Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Pontus oder das Meer, das die Erde
in ihrem Schooße trägt, vermählte sich mit seiner
Mutter Erde, und erzeugte mit ihr den sanften
Nereus, den Thaumas, die Eurybia, die ein
eisernes Herz im Busen trägt, den Phorkys und
die schöne Ceto.

Nereus.

In dem Nereus gab die Dichtung der sanf-
ten ruhigen Meeresfläche Persönlichkeit und Bil-
dung. Er ist wahrhaft und milde, und vergißt
des Rechts und der Billigkeit nie; liebt Mäßigung
und haßt Gewalt. Mit ruhigem Blick schaut er
in die Zukunft hin, und sagt die kommenden
Schicksale vorher.

Ein Dichter aus dem Alterthum führt ihn
redend ein, wie er bei Wind und Meeresstille,
dem Paris, welcher die Helena aus Griechenland
entführt, das Schicksal von Troja vorher verkün-
digt.

Er vermählte sich mit der Doris, der schö-
nen Tochter des Ocean; und dieses Götterpaar,
sich zärtlich umarmend, und auf den Wellen des
Meeres sanft emporgetragen, ist eines der schön-
sten Bilder der Phantasie aus jenen Zeiten, wo
man den großen unübersehbaren Massen so gern
Form und Bildung gab. -- Nereus, der Gott

Der Pontus oder das Meer, das die Erde
in ihrem Schooße traͤgt, vermaͤhlte ſich mit ſeiner
Mutter Erde, und erzeugte mit ihr den ſanften
Nereus, den Thaumas, die Eurybia, die ein
eiſernes Herz im Buſen traͤgt, den Phorkys und
die ſchoͤne Ceto.

Nereus.

In dem Nereus gab die Dichtung der ſanf-
ten ruhigen Meeresflaͤche Perſoͤnlichkeit und Bil-
dung. Er iſt wahrhaft und milde, und vergißt
des Rechts und der Billigkeit nie; liebt Maͤßigung
und haßt Gewalt. Mit ruhigem Blick ſchaut er
in die Zukunft hin, und ſagt die kommenden
Schickſale vorher.

Ein Dichter aus dem Alterthum fuͤhrt ihn
redend ein, wie er bei Wind und Meeresſtille,
dem Paris, welcher die Helena aus Griechenland
entfuͤhrt, das Schickſal von Troja vorher verkuͤn-
digt.

Er vermaͤhlte ſich mit der Doris, der ſchoͤ-
nen Tochter des Ocean; und dieſes Goͤtterpaar,
ſich zaͤrtlich umarmend, und auf den Wellen des
Meeres ſanft emporgetragen, iſt eines der ſchoͤn-
ſten Bilder der Phantaſie aus jenen Zeiten, wo
man den großen unuͤberſehbaren Maſſen ſo gern
Form und Bildung gab. — Nereus, der Gott

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0096" n="70"/>
          <p>Der Pontus oder das Meer, das die Erde<lb/>
in ihrem Schooße tra&#x0364;gt, verma&#x0364;hlte &#x017F;ich mit &#x017F;einer<lb/>
Mutter Erde, und erzeugte mit ihr den &#x017F;anften<lb/><hi rendition="#fr">Nereus,</hi> den <hi rendition="#fr">Thaumas,</hi> die <hi rendition="#fr">Eurybia,</hi> die ein<lb/>
ei&#x017F;ernes Herz im Bu&#x017F;en tra&#x0364;gt, den <hi rendition="#fr">Phorkys</hi> und<lb/>
die &#x017F;cho&#x0364;ne <hi rendition="#fr">Ceto.</hi></p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Nereus</hi>.</hi> </head><lb/>
          <p>In dem Nereus gab die Dichtung der &#x017F;anf-<lb/>
ten ruhigen Meeresfla&#x0364;che Per&#x017F;o&#x0364;nlichkeit und Bil-<lb/>
dung. Er i&#x017F;t wahrhaft und milde, und vergißt<lb/>
des Rechts und der Billigkeit nie; liebt Ma&#x0364;ßigung<lb/>
und haßt Gewalt. Mit ruhigem Blick &#x017F;chaut er<lb/>
in die Zukunft hin, und &#x017F;agt die kommenden<lb/>
Schick&#x017F;ale vorher.</p><lb/>
          <p>Ein Dichter aus dem Alterthum fu&#x0364;hrt ihn<lb/>
redend ein, wie er bei <hi rendition="#fr">Wind und Meeres&#x017F;tille,</hi><lb/>
dem Paris, welcher die Helena aus Griechenland<lb/>
entfu&#x0364;hrt, das Schick&#x017F;al von Troja vorher verku&#x0364;n-<lb/>
digt.</p><lb/>
          <p>Er verma&#x0364;hlte &#x017F;ich mit der <hi rendition="#fr">Doris,</hi> der &#x017F;cho&#x0364;-<lb/>
nen Tochter des Ocean; und die&#x017F;es Go&#x0364;tterpaar,<lb/>
&#x017F;ich za&#x0364;rtlich umarmend, und auf den Wellen des<lb/>
Meeres &#x017F;anft emporgetragen, i&#x017F;t eines der &#x017F;cho&#x0364;n-<lb/>
&#x017F;ten Bilder der Phanta&#x017F;ie aus jenen Zeiten, wo<lb/>
man den großen unu&#x0364;ber&#x017F;ehbaren Ma&#x017F;&#x017F;en &#x017F;o gern<lb/>
Form und Bildung gab. &#x2014; Nereus, der Gott<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[70/0096] Der Pontus oder das Meer, das die Erde in ihrem Schooße traͤgt, vermaͤhlte ſich mit ſeiner Mutter Erde, und erzeugte mit ihr den ſanften Nereus, den Thaumas, die Eurybia, die ein eiſernes Herz im Buſen traͤgt, den Phorkys und die ſchoͤne Ceto. Nereus. In dem Nereus gab die Dichtung der ſanf- ten ruhigen Meeresflaͤche Perſoͤnlichkeit und Bil- dung. Er iſt wahrhaft und milde, und vergißt des Rechts und der Billigkeit nie; liebt Maͤßigung und haßt Gewalt. Mit ruhigem Blick ſchaut er in die Zukunft hin, und ſagt die kommenden Schickſale vorher. Ein Dichter aus dem Alterthum fuͤhrt ihn redend ein, wie er bei Wind und Meeresſtille, dem Paris, welcher die Helena aus Griechenland entfuͤhrt, das Schickſal von Troja vorher verkuͤn- digt. Er vermaͤhlte ſich mit der Doris, der ſchoͤ- nen Tochter des Ocean; und dieſes Goͤtterpaar, ſich zaͤrtlich umarmend, und auf den Wellen des Meeres ſanft emporgetragen, iſt eines der ſchoͤn- ſten Bilder der Phantaſie aus jenen Zeiten, wo man den großen unuͤberſehbaren Maſſen ſo gern Form und Bildung gab. — Nereus, der Gott

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/96
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/96>, abgerufen am 30.12.2024.