Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.und seine jetzige Stellung gegeben haben, lehrt Fehler mei- 1) Wenn mehrere encyklopädische Werke, z. B. die von Pölitz und von Bülau verfaßten, nur die Geschichte der Staatensysteme nicht aber die innere Staatsgeschichte als Theil der Staatswissenschaften aufführen, so kann dieß nur von dem falschen Gedanken herrühren, daß in einer Schrift solcher Art der Inhalt der Staatsgeschichte, wenn schon etwa gedrängt, mitzutheilen sei. Da dieß nun bei einer Geschichte der Staatensysteme we- nigstens bis zu einem gewissen Grade möglich, dagegen natürlich hinsichtlich der inneren Geschichte aller Staaten ganz außer Frage war, so wurde der (zu so verkehrtem Beginnen) ungefügige aber hauptsächlichste Theil der Wissen- schaft über Bord geworfen, anstatt daß eine Veränderung in der Methode vorgenommen worden wäre. 2) Nähere Angaben über beide Behandlungsweisen der inneren staat- lichen Geschichte s. unten, § 109. 3) Die Zahl der staatsgeschichtlichen Monographieen ist in den Litera- turen aller gesittigter Völker so bedeutend, daß jeder Versuch einer Aufzäh- lung an dieser Stelle unmöglich, die Hervorhebung nur einzelner Werke aber zwecklos wäre. Die zur Staatsgeschichte Deutschlands, Englands und Frankreichs gehörigen s. aufgeführt und beurtheilt in den betreffenden Ab- schnitten meiner Geschichte und Literatur der St.-W., Bd. II und III. 4) Berühmte Abspiegelungen staatlicher Zustände in dem Leben einer Persönlichkeit sind z. B. Robertson's Geschichte Karl's V; Prescott's Geschichte Philipp's II.; Pertz's Lebensgeschichte Stein's, Thier's Ge- schichte Napoleon's I. als Consul und Kaiser. 5) Ueber den Werth der Geschichte für den practischen Staatsmann s. die höchst scharfsinnigen, wenn vielleicht auch etwas überkritischen, Bemer- kungen von Cornwall Lewis, in Bd. I, S. 151 fg. des oben, § 106, Anmerk. 2, angef. Werkes. 6) Näheres über die hier einschlagende Literatur s. unten, § 109. § 108. 2. Methode. In welcher Ausdehnung aber immer eine innere oder eine v. Mohl, Encyclopädie. 46
und ſeine jetzige Stellung gegeben haben, lehrt Fehler mei- 1) Wenn mehrere encyklopädiſche Werke, z. B. die von Pölitz und von Bülau verfaßten, nur die Geſchichte der Staatenſyſteme nicht aber die innere Staatsgeſchichte als Theil der Staatswiſſenſchaften aufführen, ſo kann dieß nur von dem falſchen Gedanken herrühren, daß in einer Schrift ſolcher Art der Inhalt der Staatsgeſchichte, wenn ſchon etwa gedrängt, mitzutheilen ſei. Da dieß nun bei einer Geſchichte der Staatenſyſteme we- nigſtens bis zu einem gewiſſen Grade möglich, dagegen natürlich hinſichtlich der inneren Geſchichte aller Staaten ganz außer Frage war, ſo wurde der (zu ſo verkehrtem Beginnen) ungefügige aber hauptſächlichſte Theil der Wiſſen- ſchaft über Bord geworfen, anſtatt daß eine Veränderung in der Methode vorgenommen worden wäre. 2) Nähere Angaben über beide Behandlungsweiſen der inneren ſtaat- lichen Geſchichte ſ. unten, § 109. 3) Die Zahl der ſtaatsgeſchichtlichen Monographieen iſt in den Litera- turen aller geſittigter Völker ſo bedeutend, daß jeder Verſuch einer Aufzäh- lung an dieſer Stelle unmöglich, die Hervorhebung nur einzelner Werke aber zwecklos wäre. Die zur Staatsgeſchichte Deutſchlands, Englands und Frankreichs gehörigen ſ. aufgeführt und beurtheilt in den betreffenden Ab- ſchnitten meiner Geſchichte und Literatur der St.