losigkeit ist es, wenn der Fehler auch jetzt noch gemacht wird, wo Thatsachen und Begriffe viel klarer vorliegen. Die Politik des Aristoteles verliert ihren Werth als ein Meisterstück menschlichen Scharfsinns nicht, wenn ihr eine unmittelbare Bedeutung für unser jetziges Leben nur da eingeräumt wird, wo sie die Forderungen und die Folgen der allgemeinen menschlichen Natur, also Unverändertes und Unveränderliches bespricht, nicht aber in der Erörterungen specifisch griechischer Staatsgedanken und Einrichtungen.
3) Ueber die theils offene theils versteckte Bekämpfung der Volksherr- schaft durch Sokrates und seine Schule s. meine Geschichte und Literatur der Staatswissenschaften. Bd. I, S. 71 u. ff.
4) Wie sehr die Herrschaft eines Einzelnen dem hellenischen Geiste widerstrebte, mag schon der Umstand beweisen, daß eine Tyrannis niemals über das zweite Geschlecht hinaus aufrecht erhalten werden konnte.
5. Der Rechtsstaat.
§ 44. a. Allgemeine Sätze.
Ganz auf den Boden der nüchternen Verständigkeit stellt sich der Mensch, wenn er einerseits dem Leben auf der Erde einen selbstständigen und unmittelbaren Zweck beimißt, anderer- seits aber die Entwickelung seiner sämmtlichen Kräfte zunächst als vereinzelte Persönlichkeit und als rein individuelle Aufgabe zu erreichen strebt. Bei dieser Lebensauffassung setzt er sich ein bewußtes und höheres Ziel, sucht dieses aber weder in einer ausschließlich religiösen Entwickelung, noch in einem vollstän- digen Aufgehen in einer größeren Gemeinschaft; sondern vielmehr in einer möglichst allseitigen Auslebung seines ganzen Wesens.
Diese Begreifung des Daseins auf der Erde hat großen Einfluß auf jede Ordnung des Zusammenseins von Menschen. In erster Linie steht bei solcher Auffassung allerdings die ver- einzelte Persönlichkeit selbst und die Familie mit ihren erlaubt- egoistischen Zwecken, und mit dem Rechte und der Pflicht zur Verfolgung derselben durch eigene Kräfte, soweit diese reichen. Aber natürlich ist auch hier das Bedürfniß einer Verbindung
loſigkeit iſt es, wenn der Fehler auch jetzt noch gemacht wird, wo Thatſachen und Begriffe viel klarer vorliegen. Die Politik des Ariſtoteles verliert ihren Werth als ein Meiſterſtück menſchlichen Scharfſinns nicht, wenn ihr eine unmittelbare Bedeutung für unſer jetziges Leben nur da eingeräumt wird, wo ſie die Forderungen und die Folgen der allgemeinen menſchlichen Natur, alſo Unverändertes und Unveränderliches beſpricht, nicht aber in der Erörterungen ſpecifiſch griechiſcher Staatsgedanken und Einrichtungen.
3) Ueber die theils offene theils verſteckte Bekämpfung der Volksherr- ſchaft durch Sokrates und ſeine Schule ſ. meine Geſchichte und Literatur der Staatswiſſenſchaften. Bd. I, S. 71 u. ff.
4) Wie ſehr die Herrſchaft eines Einzelnen dem helleniſchen Geiſte widerſtrebte, mag ſchon der Umſtand beweiſen, daß eine Tyrannis niemals über das zweite Geſchlecht hinaus aufrecht erhalten werden konnte.
5. Der Rechtsſtaat.
§ 44. a. Allgemeine Sätze.
