für sich keine wahre Verbindlichkeit nach sich ziehet, sondern bey gesitteten Völckern, 1. auf der Billigkeit, 2. dem Wohlstand, oder 3. auf dem Herkommen in willkührlichen, und sonsten freyen, Handlungen beruhet.
§. 3.
Es gibt würcklich ein natürliches und allge- meines Völckerrecht; so dann könnte es auch vile positive oder besondere Völckerrechte geben.
§. 4.
Das natürliche Völckerrecht ist ein Theil des allgemeinen Naturrechts, oder derjenigen Erkenntniß, welche GOtt der Natur der Men- schen von deme eingepflanzet hat, was gut oder böse ist, und was ins besondere die Gerechtsa- me und Pflichten derer einzelnen und mehreren Menschen unter und gegen einander seynd.
§. 5.
Haben es nun einzelne oder wenige Men- schen, z. E. Familien, mit einander zu thun; so wird es das allgemeine privat-Naturrecht genannt:
Haben es Regenten und Unterthanen mit einander zu thun; so heißt es das natürliche all- gemeine Staatsrecht:
Haben es endlich ganze Nationen, oder de- ren Regenten, oder Unterthanen, als solche, mit einander zu thun; so ist es ein natürliches allgemeines Völckerrecht.
§. 6.
1. Capitel.
fuͤr ſich keine wahre Verbindlichkeit nach ſich ziehet, ſondern bey geſitteten Voͤlckern, 1. auf der Billigkeit, 2. dem Wohlſtand, oder 3. auf dem Herkommen in willkuͤhrlichen, und ſonſten freyen, Handlungen beruhet.
§. 3.
Es gibt wuͤrcklich ein natuͤrliches und allge- meines Voͤlckerrecht; ſo dann koͤnnte es auch vile poſitive oder beſondere Voͤlckerrechte geben.
§. 4.
Das natuͤrliche Voͤlckerrecht iſt ein Theil des allgemeinen Naturrechts, oder derjenigen Erkenntniß, welche GOtt der Natur der Men- ſchen von deme eingepflanzet hat, was gut oder boͤſe iſt, und was ins beſondere die Gerechtſa- me und Pflichten derer einzelnen und mehreren Menſchen unter und gegen einander ſeynd.
§. 5.
Haben es nun einzelne oder wenige Men- ſchen, z. E. Familien, mit einander zu thun; ſo wird es das allgemeine privat-Naturrecht genannt:
Haben es Regenten und Unterthanen mit einander zu thun; ſo heißt es das natuͤrliche all- gemeine Staatsrecht:
Haben es endlich ganze Nationen, oder de- ren Regenten, oder Unterthanen, als ſolche, mit einander zu thun; ſo iſt es ein natuͤrliches allgemeines Voͤlckerrecht.
§. 6.
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[2/0014]
1. Capitel.
fuͤr ſich keine wahre Verbindlichkeit nach ſich
ziehet, ſondern bey geſitteten Voͤlckern, 1. auf
der Billigkeit, 2. dem Wohlſtand, oder 3. auf
dem Herkommen in willkuͤhrlichen, und ſonſten
freyen, Handlungen beruhet.
§. 3.
Es gibt wuͤrcklich ein natuͤrliches und allge-
meines Voͤlckerrecht; ſo dann koͤnnte es auch
vile poſitive oder beſondere Voͤlckerrechte geben.
§. 4.
Das natuͤrliche Voͤlckerrecht iſt ein Theil
des allgemeinen Naturrechts, oder derjenigen
Erkenntniß, welche GOtt der Natur der Men-
ſchen von deme eingepflanzet hat, was gut oder
boͤſe iſt, und was ins beſondere die Gerechtſa-
me und Pflichten derer einzelnen und mehreren
Menſchen unter und gegen einander ſeynd.
§. 5.
Haben es nun einzelne oder wenige Men-
ſchen, z. E. Familien, mit einander zu thun;
ſo wird es das allgemeine privat-Naturrecht
genannt:
Haben es Regenten und Unterthanen mit
einander zu thun; ſo heißt es das natuͤrliche all-
gemeine Staatsrecht:
Haben es endlich ganze Nationen, oder de-
ren Regenten, oder Unterthanen, als ſolche,
mit einander zu thun; ſo iſt es ein natuͤrliches
allgemeines Voͤlckerrecht.
§. 6.
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Moser, Johann Jacob: Erste Grundlehren des jezigen Europäischen Völcker-Rechts, in Fridens- und Kriegs-Zeiten. Nürnberg, 1778, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_grundlehren_1778/14>, abgerufen am 03.03.2025.
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