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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 3. Berlin, 1783.

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bes eine Nachahmung der Seitenwunde des Heilandes seyn sollte, als wodurch sie demselben auch in ihrem Tode ähnlich zu werden hofte. Jedoch wenn wir auch diese Vermuthung auf ihren Werth und Unwerth beruhen lassen, so bleibt immer ein prämeditirter Selbstmord durch Frömmigkeit und Sehnsucht nach dem Heiland veranlaßt, eine sehr auffallende Begebenheit. Sie ist ein Räthsel, dessen Auflösung ich denjenigen überlasse, deren psychologisch-theologische Kenntnisse weiter gehen, als die meinigen. Für die Wahrheit der Thatsache bin ich Bürge.

J. D. Metzger,
Doct. Med. Hofrath und Kreisphysikus
in Königsberg.



IV. Eigener Aufsatz von einem Selbstmörder unmittelbar vor der That.

Es hat dem Allmächtigen gefallen, meinen Verstand zu schwächen, meine Denkkraft zu zerrütten, und mich zu Erfüllung meiner Pflichten unfähig zu machen. -- Mein Blut wallt seit der Zeit in verzweifelnden Schlägen, und ich muß ihm Luft machen. -- Wie? ich bekleide einen Dienst -- ich schände ihn, indem ich seinen Pflichten nicht genüge


bes eine Nachahmung der Seitenwunde des Heilandes seyn sollte, als wodurch sie demselben auch in ihrem Tode aͤhnlich zu werden hofte. Jedoch wenn wir auch diese Vermuthung auf ihren Werth und Unwerth beruhen lassen, so bleibt immer ein praͤmeditirter Selbstmord durch Froͤmmigkeit und Sehnsucht nach dem Heiland veranlaßt, eine sehr auffallende Begebenheit. Sie ist ein Raͤthsel, dessen Aufloͤsung ich denjenigen uͤberlasse, deren psychologisch-theologische Kenntnisse weiter gehen, als die meinigen. Fuͤr die Wahrheit der Thatsache bin ich Buͤrge.

J. D. Metzger,
Doct. Med. Hofrath und Kreisphysikus
in Koͤnigsberg.



IV. Eigener Aufsatz von einem Selbstmoͤrder unmittelbar vor der That.

Es hat dem Allmaͤchtigen gefallen, meinen Verstand zu schwaͤchen, meine Denkkraft zu zerruͤtten, und mich zu Erfuͤllung meiner Pflichten unfaͤhig zu machen. ― Mein Blut wallt seit der Zeit in verzweifelnden Schlaͤgen, und ich muß ihm Luft machen. ― Wie? ich bekleide einen Dienst ― ich schaͤnde ihn, indem ich seinen Pflichten nicht genuͤge

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[32/0036] bes eine Nachahmung der Seitenwunde des Heilandes seyn sollte, als wodurch sie demselben auch in ihrem Tode aͤhnlich zu werden hofte. Jedoch wenn wir auch diese Vermuthung auf ihren Werth und Unwerth beruhen lassen, so bleibt immer ein praͤmeditirter Selbstmord durch Froͤmmigkeit und Sehnsucht nach dem Heiland veranlaßt, eine sehr auffallende Begebenheit. Sie ist ein Raͤthsel, dessen Aufloͤsung ich denjenigen uͤberlasse, deren psychologisch-theologische Kenntnisse weiter gehen, als die meinigen. Fuͤr die Wahrheit der Thatsache bin ich Buͤrge. J. D. Metzger, Doct. Med. Hofrath und Kreisphysikus in Koͤnigsberg. IV. Eigener Aufsatz von einem Selbstmoͤrder unmittelbar vor der That. Es hat dem Allmaͤchtigen gefallen, meinen Verstand zu schwaͤchen, meine Denkkraft zu zerruͤtten, und mich zu Erfuͤllung meiner Pflichten unfaͤhig zu machen. ― Mein Blut wallt seit der Zeit in verzweifelnden Schlaͤgen, und ich muß ihm Luft machen. ― Wie? ich bekleide einen Dienst ― ich schaͤnde ihn, indem ich seinen Pflichten nicht genuͤge

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 3. Berlin, 1783, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0103_1783/36>, abgerufen am 26.04.2024.