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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 3. Berlin, 1789.

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meinen Hausgenossen und mir, daß Sie sich wohl befinden.

Wann Hameln sollte belagert werden, werden Sie sehr wohl thun, ihre Frau und Kinder vorher von dannen weg, und an einen andern Ort zu schicken. Was mich betrift und nach meiner kleinen Einsicht, kann ich mir nicht vorstellen, daß die Franzosen Hameln sollten belagern wollen, so lang die alliirte Armee noch ganz und im jetzigen Stande ist, wann sie aber von den Franzosen geschlagen zu werden das Unglück hätten, alsdann kann es eher geschehen, daß die Franzosen eine Belagerung unternehmen. Jst der Ruf wahr, daß die Russen sich zurück ziehen, so werden die klugen französischen Generals um so weniger gedenken Hameln zu belagern, als es leicht, ja gewiß geschehen würde, daß der König in Preußen ein Heer nach Niedersachsen detachiren würde, wodurch den Franzosen Zufuhr und Retraite abgeschnitten werden würde, wann sie sich in die Weser Berge engagirten. Man debitiret hier noch andere Neuigkeiten, da solche aber von Hameln kommen sollen, so werden Sie alles besser und gewisser wissen. Jch wünsche wohl, daß Sie uns wieder besuchen möchten; allein in jetziger Crisis ist es Jhnen nicht rathsam, und ändern sich die Sachen, so ist zu befürchten, daß ein neuer Marsch Sie verhindern würde, hieher zu kommen. Man muß also die Vorsehung Gottes machen lassen, und von derselben erwarten, wann und wie Sie uns


meinen Hausgenossen und mir, daß Sie sich wohl befinden.

Wann Hameln sollte belagert werden, werden Sie sehr wohl thun, ihre Frau und Kinder vorher von dannen weg, und an einen andern Ort zu schicken. Was mich betrift und nach meiner kleinen Einsicht, kann ich mir nicht vorstellen, daß die Franzosen Hameln sollten belagern wollen, so lang die alliirte Armee noch ganz und im jetzigen Stande ist, wann sie aber von den Franzosen geschlagen zu werden das Ungluͤck haͤtten, alsdann kann es eher geschehen, daß die Franzosen eine Belagerung unternehmen. Jst der Ruf wahr, daß die Russen sich zuruͤck ziehen, so werden die klugen franzoͤsischen Generals um so weniger gedenken Hameln zu belagern, als es leicht, ja gewiß geschehen wuͤrde, daß der Koͤnig in Preußen ein Heer nach Niedersachsen detachiren wuͤrde, wodurch den Franzosen Zufuhr und Retraite abgeschnitten werden wuͤrde, wann sie sich in die Weser Berge engagirten. Man debitiret hier noch andere Neuigkeiten, da solche aber von Hameln kommen sollen, so werden Sie alles besser und gewisser wissen. Jch wuͤnsche wohl, daß Sie uns wieder besuchen moͤchten; allein in jetziger Crisis ist es Jhnen nicht rathsam, und aͤndern sich die Sachen, so ist zu befuͤrchten, daß ein neuer Marsch Sie verhindern wuͤrde, hieher zu kommen. Man muß also die Vorsehung Gottes machen lassen, und von derselben erwarten, wann und wie Sie uns

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[60/0060] meinen Hausgenossen und mir, daß Sie sich wohl befinden. Wann Hameln sollte belagert werden, werden Sie sehr wohl thun, ihre Frau und Kinder vorher von dannen weg, und an einen andern Ort zu schicken. Was mich betrift und nach meiner kleinen Einsicht, kann ich mir nicht vorstellen, daß die Franzosen Hameln sollten belagern wollen, so lang die alliirte Armee noch ganz und im jetzigen Stande ist, wann sie aber von den Franzosen geschlagen zu werden das Ungluͤck haͤtten, alsdann kann es eher geschehen, daß die Franzosen eine Belagerung unternehmen. Jst der Ruf wahr, daß die Russen sich zuruͤck ziehen, so werden die klugen franzoͤsischen Generals um so weniger gedenken Hameln zu belagern, als es leicht, ja gewiß geschehen wuͤrde, daß der Koͤnig in Preußen ein Heer nach Niedersachsen detachiren wuͤrde, wodurch den Franzosen Zufuhr und Retraite abgeschnitten werden wuͤrde, wann sie sich in die Weser Berge engagirten. Man debitiret hier noch andere Neuigkeiten, da solche aber von Hameln kommen sollen, so werden Sie alles besser und gewisser wissen. Jch wuͤnsche wohl, daß Sie uns wieder besuchen moͤchten; allein in jetziger Crisis ist es Jhnen nicht rathsam, und aͤndern sich die Sachen, so ist zu befuͤrchten, daß ein neuer Marsch Sie verhindern wuͤrde, hieher zu kommen. Man muß also die Vorsehung Gottes machen lassen, und von derselben erwarten, wann und wie Sie uns

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 3. Berlin, 1789, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0703_1789/60>, abgerufen am 26.04.2024.