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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.

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ohne Gewissensscrupel folgen.
disparate Bettelstolz, als die contrastirende Tugend den
Dilettauten auffallend werden. Aber das läßt sich so nicht
mahlen, nicht in Regeln fassen, nicht vorschreiben. -- Bey
meiner Treu, ihr Mann hat Recht; es steckt alles in der
Regel, wenn du mich lieb hast: so weist du wohl was du
thun must. -- Eine Frau die da klug ist -- O Sie sind
auch eine kluge Hexe; und ich brauche Ihnen weiter nichts
zu sagen. Schicken Sie mir doch bey Ueberbringern die
kahlen 5 Louisd'or, wenn Sie eben bey Gelde sind. Sollte
das Glück sich heut Abend wenden; so zahle ich sie Morgen
um diese Minute wieder -- unfehlbar. Sie können mir
in diesem Augenblick keinen grössern Dienst erweisen; ich
bin auch ewig etc.

Arabelle.


IV.
Eutalie an Amalien.

Haben Sie es auch gehört, wie der Frau Arabelle ihre
Juwelen gestern auf dem Lombard verkauft, und ihre
Gläubiger darüber in der grösten Bewegung sind? Die
ganze Stadt ist voll davon, und man sagt sich einander ins
Ohr, daß es zum förmlichen Concurs kommen werde. Der
gute Mann ist zu bedauren, aber er hätte auch ein bisgen
mehr auf den Haushalt sehen sollen. Sie war gar nicht
dazu gebohren, und hätte gewiß eine Reichsgrafschaft fri-
caßirt, wenn sie eine zu beherrschen gehabt hätte. In
meinem Leben habe ich so ein eitles Mensch nicht gesehen;
sie wollte alles mitmachen, und dachte nicht, daß das En-
de die Last trüge. Mich wundert nur, daß sie gestern noch
das Herz hatte in Gesellschaft zu kommen; jeder sahe hoch
auf, wie frech sie daher strozte, und man steckte überall

die
Mös. patr. Phant. III. Th. B

ohne Gewiſſensſcrupel folgen.
diſparate Bettelſtolz, als die contraſtirende Tugend den
Dilettauten auffallend werden. Aber das laͤßt ſich ſo nicht
mahlen, nicht in Regeln faſſen, nicht vorſchreiben. — Bey
meiner Treu, ihr Mann hat Recht; es ſteckt alles in der
Regel, wenn du mich lieb haſt: ſo weiſt du wohl was du
thun muſt. — Eine Frau die da klug iſt — O Sie ſind
auch eine kluge Hexe; und ich brauche Ihnen weiter nichts
zu ſagen. Schicken Sie mir doch bey Ueberbringern die
kahlen 5 Louisd’or, wenn Sie eben bey Gelde ſind. Sollte
das Gluͤck ſich heut Abend wenden; ſo zahle ich ſie Morgen
um dieſe Minute wieder — unfehlbar. Sie koͤnnen mir
in dieſem Augenblick keinen groͤſſern Dienſt erweiſen; ich
bin auch ewig ꝛc.

Arabelle.


IV.
Eutalie an Amalien.

Haben Sie es auch gehoͤrt, wie der Frau Arabelle ihre
Juwelen geſtern auf dem Lombard verkauft, und ihre
Glaͤubiger daruͤber in der groͤſten Bewegung ſind? Die
ganze Stadt iſt voll davon, und man ſagt ſich einander ins
Ohr, daß es zum foͤrmlichen Concurs kommen werde. Der
gute Mann iſt zu bedauren, aber er haͤtte auch ein bisgen
mehr auf den Haushalt ſehen ſollen. Sie war gar nicht
dazu gebohren, und haͤtte gewiß eine Reichsgrafſchaft fri-
caßirt, wenn ſie eine zu beherrſchen gehabt haͤtte. In
meinem Leben habe ich ſo ein eitles Menſch nicht geſehen;
ſie wollte alles mitmachen, und dachte nicht, daß das En-
de die Laſt truͤge. Mich wundert nur, daß ſie geſtern noch
das Herz hatte in Geſellſchaft zu kommen; jeder ſahe hoch
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die
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[17/0031] ohne Gewiſſensſcrupel folgen. diſparate Bettelſtolz, als die contraſtirende Tugend den Dilettauten auffallend werden. Aber das laͤßt ſich ſo nicht mahlen, nicht in Regeln faſſen, nicht vorſchreiben. — Bey meiner Treu, ihr Mann hat Recht; es ſteckt alles in der Regel, wenn du mich lieb haſt: ſo weiſt du wohl was du thun muſt. — Eine Frau die da klug iſt — O Sie ſind auch eine kluge Hexe; und ich brauche Ihnen weiter nichts zu ſagen. Schicken Sie mir doch bey Ueberbringern die kahlen 5 Louisd’or, wenn Sie eben bey Gelde ſind. Sollte das Gluͤck ſich heut Abend wenden; ſo zahle ich ſie Morgen um dieſe Minute wieder — unfehlbar. Sie koͤnnen mir in dieſem Augenblick keinen groͤſſern Dienſt erweiſen; ich bin auch ewig ꝛc. Arabelle. IV. Eutalie an Amalien. Haben Sie es auch gehoͤrt, wie der Frau Arabelle ihre Juwelen geſtern auf dem Lombard verkauft, und ihre Glaͤubiger daruͤber in der groͤſten Bewegung ſind? Die ganze Stadt iſt voll davon, und man ſagt ſich einander ins Ohr, daß es zum foͤrmlichen Concurs kommen werde. Der gute Mann iſt zu bedauren, aber er haͤtte auch ein bisgen mehr auf den Haushalt ſehen ſollen. Sie war gar nicht dazu gebohren, und haͤtte gewiß eine Reichsgrafſchaft fri- caßirt, wenn ſie eine zu beherrſchen gehabt haͤtte. In meinem Leben habe ich ſo ein eitles Menſch nicht geſehen; ſie wollte alles mitmachen, und dachte nicht, daß das En- de die Laſt truͤge. Mich wundert nur, daß ſie geſtern noch das Herz hatte in Geſellſchaft zu kommen; jeder ſahe hoch auf, wie frech ſie daher ſtrozte, und man ſteckte uͤberall die Moͤſ. patr. Phant. III. Th. B

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/31>, abgerufen am 21.11.2024.