Hälfte zum Weinkauf, und die übrige Hälfte wäre für die Gläubiger.
Allein es ist dieses nur ein Vorschlag, wogegen ein an- drer leicht neue Bedenklichkeiten, besonders, wenn man erst fragen würde: worinn die Besserung bestehe? vorbrin- gen wird. Mein heutiger Wunsch wird indessen erfüllet, wenn man nur überzeugt wird, daß das Ziel was man sucht, so leicht nicht zu erreichen sey, wie viele wohl glau- ben mögen.
LXIV. Betrachtungen über die Abäusserungs- oder Abmeyerungsursachen.
Es ist schon lange eine allgemeine Klage der Gutsherrn gewesen, daß sie viele schlechte und liederliche Wirthe auf ihren Höfen dulden müßten, weil ihnen die Richter zu viele Schwierigkeit machten, wenn sie solche davon setzen, oder wie man hier sagt, abäussern wollten. Man glaubte zwar derselben durch die Eigenthumsordnung völlig abzu- helfen, indem man die Fälle, worinn eine Abäusserung statt finden sollte, namentlich bestimmte, und den Richter an- wies ohne alle Weitläuftigkeit zu verfahren. Allein die Kla- ge ist immer noch dieselbe, es sey nun, daß der Menschen Witz, dessen Erfindungen in allen Handlungen so bündig ausgeschlossen werden, immer noch eine Lücke findet, wo- durch er seinem alten Lehrmeister das: On ne pense jamais a tout zuruft; oder daß der Gesetzgeber die Ursachen der Abäusserung (weil von zween Personen, die sich des nemli- chen Verbrechens schuldig machen, die eine oft Mitleid, die andre aber eine strengere Strafe verdienet) nicht zu all-
gemei-
X 2
Hofesherrn nicht uͤberlaſſen werden.
Haͤlfte zum Weinkauf, und die uͤbrige Haͤlfte waͤre fuͤr die Glaͤubiger.
Allein es iſt dieſes nur ein Vorſchlag, wogegen ein an- drer leicht neue Bedenklichkeiten, beſonders, wenn man erſt fragen wuͤrde: worinn die Beſſerung beſtehe? vorbrin- gen wird. Mein heutiger Wunſch wird indeſſen erfuͤllet, wenn man nur uͤberzeugt wird, daß das Ziel was man ſucht, ſo leicht nicht zu erreichen ſey, wie viele wohl glau- ben moͤgen.
LXIV. Betrachtungen uͤber die Abaͤuſſerungs- oder Abmeyerungsurſachen.
Es iſt ſchon lange eine allgemeine Klage der Gutsherrn geweſen, daß ſie viele ſchlechte und liederliche Wirthe auf ihren Hoͤfen dulden muͤßten, weil ihnen die Richter zu viele Schwierigkeit machten, wenn ſie ſolche davon ſetzen, oder wie man hier ſagt, abaͤuſſern wollten. Man glaubte zwar derſelben durch die Eigenthumsordnung voͤllig abzu- helfen, indem man die Faͤlle, worinn eine Abaͤuſſerung ſtatt finden ſollte, namentlich beſtimmte, und den Richter an- wies ohne alle Weitlaͤuftigkeit zu verfahren. Allein die Kla- ge iſt immer noch dieſelbe, es ſey nun, daß der Menſchen Witz, deſſen Erfindungen in allen Handlungen ſo buͤndig ausgeſchloſſen werden, immer noch eine Luͤcke findet, wo- durch er ſeinem alten Lehrmeiſter das: On ne penſe jamais à tout zuruft; oder daß der Geſetzgeber die Urſachen der Abaͤuſſerung (weil von zween Perſonen, die ſich des nemli- chen Verbrechens ſchuldig machen, die eine oft Mitleid, die andre aber eine ſtrengere Strafe verdienet) nicht zu all-
gemei-
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Hofesherrn nicht uͤberlaſſen werden.
Haͤlfte zum Weinkauf, und die uͤbrige Haͤlfte waͤre fuͤr die
Glaͤubiger.
Allein es iſt dieſes nur ein Vorſchlag, wogegen ein an-
drer leicht neue Bedenklichkeiten, beſonders, wenn man
erſt fragen wuͤrde: worinn die Beſſerung beſtehe? vorbrin-
gen wird. Mein heutiger Wunſch wird indeſſen erfuͤllet,
wenn man nur uͤberzeugt wird, daß das Ziel was man
ſucht, ſo leicht nicht zu erreichen ſey, wie viele wohl glau-
ben moͤgen.
LXIV.
Betrachtungen uͤber die Abaͤuſſerungs-
oder Abmeyerungsurſachen.
Es iſt ſchon lange eine allgemeine Klage der Gutsherrn
geweſen, daß ſie viele ſchlechte und liederliche Wirthe
auf ihren Hoͤfen dulden muͤßten, weil ihnen die Richter zu
viele Schwierigkeit machten, wenn ſie ſolche davon ſetzen,
oder wie man hier ſagt, abaͤuſſern wollten. Man glaubte
zwar derſelben durch die Eigenthumsordnung voͤllig abzu-
helfen, indem man die Faͤlle, worinn eine Abaͤuſſerung ſtatt
finden ſollte, namentlich beſtimmte, und den Richter an-
wies ohne alle Weitlaͤuftigkeit zu verfahren. Allein die Kla-
ge iſt immer noch dieſelbe, es ſey nun, daß der Menſchen
Witz, deſſen Erfindungen in allen Handlungen ſo buͤndig
ausgeſchloſſen werden, immer noch eine Luͤcke findet, wo-
durch er ſeinem alten Lehrmeiſter das: On ne penſe jamais
à tout zuruft; oder daß der Geſetzgeber die Urſachen der
Abaͤuſſerung (weil von zween Perſonen, die ſich des nemli-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und verme… [mehr]
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und vermehrte Auflage“ des 3. Teils von Justus Mösers „Patriotischen Phantasien“ zur Digitalisierung ausgewählt. Sie erschien 1778, also im selben Jahr wie die Erstauflage dieses Bandes, und ist bis S. 260 seitenidentisch mit dieser. Die Abschnitte LX („Gedanken über den westphälischen Leibeigenthum“) bis LXVIII („Gedanken über den Stillestand der Leibeignen“) sind Ergänzungen gegenüber der ersten Auflage.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/337>, abgerufen am 03.03.2025.
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