Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
3.
Fürsten-Generationen.

Adam zeugte einen Sohn nach seinem Bilde.
So gehts durch das ganze Menschen-Geschlecht;
so sind auch die Fürsten-Generationen, durch
ganze Geschlechts-Reihen hindurch. Manch-
mahl bleibt von der Art der Mütter, von ihrem
Phlegma, von ihren Capricen, von ihrer Gut-
müthigkeit, u. s. w. was hangen. Das giebt
dann Spielarten, zwischen welchen aber das
eigene des Stamms immer hervorsticht.

Als die Schwedischen Reichs-Stände im Jahr
1633. nach dem Tod ihres grossen Königs, über
die Thronfolge der weiblichen Descendenz be-
rathschlagten und endlich eins wurden, dass die
Tochter Gustavs, Christine, den Thron bestei-
gen sollte, fieng ein Mitglied des Bauren-Stands,
Lorenz, an, zu fragen: Was ist das vor eine
Tochter von unserm König? Wir wissen von
keiner, und haben sie nie gesehen. Die gan-
ze Versammlung fieng darüber an zu murren;
der Land-Marschall antwortete dem Zweifler
aber: Ich will sie Euch weisen, wenn Ihr sie
sehen wollt. Die Prinzessin wurde darauf her-
beygehohlt, und den Bauren, besonders aber dem
anglaubigen Lorenz gewiesen, der sie dann ge-

3.
Fürsten-Generationen.

Adam zeugte einen Sohn nach seinem Bilde.
So gehts durch das ganze Menschen-Geschlecht;
so sind auch die Fürsten-Generationen, durch
ganze Geschlechts-Reihen hindurch. Manch-
mahl bleibt von der Art der Mütter, von ihrem
Phlegma, von ihren Capricen, von ihrer Gut-
müthigkeit, u. s. w. was hangen. Das giebt
dann Spielarten, zwischen welchen aber das
eigene des Stamms immer hervorsticht.

Als die Schwedischen Reichs-Stände im Jahr
1633. nach dem Tod ihres groſsen Königs, über
die Thronfolge der weiblichen Descendenz be-
rathschlagten und endlich eins wurden, daſs die
Tochter Gustavs, Christine, den Thron bestei-
gen sollte, fieng ein Mitglied des Bauren-Stands,
Lorenz, an, zu fragen: Was ist das vor eine
Tochter von unserm König? Wir wissen von
keiner, und haben sie nie gesehen. Die gan-
ze Versammlung fieng darüber an zu murren;
der Land-Marschall antwortete dem Zweifler
aber: Ich will sie Euch weisen, wenn Ihr sie
sehen wollt. Die Prinzessin wurde darauf her-
beygehohlt, und den Bauren, besonders aber dem
anglaubigen Lorenz gewiesen, der sie dann ge-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0225" n="219"/>
        <div n="2">
          <head>3.<lb/>
Fürsten-Generationen.</head><lb/>
          <p>Adam zeugte einen Sohn nach seinem Bilde.<lb/>
So gehts durch das ganze Menschen-Geschlecht;<lb/>
so sind auch die Fürsten-Generationen, durch<lb/>
ganze Geschlechts-Reihen hindurch. Manch-<lb/>
mahl bleibt von der Art der Mütter, von ihrem<lb/>
Phlegma, von ihren Capricen, von ihrer Gut-<lb/>
müthigkeit, u. s. w. was hangen. Das giebt<lb/>
dann Spielarten, zwischen welchen aber das<lb/>
eigene des Stamms immer hervorsticht.</p><lb/>
          <p>Als die Schwedischen Reichs-Stände im Jahr<lb/>
1633. nach dem Tod ihres gro&#x017F;sen Königs, über<lb/>
die Thronfolge der weiblichen Descendenz be-<lb/>
rathschlagten und endlich eins wurden, da&#x017F;s die<lb/>
Tochter Gustavs, Christine, den Thron bestei-<lb/>
gen sollte, fieng ein Mitglied des Bauren-Stands,<lb/>
Lorenz, an, zu fragen: Was ist das vor eine<lb/>
Tochter von unserm König? Wir wissen von<lb/>
keiner, und haben sie nie gesehen. Die gan-<lb/>
ze Versammlung fieng darüber an zu murren;<lb/>
der Land-Marschall antwortete dem Zweifler<lb/>
aber: Ich will sie Euch weisen, wenn Ihr sie<lb/>
sehen wollt. Die Prinzessin wurde darauf her-<lb/>
beygehohlt, und den Bauren, besonders aber dem<lb/>
anglaubigen Lorenz gewiesen, der sie dann ge-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[219/0225] 3. Fürsten-Generationen. Adam zeugte einen Sohn nach seinem Bilde. So gehts durch das ganze Menschen-Geschlecht; so sind auch die Fürsten-Generationen, durch ganze Geschlechts-Reihen hindurch. Manch- mahl bleibt von der Art der Mütter, von ihrem Phlegma, von ihren Capricen, von ihrer Gut- müthigkeit, u. s. w. was hangen. Das giebt dann Spielarten, zwischen welchen aber das eigene des Stamms immer hervorsticht. Als die Schwedischen Reichs-Stände im Jahr 1633. nach dem Tod ihres groſsen Königs, über die Thronfolge der weiblichen Descendenz be- rathschlagten und endlich eins wurden, daſs die Tochter Gustavs, Christine, den Thron bestei- gen sollte, fieng ein Mitglied des Bauren-Stands, Lorenz, an, zu fragen: Was ist das vor eine Tochter von unserm König? Wir wissen von keiner, und haben sie nie gesehen. Die gan- ze Versammlung fieng darüber an zu murren; der Land-Marschall antwortete dem Zweifler aber: Ich will sie Euch weisen, wenn Ihr sie sehen wollt. Die Prinzessin wurde darauf her- beygehohlt, und den Bauren, besonders aber dem anglaubigen Lorenz gewiesen, der sie dann ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/225
Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/225>, abgerufen am 21.12.2024.