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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 2. Berlin, 1791.

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vorstellt: man lerne nicht nur Wörter, sondern eben die, so*) man in seiner Muttersprache schon weiß, nur etwa mit einer kleinen Aenderung des Schalles und der Bedeutung. Letztere läßt sich nach den bekannten Figuren der Metapher, Metonymie und Synekdoche leicht begreifen. Und erstere kann nach den bekannten grammatikalischen Figuren des Wegwerfens oder Zusetzens erklärt werden. Dabei würden sich mehrere Regeln hervorschwingen, die man gelegentlich anwenden und deutlicher bestimmen könnte.

Mir geriethen ein spanisches und ein polnisches Buch unter die Augen, und da ich eben damals

*) Jch weiß wohl, daß dieses relative so in unserm Zeitalter Feinde in Riesengröße gefunden hat, deren Zwergmagen es schlechterdings nicht verdauen kann, und die es aus der teutschen Sprache völlig verbannen wollen. Das arme so! Jch sehe keinen Grund: warum wir es in's Exil schicken wollen. Selbst die besten Schriftsteller brauchen es unzähligemal. Und ich habe noch dazu einen Grund, dieses unschuldige Relativum nicht zu verstoßen. Dieser Grund ist dessen Abstammung. Denn es ist mit dem Artikel oder vielmehr dem demonstrativen Pronomen der, die, das, genau verwandt. Dieses der, die, das, heißt bei dem Ulphilas = sa, so, thata, im Jßländ. sa, su, that, Hebr. vh, vr, vrt u.s.f. Und überdies ist es in dieser relativen Bedeutung älter als in allen andern. Eschke.


vorstellt: man lerne nicht nur Woͤrter, sondern eben die, so*) man in seiner Muttersprache schon weiß, nur etwa mit einer kleinen Aenderung des Schalles und der Bedeutung. Letztere laͤßt sich nach den bekannten Figuren der Metapher, Metonymie und Synekdoche leicht begreifen. Und erstere kann nach den bekannten grammatikalischen Figuren des Wegwerfens oder Zusetzens erklaͤrt werden. Dabei wuͤrden sich mehrere Regeln hervorschwingen, die man gelegentlich anwenden und deutlicher bestimmen koͤnnte.

Mir geriethen ein spanisches und ein polnisches Buch unter die Augen, und da ich eben damals

*) Jch weiß wohl, daß dieses relative so in unserm Zeitalter Feinde in Riesengroͤße gefunden hat, deren Zwergmagen es schlechterdings nicht verdauen kann, und die es aus der teutschen Sprache voͤllig verbannen wollen. Das arme so! Jch sehe keinen Grund: warum wir es in's Exil schicken wollen. Selbst die besten Schriftsteller brauchen es unzaͤhligemal. Und ich habe noch dazu einen Grund, dieses unschuldige Relativum nicht zu verstoßen. Dieser Grund ist dessen Abstammung. Denn es ist mit dem Artikel oder vielmehr dem demonstrativen Pronomen der, die, das, genau verwandt. Dieses der, die, das, heißt bei dem Ulphilas = sa, so, thata, im Jßlaͤnd. sa, su, that, Hebr. וה, ור, ורת u.s.f. Und uͤberdies ist es in dieser relativen Bedeutung aͤlter als in allen andern. Eschke.
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[61/0061] vorstellt: man lerne nicht nur Woͤrter, sondern eben die, so*) man in seiner Muttersprache schon weiß, nur etwa mit einer kleinen Aenderung des Schalles und der Bedeutung. Letztere laͤßt sich nach den bekannten Figuren der Metapher, Metonymie und Synekdoche leicht begreifen. Und erstere kann nach den bekannten grammatikalischen Figuren des Wegwerfens oder Zusetzens erklaͤrt werden. Dabei wuͤrden sich mehrere Regeln hervorschwingen, die man gelegentlich anwenden und deutlicher bestimmen koͤnnte. Mir geriethen ein spanisches und ein polnisches Buch unter die Augen, und da ich eben damals *) Jch weiß wohl, daß dieses relative so in unserm Zeitalter Feinde in Riesengroͤße gefunden hat, deren Zwergmagen es schlechterdings nicht verdauen kann, und die es aus der teutschen Sprache voͤllig verbannen wollen. Das arme so! Jch sehe keinen Grund: warum wir es in's Exil schicken wollen. Selbst die besten Schriftsteller brauchen es unzaͤhligemal. Und ich habe noch dazu einen Grund, dieses unschuldige Relativum nicht zu verstoßen. Dieser Grund ist dessen Abstammung. Denn es ist mit dem Artikel oder vielmehr dem demonstrativen Pronomen der, die, das, genau verwandt. Dieses der, die, das, heißt bei dem Ulphilas = sa, so, thata, im Jßlaͤnd. sa, su, that, Hebr. וה, ור, ורת u.s.f. Und uͤberdies ist es in dieser relativen Bedeutung aͤlter als in allen andern. Eschke.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 2. Berlin, 1791, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0802_1791/61>, abgerufen am 26.04.2024.