Ganz auf den Boden der nüchternen Verſtändigkeit ſtellt ſich der Menſch, wenn er einerſeits dem Leben auf der Erde einen ſelbſtſtändigen und unmittelbaren Zweck beimißt, anderer- ſeits aber die Entwickelung ſeiner ſämmtlichen Kräfte zunächſt als vereinzelte Perſönlichkeit und als rein individuelle Aufgabe zu erreichen ſtrebt. Bei dieſer Lebensauffaſſung ſetzt er ſich ein bewußtes und höheres Ziel, ſucht dieſes aber weder in einer ausſchließlich religiöſen Entwickelung, noch in einem vollſtän- digen Aufgehen in einer größeren Gemeinſchaft; ſondern vielmehr in einer möglichſt allſeitigen Auslebung ſeines ganzen Weſens.
Dieſe Begreifung des Daſeins auf der Erde hat großen Einfluß auf jede Ordnung des Zuſammenſeins von Menſchen. In erſter Linie ſteht bei ſolcher Auffaſſung allerdings die ver- einzelte Perſönlichkeit ſelbſt und die Familie mit ihren erlaubt- egoiſtiſchen Zwecken, und mit dem Rechte und der Pflicht zur Verfolgung derſelben durch eigene Kräfte, ſoweit dieſe reichen. Aber natürlich iſt auch hier das Bedürfniß einer Verbindung
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²⁾ loſigkeit iſt es, wenn der Fehler auch jetzt noch gemacht wird, wo Thatſachen
und Begriffe viel klarer vorliegen. Die Politik des Ariſtoteles verliert ihren
Werth als ein Meiſterſtück menſchlichen Scharfſinns nicht, wenn ihr eine
unmittelbare Bedeutung für unſer jetziges Leben nur da eingeräumt wird,
wo ſie die Forderungen und die Folgen der allgemeinen menſchlichen Natur,
alſo Unverändertes und Unveränderliches beſpricht, nicht aber in der
Erörterungen ſpecifiſch griechiſcher Staatsgedanken und Einrichtungen.
³⁾ Ueber die theils offene theils verſteckte Bekämpfung der Volksherr-
ſchaft durch Sokrates und ſeine Schule ſ. meine Geſchichte und Literatur
der Staatswiſſenſchaften. Bd. I, S. 71 u. ff.
⁴⁾ Wie ſehr die Herrſchaft eines Einzelnen dem helleniſchen Geiſte
widerſtrebte, mag ſchon der Umſtand beweiſen, daß eine Tyrannis niemals
über das zweite Geſchlecht hinaus aufrecht erhalten werden konnte.
5. Der Rechtsſtaat.
§ 44.
a. Allgemeine Sätze.
Ganz auf den Boden der nüchternen Verſtändigkeit ſtellt
ſich der Menſch, wenn er einerſeits dem Leben auf der Erde
einen ſelbſtſtändigen und unmittelbaren Zweck beimißt, anderer-
ſeits aber die Entwickelung ſeiner ſämmtlichen Kräfte zunächſt
als vereinzelte Perſönlichkeit und als rein individuelle Aufgabe
zu erreichen ſtrebt. Bei dieſer Lebensauffaſſung ſetzt er ſich ein
bewußtes und höheres Ziel, ſucht dieſes aber weder in einer
ausſchließlich religiöſen Entwickelung, noch in einem vollſtän-
digen Aufgehen in einer größeren Gemeinſchaft; ſondern vielmehr
in einer möglichſt allſeitigen Auslebung ſeines ganzen Weſens.
Dieſe Begreifung des Daſeins auf der Erde hat großen
Einfluß auf jede Ordnung des Zuſammenſeins von Menſchen.
In erſter Linie ſteht bei ſolcher Auffaſſung allerdings die ver-
einzelte Perſönlichkeit ſelbſt und die Familie mit ihren erlaubt-
egoiſtiſchen Zwecken, und mit dem Rechte und der Pflicht zur
Verfolgung derſelben durch eigene Kräfte, ſoweit dieſe reichen.
Aber natürlich iſt auch hier das Bedürfniß einer Verbindung
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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/338>, abgerufen am 21.11.2024.
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