beispielen Wink und Warnung nehmen, und, wann oder so bald sie können, aus einem Dienst, wo man
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0259"n="253"/>
wird. Ein Mann von Ehre und Selbstgefühl<lb/>
aber, der solche Beyspiele vor sich sieht, und<lb/>
die Wahl in seiner Macht hat, Ja oder Nein<lb/>
zu sagen, sollte einem <hirendition="#i"><hirendition="#g">solchen</hi></hi> Fürsten, um<lb/>
welchen Preis es immer sey, nie, nie dienen,<lb/>
ihn vielmehr fliehen und mit sichtbarer Gleich-<lb/>
gültigkeit strafen.</p></div><lb/><divn="2"><head>19.<lb/>
Wie Gott zuweilen die Fürsten strafe?</head><lb/><p>Wie straft Gott die Fürsten, die einen treuen<lb/>
würdigen Minister oder andern redlichen Die-<lb/>
ner, der ihnen nicht heucheln und schmeicheln<lb/>
wollte, im Dienst ermüdet und aus demselben<lb/>
fortgedrückt haben? Am ersten und schwersten<lb/>
damit: Daſs sie sich allein weise dünken, guten<lb/>
Rath nicht verlangen, und, wenn er ihnen unge-<lb/>
beten gegeben wird, verachten, und so ihrem<lb/>
Eigendünkel und Eigensinn Preis gegeben wer-<lb/>
den; sodann daſs sie sich Schmeichler und<lb/>
Jaherrn zu ihren Vertrauten wählen oder sich<lb/>
ihnen überlassen, und so zuletzt ein Blinder mit<lb/>
dem andern in die Grube fällt; und endlich,<lb/>
daſs andere brave Diener an jenen Beispielen<lb/>
Wink und Warnung nehmen, und, wann oder<lb/>
so bald sie können, aus einem Dienst, wo man<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[253/0259]
wird. Ein Mann von Ehre und Selbstgefühl
aber, der solche Beyspiele vor sich sieht, und
die Wahl in seiner Macht hat, Ja oder Nein
zu sagen, sollte einem solchen Fürsten, um
welchen Preis es immer sey, nie, nie dienen,
ihn vielmehr fliehen und mit sichtbarer Gleich-
gültigkeit strafen.
19.
Wie Gott zuweilen die Fürsten strafe?
Wie straft Gott die Fürsten, die einen treuen
würdigen Minister oder andern redlichen Die-
ner, der ihnen nicht heucheln und schmeicheln
wollte, im Dienst ermüdet und aus demselben
fortgedrückt haben? Am ersten und schwersten
damit: Daſs sie sich allein weise dünken, guten
Rath nicht verlangen, und, wenn er ihnen unge-
beten gegeben wird, verachten, und so ihrem
Eigendünkel und Eigensinn Preis gegeben wer-
den; sodann daſs sie sich Schmeichler und
Jaherrn zu ihren Vertrauten wählen oder sich
ihnen überlassen, und so zuletzt ein Blinder mit
dem andern in die Grube fällt; und endlich,
daſs andere brave Diener an jenen Beispielen
Wink und Warnung nehmen, und, wann oder
so bald sie können, aus einem Dienst, wo man
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/259>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.