-W., Bd. II und III. 4) Berühmte Abſpiegelungen ſtaatlicher Zuſtände in dem Leben einer Perſönlichkeit ſind z. B. Robertſon’s Geſchichte Karl’s V; Preſcott’s Geſchichte Philipp’s II.; Pertz’s Lebensgeſchichte Stein’s, Thier’s Ge- ſchichte Napoleon’s I. als Conſul und Kaiſer. 5) Ueber den Werth der Geſchichte für den practiſchen Staatsmann ſ. die höchſt ſcharfſinnigen, wenn vielleicht auch etwas überkritiſchen, Bemer- kungen von Cornwall Lewis, in Bd. I, S. 151 fg. des oben, § 106, Anmerk. 2, angef. Werkes. 6) Näheres über die hier einſchlagende Literatur ſ. unten, § 109. § 108. 2. Methode. In welcher Ausdehnung aber immer eine innere oder eine v. Mohl, Encyclopädie. 46
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und ſeine jetzige Stellung gegeben haben, lehrt Fehler mei-
den und Vorzüge nachahmen, gibt endlich ſichere Vermuthung
darüber, weſſen man ſich auch künftig von ihm zu verſehen
hat. Beide Bearbeitungen verhalten ſich alſo wie allgemeine
Welt- und beſondere Menſchenkenntniß.
¹⁾ Wenn mehrere encyklopädiſche Werke, z. B. die von Pölitz und
von Bülau verfaßten, nur die Geſchichte der Staatenſyſteme nicht aber
die innere Staatsgeſchichte als Theil der Staatswiſſenſchaften aufführen, ſo
kann dieß nur von dem falſchen Gedanken herrühren, daß in einer Schrift
ſolcher Art der Inhalt der Staatsgeſchichte, wenn ſchon etwa gedrängt,
mitzutheilen ſei. Da dieß nun bei einer Geſchichte der Staatenſyſteme we-
nigſtens bis zu einem gewiſſen Grade möglich, dagegen natürlich hinſichtlich
der inneren Geſchichte aller Staaten ganz außer Frage war, ſo wurde der
(zu ſo verkehrtem Beginnen) ungefügige aber hauptſächlichſte Theil der Wiſſen-
ſchaft über Bord geworfen, anſtatt daß eine Veränderung in der Methode
vorgenommen worden wäre.
²⁾ Nähere Angaben über beide Behandlungsweiſen der inneren ſtaat-
lichen Geſchichte ſ. unten, § 109.
³⁾ Die Zahl der ſtaatsgeſchichtlichen Monographieen iſt in den Litera-
turen aller geſittigter Völker ſo bedeutend, daß jeder Verſuch einer Aufzäh-
lung an dieſer Stelle unmöglich, die Hervorhebung nur einzelner Werke
aber zwecklos wäre. Die zur Staatsgeſchichte Deutſchlands, Englands und
Frankreichs gehörigen ſ. aufgeführt und beurtheilt in den betreffenden Ab-
ſchnitten meiner Geſchichte und Literatur der St.-W., Bd. II und III.
⁴⁾ Berühmte Abſpiegelungen ſtaatlicher Zuſtände in dem Leben einer
Perſönlichkeit ſind z. B. Robertſon’s Geſchichte Karl’s V; Preſcott’s
Geſchichte Philipp’s II.; Pertz’s Lebensgeſchichte Stein’s, Thier’s Ge-
ſchichte Napoleon’s I. als Conſul und Kaiſer.
⁵⁾ Ueber den Werth der Geſchichte für den practiſchen Staatsmann ſ.
die höchſt ſcharfſinnigen, wenn vielleicht auch etwas überkritiſchen, Bemer-
kungen von Cornwall Lewis, in Bd. I, S. 151 fg. des oben, § 106,
Anmerk. 2, angef. Werkes.
⁶⁾ Näheres über die hier einſchlagende Literatur ſ. unten, § 109.
§ 108.
2. Methode.
In welcher Ausdehnung aber immer eine innere oder eine
internationale Staatsgeſchichte gegeben werden will, jeden Falles
v. Mohl, Encyclopädie. 46
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