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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 2. Berlin, 1792.

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4. Fortsetzung des Fragments aus Ben Josua's Lebensgeschichte. Herausgegeben von K. P. Moritz:

(Siehe 9ten B. 1tes St. S. 24.)

Ben Josua war in seiner Jugend ziemlich religiös, und da er an den mehrsten Rabbinern viel Stolz, Zanksucht und andere schlimme Eigenschaften bemerkt hatte, so wurden diese ihm dadurch verhaßt. Er suchte daher blos diejenigen darunter, die gemeiniglich unter dem Nahmen Chasidim, d.h. die Frommen, bekannt sind, sich zum Muster aus; das sind solche, die ihr ganzes Leben der strengsten Beobachtung der Gesetze und moralischen Tugenden widmen. Er hatte aber in der Folge Gelegenheit, zu bemerken, daß diese von ihrer Seite zwar weniger Andern, aber destomehr sich selbst schaden, indem sie, nach dem bekannten Sprüchworte, das Kind mit dem Bade ausschütten, und, indem sie ihre Begierden und Leidenschaften zu unterdrücken suchen, auch ihre Kräfte unterdrücken und ihre Thätigkeit hemmen, ja sogar sich mehrentheils durch dergleichen Uebungen einen frühzeitigen Tod zuziehn.

Ein Paar Beispiele hiervon, wovon B. J. selbst Augenzeuge war, werden hinreichend seyn,


4. Fortsetzung des Fragments aus Ben Josua's Lebensgeschichte. Herausgegeben von K. P. Moritz:

(Siehe 9ten B. 1tes St. S. 24.)

Ben Josua war in seiner Jugend ziemlich religioͤs, und da er an den mehrsten Rabbinern viel Stolz, Zanksucht und andere schlimme Eigenschaften bemerkt hatte, so wurden diese ihm dadurch verhaßt. Er suchte daher blos diejenigen darunter, die gemeiniglich unter dem Nahmen Chasidim, d.h. die Frommen, bekannt sind, sich zum Muster aus; das sind solche, die ihr ganzes Leben der strengsten Beobachtung der Gesetze und moralischen Tugenden widmen. Er hatte aber in der Folge Gelegenheit, zu bemerken, daß diese von ihrer Seite zwar weniger Andern, aber destomehr sich selbst schaden, indem sie, nach dem bekannten Spruͤchworte, das Kind mit dem Bade ausschuͤtten, und, indem sie ihre Begierden und Leidenschaften zu unterdruͤcken suchen, auch ihre Kraͤfte unterdruͤcken und ihre Thaͤtigkeit hemmen, ja sogar sich mehrentheils durch dergleichen Uebungen einen fruͤhzeitigen Tod zuziehn.

Ein Paar Beispiele hiervon, wovon B. J. selbst Augenzeuge war, werden hinreichend seyn,

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[41/0041] 4. Fortsetzung des Fragments aus Ben Josua's Lebensgeschichte. Herausgegeben von K. P. Moritz: (Siehe 9ten B. 1tes St. S. 24.) Ben Josua war in seiner Jugend ziemlich religioͤs, und da er an den mehrsten Rabbinern viel Stolz, Zanksucht und andere schlimme Eigenschaften bemerkt hatte, so wurden diese ihm dadurch verhaßt. Er suchte daher blos diejenigen darunter, die gemeiniglich unter dem Nahmen Chasidim, d.h. die Frommen, bekannt sind, sich zum Muster aus; das sind solche, die ihr ganzes Leben der strengsten Beobachtung der Gesetze und moralischen Tugenden widmen. Er hatte aber in der Folge Gelegenheit, zu bemerken, daß diese von ihrer Seite zwar weniger Andern, aber destomehr sich selbst schaden, indem sie, nach dem bekannten Spruͤchworte, das Kind mit dem Bade ausschuͤtten, und, indem sie ihre Begierden und Leidenschaften zu unterdruͤcken suchen, auch ihre Kraͤfte unterdruͤcken und ihre Thaͤtigkeit hemmen, ja sogar sich mehrentheils durch dergleichen Uebungen einen fruͤhzeitigen Tod zuziehn. Ein Paar Beispiele hiervon, wovon B. J. selbst Augenzeuge war, werden hinreichend seyn,

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 2. Berlin, 1792, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0902_1792/41>, abgerufen am 26.04.2024.