XLIV. Schreiben eines Edelmanns ohne Gerichts- barkeit an seinen Nachbar mit der Gerichtsbarkeit.
Die ganze Nacht habe ich von dem edlen Kleinode ge- traumt; aber diesen Morgen beym Thee, wie ge- stern Abend bey der Bouteille bleibe ich dabey, daß die hohe Gerichtsbarkeit über ein Dörfgen in meinen Augen etwas sehr lächerliches, und bey weitem der Kosten nicht werth sey, die man darauf verwenden muß; ich bleibe dabey, daß überhaupt mit dem prächtigen Worte Ge- richtsbarkeit vieler Unsinn verknüpfet werde, und man- cher von uns sich besser stehen würde, wenn er auf alles was dahin gerechnet werden kann oder mag, den feyer- lichsten Verzicht thäte, und weiter nichts als die Rechte des echten Eigenthümers auf seinem Grunde und Boden verlangte. Denn es geht über dieses Wort den Herrn des Landes oft eben so wie uns; wir glauben beyde ein- ander zu nahe zu kommen, und im Grunde spielen wir die Comödie vom eyfersüchtigen Manne, der die Hirsch- pastete in den Hausgraben werfen ließ, weil er glaubte, das Geweihe, was darauf saß, ziele auf ihn. Jn der That, mein Freund! es fehlt an bestimmten Erklärun- gen in der Sache, an einer reinen Sprache und an ei- nem aufrichtigen Verfahren von beyden Seiten. Wir Edelleute suchen in mancher Handlung etwas besonders und wollten sie gern zu einem Hoheitsrechte stempeln; und die Herrn des Landes legen in manche von unsren Handlungen eine Absicht und eine Gefährde, die sich nur
in
Schreiben eines Edelm. ohne Gerichtsbark.
XLIV. Schreiben eines Edelmanns ohne Gerichts- barkeit an ſeinen Nachbar mit der Gerichtsbarkeit.
Die ganze Nacht habe ich von dem edlen Kleinode ge- traumt; aber dieſen Morgen beym Thee, wie ge- ſtern Abend bey der Bouteille bleibe ich dabey, daß die hohe Gerichtsbarkeit uͤber ein Doͤrfgen in meinen Augen etwas ſehr laͤcherliches, und bey weitem der Koſten nicht werth ſey, die man darauf verwenden muß; ich bleibe dabey, daß uͤberhaupt mit dem praͤchtigen Worte Ge- richtsbarkeit vieler Unſinn verknuͤpfet werde, und man- cher von uns ſich beſſer ſtehen wuͤrde, wenn er auf alles was dahin gerechnet werden kann oder mag, den feyer- lichſten Verzicht thaͤte, und weiter nichts als die Rechte des echten Eigenthuͤmers auf ſeinem Grunde und Boden verlangte. Denn es geht uͤber dieſes Wort den Herrn des Landes oft eben ſo wie uns; wir glauben beyde ein- ander zu nahe zu kommen, und im Grunde ſpielen wir die Comoͤdie vom eyferſuͤchtigen Manne, der die Hirſch- paſtete in den Hausgraben werfen ließ, weil er glaubte, das Geweihe, was darauf ſaß, ziele auf ihn. Jn der That, mein Freund! es fehlt an beſtimmten Erklaͤrun- gen in der Sache, an einer reinen Sprache und an ei- nem aufrichtigen Verfahren von beyden Seiten. Wir Edelleute ſuchen in mancher Handlung etwas beſonders und wollten ſie gern zu einem Hoheitsrechte ſtempeln; und die Herrn des Landes legen in manche von unſren Handlungen eine Abſicht und eine Gefaͤhrde, die ſich nur
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Schreiben eines Edelm. ohne Gerichtsbark.
XLIV.
Schreiben eines Edelmanns ohne Gerichts-
barkeit an ſeinen Nachbar mit der
Gerichtsbarkeit.
Die ganze Nacht habe ich von dem edlen Kleinode ge-
traumt; aber dieſen Morgen beym Thee, wie ge-
ſtern Abend bey der Bouteille bleibe ich dabey, daß die
hohe Gerichtsbarkeit uͤber ein Doͤrfgen in meinen Augen
etwas ſehr laͤcherliches, und bey weitem der Koſten nicht
werth ſey, die man darauf verwenden muß; ich bleibe
dabey, daß uͤberhaupt mit dem praͤchtigen Worte Ge-
richtsbarkeit vieler Unſinn verknuͤpfet werde, und man-
cher von uns ſich beſſer ſtehen wuͤrde, wenn er auf alles
was dahin gerechnet werden kann oder mag, den feyer-
lichſten Verzicht thaͤte, und weiter nichts als die Rechte
des echten Eigenthuͤmers auf ſeinem Grunde und Boden
verlangte. Denn es geht uͤber dieſes Wort den Herrn
des Landes oft eben ſo wie uns; wir glauben beyde ein-
ander zu nahe zu kommen, und im Grunde ſpielen wir
die Comoͤdie vom eyferſuͤchtigen Manne, der die Hirſch-
paſtete in den Hausgraben werfen ließ, weil er glaubte,
das Geweihe, was darauf ſaß, ziele auf ihn. Jn der
That, mein Freund! es fehlt an beſtimmten Erklaͤrun-
gen in der Sache, an einer reinen Sprache und an ei-
nem aufrichtigen Verfahren von beyden Seiten. Wir
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und die Herrn des Landes legen in manche von unſren
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/180>, abgerufen am 21.12.2024.
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